Dienstag, 08. Oktober 2024

Deutsche Sportwetten-Lizenzen ab 01. Januar 2020?

Torwart von hinten|wetten.com Screenshot|EuGH in Luxemburg

Laut Medienberichten haben sich die Bundesländer auf einen gemeinsamen Entwurf zum neu zu verhandelnden Glücksspielstaatsvertrag geeinigt. Ab dem kommenden Jahr sollen private Anbieter von Sportwetten ganz legal mit staatlichen Lizenzen on- und offline in Deutschland operieren dürfen.

Bundesweite Lizenzen für Sportwettenanbieter?

Laut eigenen Angaben liegt der Zeitung „Welt am Sonntag“ (WamS) ein Entwurf zur Neuregelung der Sportwetten vor, der bei der Ministerpräsidentenkonferenz von den Vertretern der Länder ratifiziert werden soll.

Der Inhalt ist geeignet, einen Anfang zu machen, der den deutschen Glücksspielsektor revolutionieren könnte: Das staatliche Monopol gerät ins Wanken und auch online soll künftig ganz offiziell getippt werden können.

wetten.com Screenshot

Vergibt Deutschland bald Lizenzen für private Buchmacher? (Quelle:wetten.com)

Laut WamS planen die Länder, ab dem Jahreswechsel 2019/2020 offiziell Lizenzen für das Angebot von Sportwetten zu vergeben.

Das hieße, dass sich Buchmacher nicht mehr in einem rechtlichen Graubereich bewegen würden, sondern ihr Geschäft nach offiziellen Vorgaben ausrichten müssten, um eine der deutschen Lizenzen zu erhalten.

Dafür soll der deutsche Markt für alle Anbieter geöffnet werden, die die Vorgaben der Kontrollinstanzen erfüllen. Eine Obergrenze ist laut WamS nicht geplant.

Sportwetten in rechtlicher Grauzone

Bislang agieren private Anbieter von Glücksspiel außerhalb der vom Gesetzgeber gesteckten Grenzen. Doch während die Zukunft der Online Casinos nach wie vor unklar ist, scheint in Sachen Sportwetten Bewegung eingekehrt zu sein.

Dass Betreiber von Sportwetten beispielsweise durch Sponsoring im Sport prominent für ihre Angebote werben können, geht auf eine inoffizielle Duldung zurück, die seit dem Jahr 2012 greift.

Damals hatte die Politik einen ersten Versuch unternommen, den Markt zu regulieren und war gescheitert. Ausgerechnet an den Buchmachern.

Im Jahr 2010 entschied der Europäische Gerichtshof, dass das staatliche Glücksspielmonopol in Deutschland nicht mit EU-Vorgaben vereinbar sei.

Nachdem ein erster Versuch der Ministerpräsidenten, das Problem zu beheben, 2011 ebenfalls am EuGH scheiterte, modifizierten die Länder ihren Plan zur Regulierung der Sportwetten in Deutschland.

Statt der zunächst geplanten sieben sollten nun 20 Lizenzen für private Wettanbieter vergeben werden, die vorgesehene Abgabe von 16,6 % auf alle Wettgewinne wurde auf 5 % gesenkt.

Abgesehen von Schleswig-Holstein, das als einziges Bundesland einen umfassend liberaleren Umgang mit Online Glücksspiel und Sportwetten umsetzte, ratifizierten alle Länder den Entwurf und nahmen in den Glücksspielstaatsvertrag von 2012 auf.

Erster Versuch: Liberalisierung scheitert an Anbietern

Im Glücksspielstaatsvertrag von 2012 regelte eine „Experimentierklausel“ die Aussetzung des staatlichen Monopols auf Sportwetten bis Juni 2019. Stellvertretend für die Bundesländer richtete das Innenministerium Hessens ein sogenanntes Glücksspielkollegium ein, das das Vergabeverfahren übernahm und die Anträge von rund 80 europäischen Sportwettenanbietern prüfte.

Die geforderten Bedingungen zum Erhalt einer Lizenz erfüllten 35 von ihnen. Nachdem jedoch bekanntgeworden war, dass trotzdem weiterhin nicht mehr als die geplanten 20 Konzessionen zum Betrieb von Sportwetten vergeben werden würden, begehrten die Anbieter auf.

Vergabeverfahren rechtlich unzulässig

Bereits vor Vergabe der Lizenzen wurde das hessische Innenministerium mit Klagen und Eilanträgen überzogen. Zurecht, wie der hessische Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil bestätigte:

Das Vergabeverfahren sei in Bezug auf Konzeption, Anforderungen und Verfahrensablauf fehlerhaft und intransparent gewesen. Und auch nach europäischem Recht, so entschied der EuGH, war der deutsche Weg zum Umgang mit den Sportwetten nicht aufrecht zu erhalten.

EuGH in Luxemburg

Der EuGH war mit der deutschen Regelung nicht einverstanden (Quelle:Cédric Puisney, lcensed under CC BY 2.0)

Die Folge: Die Länder verzichteten darauf, die Rechtslage endgültig zu klären und beließen es bei der auch heute noch herrschenden Unsicherheit.

Paradox: Während es derzeit offiziell keine Genehmigungen zur Durchführung von Sportwetten durch private Anbieter gibt, zahlt ein großer Teil der Branche, deren Jahresumsatz auf rund sieben Milliarden Euro geschätzt wird, ganz regulär Steuern in Deutschland.

Experimentierphase: Live Wetten verboten

Nach Angaben der WamS soll es nun eine „Experimentierphase“ richten. Bis Sommer 2021 sollen alle Anbieter die ihr Angebot gemäß staatlicher Vorgaben zur Verfügung stellen, eine Lizenz erhalten. Die Bedingungen hierfür orientieren sich an den bereits im Jahr 2012 erarbeiteten.

So müsse sichergestellt werden, dass Minderjährigen die Nutzung des Angebotes verwehrt sei und es auf den entsprechenden Onlinepräsenzen der Betreiber keine Verweise auf nach wie vor nicht erlaubte Online Casinos gebe.

Weiterhin sollen Live-Wetten untersagt bleiben und Spieler daran gehindert werden, monatlich mehr als 1.000 Euro zu setzen.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Sportwettenverbandes, Luka Andric, macht klar, dass es mit der reinen Vergabe von Lizenzen nicht getan sein wird:

Wir fordern eine zentrale Aufsicht, die gegen schwarze Schafe durchgreift.

Tatsächlich gibt es bislang keine bundesweite Aufsichtsbehörde, die die Einhaltung der Vorgaben kontrollieren könnte.

Annäherung an die Realität

Angeblich steht bereits fest, dass der Entwurf am 21. März von den Ministerpräsidenten aller 16 Bundesländer unterschrieben und somit zum 01. Januar 2020 umgesetzt wird.

Faktisch wäre eine „Experimentierphase“ aber wenig mehr als eine Annäherung der Politik an die Realität in Sachen Sportwetten:

Anbieter wie Tipico, offizieller Partner der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und Milliardenkonzern, haben sich bereits seit langem einen festen Platz in der Wahrnehmung und Akzeptanz deutscher Spieler erkämpft.

Inwieweit sie sich auf lange Sicht auf Einschränkungen wie das Verbot der äußerst lukrativen Live Wetten einlassen oder den Staat juristisch erneut herausfordern, wird sich zeigen. Bislang scheinen sie auch gut ohne die staatlichen Lizenzen ausgekommen zu sein.