Samstag, 07. Dezember 2024

Neue Studie: Führt der Glücksspiel­staatsvertrag zu 50 %-Schwarzmarkt-Anteil?

Verbotszeichen

Die deutsche Glücksspielwirtschaft warnt einer heute veröffentlichten Studie der Beratungs- und Forschungsgruppe Goldmedia zufolge vor einer starken Zunahme des nicht-lizenzierten Online-Glücksspiels. Grund sei die im Glücksspielstaatsvertrag verankerte Einsatzsteuer von 5,3 %.

Goldmedia hatte die Studie im Auftrag der Glücksspielkonzerne Entain, Flutter und Greentube durchgeführt. Bei der unter dem Titel “Nutzung von Online-Casino und Online-Poker in Duldungs- und Regulierungsphase“ durchgeführten Analyse seien nach Angaben der Marktforscher im April 619 Nutzer von Online-Glücksspiel in Deutschland befragt worden.

Reduzierte Auszahlungsquoten geben den Ausschlag

Das neue Gesetz werde etwa bei Online-Spielautomaten zu einer steuerbedingten Reduzierung der Auszahlungsquoten von derzeit rund 96 % auf nur noch 90 % führen. Dadurch bestehe die Gefahr der Abwanderung auf den Schwarzmarkt, der gegenüber lizenzierten Anbietern mit höheren Quoten bei den Online-Slots locke.

Für 54 % der Befragten sei die Spielautomaten-Auszahlungsquote der entscheidende Faktor bei Wahl eines Online-Casinos. Dies führe dazu, dass der Marktanteil des illegalen Online-Spiels von aktuell 25 bis 27 % massiv in die Höhe schießen werde. Dadurch könne der Anteil legaler Spieler von derzeit rund 75 % um ein Drittel auf nur noch knapp über 50 % sinken.

Als Reaktion auf die Studie warnte Dr. Dirk Quermann, Präsident beim Deutschen Online Casinoverband e.V. (DOCV):

Der Glücksspielstaatsvertrag droht zu scheitern, bevor er überhaupt in Kraft getreten ist. Deutschland droht bei den Online-Glücksspielangeboten ein erheblicher Schwarzmarkt. Im Sommer könnte mehr als jedes zweite Angebot ein Illegales sein.

Die Flucht der Spieler zu illegalen Online-Anbietern sei bereits jetzt deutlich. Schließlich sei das nicht-lizenzierte Spiel im Internet „nur einen Klick entfernt“.

Konformes Spiel seit Oktober 2020 um 23 % gesunken

Die Abwanderungsbewegung werde durch die Studie bestätigt. So sei bei Online-Slots seit Oktober 2020 ein Rückgang von 23 % zu beklagen. Knapp 65 % der abgewanderten Spieler hätten als Grund das Verbot von Casino-Bonus-Werbung angeführt. Als weitere Ursachen seien das geringere Spieleangebot, verlangsamte Geschwindigkeiten, zu lange Zwangspausen und niedrigere Gewinnchancen angegeben worden.

Die Studie deckte auf, dass von den etwa 450 recherchieren Online-Angeboten rund 400 nicht regelkonform auf dem deutschen Markt aktiv seien. Damit missachteten knapp 90 % der Anbieter die Vorgaben der aktuellen Übergangsregulierung in Bezug auf Faktoren wie Identifikationsverfahren oder Festsetzung von Einzahlungslimits. Am größten sei der Anteil der Verstöße jedoch beim Spielangebot. So hätten 70 % der nicht-konformen Unternehmen weiterhin die bei vielen Spielern beliebten Casino-Spiele a la Roulette im Angebot, was seit Oktober 2020 verboten sei. Gleiches gelte für das  mittlerweile illegale Angebot  von Live-Dealer-Casinos, progressiven Slots und Autoplay-Funktionen.

Die Einschränkungen führten schon jetzt zur Schwächung des legalen Marktes, da die nicht-lizenzierte Konkurrenz mit einem aus Sicht vieler Spieler attraktiveren Angebot und weniger Restriktionen aufwarte.

Dies schlage sich direkt in den Besuchszahlen der Webseiten der Betreiber nieder. So erlebten die konformen Angebote von September 2020 bis Februar 2021 einen 8-prozentigen Anstieg ihrer Visits auf 6,4 Millionen. Demgegenüber habe die Anzahl der Visits beim non-konformen Wettbewerb um 75 % auf nun 9,8 Millionen Besuche zugelegt.

Die höheren Wachstumsraten beim non-konformen Angebot stellten in Kombination mit einer niedrigen Kundenloyalität eine Gefahr für etablierte Glücksspielunternehmen dar. Diese werde durch die geplante Besteuerung zusätzlich geschürt.

Durch die im Staatsvertrag festgelegten Einschränkungen werde das Ziel einer höheren Kanalisierung nicht erreicht. Es sei stattdessen das Gegenteil der Fall, denn die Spieler suchten sich das Angebot, das ihnen am besten gefalle. Unter den gegebenen Voraussetzungen sei deshalb zu befürchten, dass viele Kunden eher im Schwarzmarkt als im legalen Bereich fündig würden.