Donnerstag, 18. April 2024

Deutsche Medienaufsichten wollen Glücksspiel-Werbeverbot durchsetzen

Werbung für Online Glücksspiel verboten|

Glücksspielwerbung ist in Deutschland ab sofort verboten. Dies berichteten am Mittwoch der NDR und die ARD, die sich auf einen von den Medienaufsichten verfassten Brief beriefen. In dem Schreiben seien Fernseh- und Radiosender zum sofortigen Einstellen jedweder Werbung für das Online Glücksspiel aufgefordert worden.

Ein Rundbrief an TV und Radio

Gerade im Hinblick auf das Online Glücksspiel warten viele Deutsche seit langem auf einen liberalisierten und regulierten Glücksspielmarkt. Doch während viele unserer Nachbarländer diesen Schritt bereits wagen, hält man in Deutschland eisern am Glücksspielstaatsvertrag von 2012 fest.

Dieser nämlich verbietet jedwede Form des Online Glücksspiels. So heißt es in Paragraph 4 Absatz 4 der Allgemeinen Bestimmungen: „Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten“.

Nichtsdestotrotz ist das Online Glücksspiel auch für Spieler in Deutschland immer nur einen Klick entfernt und vielen Zockern ist die genaue Gesetzeslage unbekannt. Ein Grund dafür liegt sicherlich in der omnipräsenten Werbung für online Casinos.

Medienanstalten Deutschland

Die deutschen Medienanstalten gegen Glücksspielwerbung (Bild: Wikipedia)

Und genau damit soll in Zukunft Schluss sein, wenn es nach den deutschen Medienaufsichten geht. Medienberichten zufolge hätten diese einen gemeinsamen Brief verfasst, in welchem TV und Radiosender an die Gesetzeslage erinnert und zum Einstellen jeglicher Glücksspielwerbung aufgefordert werden.

Sowohl der NDR als auch die Süddeutsche Zeitung hätten Einblicke in das Schreiben erhalten. Dieses sei auf den 25. Februar datiert gewesen und konkret an 200 private Radiosender und 300 private TV-Sender geschickt worden.

Wörtlich soll es in dem Brief heißen, dass die „Werbung für diese […] Glücksspielangebote […] im Fernsehen und Hörfunk nach geltender Rechtslage nicht zulässig ist.“

In Paragraph 5 Absatz 5 des Glücksspielstaatsvertrages heißt es in der Tat: „Werbung für unerlaubte Glücksspiele ist verboten“. Die Medienaufsichten hätten daneben betont, dass das Verbot „wiederholt höchstrichterlich für Deutschland festgestellt“ worden sei.

Bereits jetzt scheint der Brief seine Wirksamkeit zu zeigen. Die ARD zitierte in dem Zusammenhang den Chefjustiziar der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, der verkündete, dass die Zahl der Verstöße bereits jetzt „signifikant zurückgegangen“ sei.

Während dieses erste Schreiben eine recht freundliche Aufforderung zum Einstellen der Glücksspielwerbung zu sein scheint, könnten in Zukunft Strafen drohen, wenn Sender das Verbot missachten. Die Medienanstalt sprach dabei von „verwaltungsrechtlichen Mitteln“.

Deckmäntelchen Schleswig-Holstein

Dass das Schreiben genau jetzt verfasst wurde, ist angesichts der Rechtslage wenig verwunderlich. Denn noch bis Mitte Januar verfügten einige Online Casinos über gültige Lizenzen, die sechs Jahre zuvor von der Landesregierung Schleswig-Holsteins ausgestellt worden waren.

Dank dieser Lizenzen waren die Casinos nicht „illegal“, zumindest nicht auf schleswig-holsteinischem Boden. Somit war auch die Werbung für diese Anbieter per Gesetzesdefinition nicht illegal.

Viele Betreiber der Internet Spielbanken machten sich dieses regionale Schlupfloch zunutze und schalteten Werbung, die in der Realität aber auch überregional zu sehen war.

Doch seit spätestens Ende Januar sollte sich kein Online Casino mehr mit dem Regierungswappen Schleswig-Holsteins schmücken dürfen. Einige tun dies trotzdem und ermöglichen darüber hinaus noch immer Spielern aus ganz Deutschland, sich bei ihrem Online Casino zu registrieren.

(K)eine Lösung in Sicht?

Ob das Durchsetzen des Werbeverbotes langfristig den gewünschten Erfolg bringt, bleibt abzuwarten. Andere Länder sind diesen Weg bereits vor Deutschland gegangen, zum Teil mit mäßigem Erfolg.

Italien beispielsweise verbat erst letzten Sommer jedwede Glücksspielwerbung. Kritisiert wurde das Verbot aber vor allem, weil es potentiell den unregulierten Glücksspielmarkt fördern könnte. Der Unterschied zwischen lizenzlos und unreguliert könnte für Online Zocker unter Umständen schwer ersichtlich sein.

Ein Großteil der Online Casinos, die per Gesetz in Deutschland als illegal eingestuft werden, verfügen über Lizenzierungen aus EU-Ländern. In vielen Fällen sind Lizenzierungen durch die Malta Gaming Authority oder die UK Gambling Commission zu finden. Das bedeutet, dass die Casinos strengen Regelwerken folgen und überwacht werden. Die Anbieter sind dann aus deutscher Sicht zwar reguliert, aber in Deutschland nicht lizenziert und somit illegal.

Wie der NDR ebenfalls am Mittwoch berichtete, könnten aber die Pläne für einen erneuten Alleingang Schleswig-Holsteins langsam konkreter werden. Eine Einigung mit den anderen 15 Bundesländern scheint nämlich nach wie vor aussichtslos. Mit Ausnahme von Hessen hat es keinerlei positive Reaktionen gegeben, was eine potentielle Liberalisierung des Marktes betrifft.

Der Versuch eines zweiten überarbeiteten Glücksspielstaatsvertrages war Ende Dezember 2017 erneut an Schleswig-Holstein gescheitert. Vergleicht man den Vertrag mit dem Original von 2012 wird schnell ersichtlich, dass es in der Tat kaum Änderungen gegeben hat.

Als am 21. Februar in Berlin die Vorsitzenden der Staats- und Senatskanzleien aller Länder zusammenkamen, verkündete Schleswig-Holstein offiziell, „auf Grundlage des eigenen Landesrechts Erlaubnisse zum Betrieb von Online Casinos erteilen“ zu wollen.

Wann dies konkret umgesetzt werden könnte, ist ungewiss. Die aktuelle Koalition aus CDU, Grünen und FDP befürworten den erneuten Sonderweg jedoch und bis zur nächsten Landtagswahl im Frühjahr 2022 bleibt genügend Zeit, diesen auf politischer und gesetzlicher Ebene tatsächlich umzusetzen.