Freitag, 19. April 2024

Baden-Württemberg: Suchtexperten kritisieren Glücksspiel­staatsvertrag

Landtag Baden-Württemberg Plenarsaal

In der vergangenen Woche hat der baden-württembergische Landtag den Weg für eine bundeseinheitliche Glücksspiel-Regelung freigemacht. Nun meldete sich die Landesstelle für Suchtfragen in Baden-Württemberg (LSS) mit einem Statement zu Wort. Die Experten sehen weiterhin dringenden Handlungsbedarf in Bezug auf den Spielerschutz und fordern deshalb eine Aussetzung der Ratifizierung des Glücksspielstaatsvertrags 2021.

Überarbeitung des Glücksspielstaatsvertrags gefordert

Unter dem Titel „Bedeutung von Prävention und Spieler*innenschutz im Kontext des Glücksspielstaatsvertrags 2021“ verdeutlicht die LSS ihre kritische Haltung zum Inhalt der Neuregelungen, die am 1. Juli 2021 in Kraft treten sollen.

Besonders im Fokus der am Dienstag auf der Webseite der Koordinierungsstelle der baden-württembergischen Suchthilfeeinrichtungen veröffentlichten Stellungnahme steht der Umgang mit dem Online-Glücksspiel.

Zwar halte die LSS die Öffnung des Marktes für Online-Spiele grundlegend für wichtig, um illegale Angebote zurückzudrängen, die Vorgaben zum Spielerschutz reichten in ihrer aktuellen Form jedoch nicht aus.

Die LSS nimmt in ihrem Statement Bezug auf die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) und schließt sich deren Position an. Die DHS hatte die Politik bereits im vergangenen Dezember aufgefordert, den Glücksspielstaatsvertrag nicht zu ratifizieren, bis eine zentrale Glücksspielaufsicht aufgebaut und einsatzbereit sei. Zudem müsse das Regelwerk gemeinsam mit Fachleuten und Betroffenen im Hinblick auf den Spielerschutz überarbeitet werden.

Mindestalter und Werbeverbot

Um den mit der Neuregelung einhergehenden Anforderungen in Baden-Württemberg gerecht werden zu können, wünscht sich die LSS unter anderem die Einrichtung einer landeseigenen Fachstelle:

Aus Sicht der Suchthilfe können die neuen Herausforderungen nur mit einer zentralen landesweiten Fachstelle Glücksspielsucht bewältigt werden. Die neu einzurichtende Landesstelle Glücksspielsucht sollte die unterschiedlichen Akteure im Feld bündeln und vernetzen und durch Fachkompetenz zu den immer detaillierteren Fragestellungen Positionen und Hilfestellungen erarbeiten.

Konkret fordert die LSS in Bezug auf den Glücksspielstaatsvertrag unter anderem, dass User vor Start eines Online-Spiels prinzipiell finanzielle und zeitliche Limits festlegen sollten, die der Betreiber aktiv abfrage. Eine Ablehnung der Angaben solle nicht möglich sein.

Weiterhin setzt sich die LSS für ein spezifisches Werbeverbot für Online-Casinospiele und Sportwetten ein. Zudem solle es eine Kennzeichnung von Online-Angeboten mit Glücksspiel-Elementen nach USK-Vorbild geben.

Auch der Kinder- und Jugendschutz müsse im Bereich Glücksspiel eine deutliche Stärkung erfahren. Helfen solle hierbei ein Mindestalter für Online-Glücksspiele von 21 Jahren. Dies bedinge auch klar geregelte Identifizierungsverfahren per Video und Personalausweis. Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz müssten „auf Seiten der Anbieter mit wirkungsvollen Geldstrafen geahndet werden“.

Allgemein gelte es, die Sozialkonzepte so auszuweiten, dass das verantwortungsvolle Spiel gestärkt werde. Hierzu gehörten unter anderem technische Früherkennungsmechanismen sowie Kontaktmöglichkeiten zu Hilfs- und Präventionsangeboten auf den Seiten der Betreiber.