Samstag, 20. April 2024

„Nicht gut genug“: Bayerische Suchtexperten kritisieren Glücksspiel­staatsvertrag

Würfel und Jetons Glücksspiel

Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern (LSG) betrachtet die im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags 2021 (GlüStV) anstehende Legalisierung des Online-Glücksspiels mit Sorge. In einer heute veröffentlichten Pressemitteilung warnen die Fachleute vor einem erhöhten Spielsucht-Risiko. Auch Betroffene beklagen mangelnde Vorkehrungen zum Spielerschutz.

Zu hohe Limits, zu kurze Sperren

Kurz vor Inkrafttreten des GlüStV 2021 und der damit verbundenen Legalisierung von Online-Glücksspiel in Deutschland mehrt sich einmal mehr die Kritik an dem neuen Regelwerk. Unter anderem meldet sich aktuell die bayerische LSG zu Wort.

In einer schriftlichen Stellungnahme kritisiert deren Geschäftsführer Konrad Landgraf die Vorgaben zum Spielerschutz als „verbessert, aber nicht gut genug“:

Wir werden abwarten müssen, ob und wie gut sich das neue Regelwerk in der Praxis bewährt. Es gibt natürlich ein paar richtige Ansätze, so hat der Staat nun mehr Kontroll- und Vollzugsmöglichkeiten, doch viele der Ansätze gehen uns nicht weit genug.

So sei beispielsweise die Einführung einer zentralen Sperrdatei, die sowohl das Spiel in Lokalen als auch im Internet unterbinden könne, zu begrüßen, an der Umsetzung hapere es jedoch. So sei die Mindestsperrdauer mit drei Monaten deutlich zu niedrig angesetzt.

Auf der anderen Seite sei der beschlossene Höchsteinsatz von 1.000 Euro pro Person und Monat beim Online-Glücksspiel zu hoch. Generell zeigt sich Landgraf unzufrieden mit der Entscheidung, den Weg für Online-Casinos freizumachen. Er sei grundsätzlich dagegen, das Online-Glücksspiel im vorliegenden Umfang zu legalisieren, da die ständige Verfügbarkeit der Angebote das Sucht-Risiko erhöhe.

Angst vor unkontrolliertem Online-Glücksspiel

Unterstützung erhält der Suchtexperte vom Betroffenenbeirat Bayern Stimme der SpielerInnen. Das aus direkt und indirekt von Spielsucht Betroffenen bestehende selbstständige Gremium hatte die Inhalte des Glücksspielstaatsvertrages bereits zuvor wiederholt kritisiert und eindringlich von der Ratifizierung abgeraten.

Schätzungen zufolge leiden in Deutschland rund eine halbe Million Menschen an problematischem oder pathologischem Glücksspiel. Hinzu kämen laut Betroffenenbeirat pro betroffenem Spieler fünf bis zehn Angehörige, die ebenso wirtschaftliche, soziale und psychische Negativauswirkungen der Sucht zu tragen hätten.

So warnte das Bündnis beispielsweise bei einer Anhörung vor dem saarländischen Landtag im März vor der Gefahr, dass Online-Glücksspielanbieter Lücken im System zu Ungunsten der Spieler ausnutzen könnten.

Problematisch sei in diesem Kontext auch, dass die im Staatsvertrag vorgesehene Aufsichtsbehörde für Online-Glücksspiel, die in Sachsen-Anhalt entstehen soll, ihre Arbeit erst ab 2023 vollständig aufnehmen könne.

Aufgrund mangelnder Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten, so die Prognose, werde sich somit mit Inkrafttreten des GlüStV ein „unübersehbares, unkontrolliertes, dem Spielerschutz entgegenstehendes Angebot von Online-Glücksspielen“ ergeben.