Freitag, 26. April 2024

Großbritannien: Ende des Sport-Sponsorings in Sicht?

Britische Pfund

Das britische Ministerium für Digitales, Medien und Sport könnte im Rahmen der Überprüfung des Glücksspielgesetzes aus dem Jahre 2005 die Glücksspielwerbung im Profisport verbieten. Laut der britischen Tageszeitung The Times stehe der Sport vor der größten Finanzkrise seit dem Verbot für Tabakprodukte.

Diese Entscheidung treffe insbesondere die Fußballvereine. Allein die Premier League und die Championship Clubs erhielten jährlich rund 110 GBP für Trikot-Sponsoring.

Glücksspiel löst Tabak-Sponsoring ab

Das Sponsoring durch Tabak-Unternehmen war einst ein wesentlicher Bestandteil des Sports in Großbritannien. Die Unternehmen investierten Millionen in Sportvereine und Turniere, bis im Jahre 2005 das EU-weite Verbot in Kraft trat.

Die EU-Richtlinie verbietet auch Tabakwerbung in Printmedien, im Radio und über das Internet. Der Aufstieg der Glücksspiel- und Wettbranche füllte jedoch diese finanzielle Lücke.

Während bei der Debatte um das Glücksspielwerbeverbot immer wieder der Vergleich zur Tabakwerbung gezogen wird, weisen Branchenvertreter diesen allerdings zurück. Bei Tabak handele es sich um ein gesundheitsschädliches Produkt. Davon sei bei verantwortungsvollem Glücksspiel per se nicht auszugehen.

Kampf gegen Spielsucht durch Verbot des Sport-Sponsoring

Die Vertreter der Politik seien laut der Times zunehmend besorgt über die ansteigende Spielsucht, die durch den Boom der Online-Glücksspiele und Sportwetten ausgelöst worden sei. Abgeordnete und Aktivisten begrüßten die Nachricht, dass die Regierung im Rahmen ihrer Überprüfung des Gambling Act 2005 Pläne für ein generelles Logo-Verbot erwäge.

Der Direktor der Spielerschutzorganisation Clean Up Gambling, Matt Zarb-Cousin, erklärt:

Fußballer, Dartspieler, Snooker und Rugbyspieler sind wie wandelnde Werbetafeln für Glücksspielunternehmen. Die Beweise zeigen, dass diese Art der Werbung sich negativ auf Kinder auswirkt, die aufwachsen und glauben, man müsse eine Wette abschließen, um Sport zu treiben.

Eine Umfrage von Clean Up Gambling in diesem Monat ergab, dass 51 % der Befragten sich für ein Werbeverbot ausgesprochen hätten. Nur 21% hätten dagegen gestimmt. Die übrigen Befragten wollten sich nicht positionieren.

Der Meinung von Clean Up Gambling schließt sich auch der Konservative Sir Ian Duncan Smith von der Allparteien-Fraktion an, die sich mit dem Thema Glücksspiel auseinandersetzt. Laut Smith sei das Verbot von Glücksspiel-Logos angesichts der Risiken, die mit dem Glücksspiel verbunden seien, ein willkommener Schritt.

Die Labour-Abgeordnete und Vorsitzende der Gruppe, Carolyn Harris, sagt, Glücksspielwerbung ermutige die Menschen zum Spielen. Insbesondere Kinder und Jugendliche sollten dem nicht ausgesetzt sein. Derzeit seien rund 55.000 Kinder spielsüchtig, erklärt Harris.

Sponsoring-Verbot: Sportvereine in der Krise

Für den Sport könnte eine Entscheidung gegen das Sport-Sponsoring zu einem ungünstigen Zeitpunkt kommen. Gerade während der Corona-Pandemie hätten Sportvereine und Fußballclubs mit sinkenden Einnahmen zu kämpfen, erklärt ein Vertreter der Premier League-Clubs:

Die meisten Vereine stimmen dem allgemeinen Prinzip zu, aber das Timing ist falsch.

Die Hälfte der Fußballteams der Premier League hat das Logo von Glücksspiel-Sponsoren auf ihren Trikots. West Ham erhält vom Online-Buchmacher Betway 10 Mio. GBP pro Saison, Newcastle wird mit 6,5 Mio. GBP pro Saison von der Glücksspielfirma Fun88 unterstützt und Burnley die kassiert jedes Jahr 7,5 Mio. GBP von LoveBet.

Doch auch Snooker, Boxen, Darts und die Rugby League würden durch das Verbot hart getroffen. Jeder Spieler in den Top 10 der Professional Darts Corporation trage das Logo eines Glücksspielanbieters auf seinem Trikot. Ähnlich sehe es im Snooker-Sport aus. So prange unter anderem ein Logo eines Sportwetten-Anbieters auf dem Trikot von Ronnie O’Sullivan.

Das Verbot des Sponsoring hätte den Verlust dieser Einnahmen zur Folge und könnte den Profisport zutiefst erschüttern. Insbesondere kleine Vereine oder Sportarten wie Darts und Snooker sind stark von den Einnahmen durch ihre Werbeverträge abhängig.

Eine endgültige Entscheidung wurde bis dato allerdings noch nicht getroffen. Die Regierung überprüfe Medienberichten zufolge derzeit die Vor- und Nachteile der Zulassung von Glücksspiel-Werbung und -Sponsoring. Spielerschutzorganisationen würden zudem um zusätzliche Beweise gebeten, die die Regierung bei ihrer Entscheidung berücksichtigen solle.

Werbeverbot für Sportwetten und Glücksspiel auch in Deutschland?

Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 wird voraussichtlich am 1. Juli dieses Jahres in Deutschland in Kraft treten. Dieser sieht zwar kein Verbot des Sport-Sponsorings vor, aber Sportler dürfen nicht als Markenbotschafter fungieren.

So heißt es in den Erläuterungen der Werberichtlinien zu § 5 des GlüStV, dass „über Trikotwerbung hinausgehende Werbeaktivitäten einzelner aktiver Spieler für konkrete Glücksspielprodukte unzulässig“ sind.

Bekannten Sportlern wie Lukas Podolski und Oliver Kahn, die bisher für die Marken Tipico und XTiP geworben hatten, ist es demnach untersagt, für Sportwetten zu werben.

Organisationen wie dem Fachverband Glücksspielsucht geht diese Maßnahme allerdings nicht weit genug. Während Werbung in Spanien und Italien komplett verboten sei, gehe „diese Debatte an Deutschland erstaunlich vorbei“. Ob sich dies demnächst ändern könnte, ist derzeit noch nicht klar.