Samstag, 20. April 2024

Glücksspiel: Russische Zensurbehörde will gegen Google vorgehen

Kreml|google russland|

Russlands Telekommunikationsbehörde Roskomnadzor hat am Montag angekündigt, gegen den Internetkonzern Google vorgehen zu wollen.

Die Behörde sieht es als erwiesen an, dass Google gegen die staatlichen Informationsregularien verstoße.  Das Unternehmen führe in seinen Suchanzeigen Internetpräsenzen, die von der staatlichen Zensurbehörde auf die schwarzen Listen gesetzt worden seien, darunter auch die Websites von Online-Casinos und Sportwettenanbietern, die in Russland verboten sind.

Die Behörde sieht den Suchmaschinenanbieter nun in der Pflicht. In einer Pressemitteilung vom 26. November 2018 (Link auf Russisch) heißt es:

„Nach russischem Recht sind Suchmaschinenbetreiber verpflichtet, Links zu Ressourcen mit illegalen Informationen aus den Ergebnissen der Suchergebnisse auszuschließen. Dazu müssen sie sich mit dem bundesstaatlichen Informationssystem verbinden, das eine Liste verbotener Internetressourcen enthält.“

Sollte sich der Vorwurf erhärten und Google dieser Pflicht nicht nachgekommen sein, könnte dem Tech-Konzern eine Strafe zwischen 500.000 (ca. 6618 Euro) und 700.000 Rubel (ca. 10.000 Euro) drohen.

Nicht die erste Attacke auf Google

Obwohl eine Ordnungsstrafe von umgerechnet 10.000 Euro einen Internetgiganten wie Google wirtschaftlich wohl kaum in die Bredouille bringen dürfte, zeigt der Fall eine Tendenz: die Behörden gehen immer häufiger gegen Internetfirmen und Websites vor, die ihrer Ansicht nach nicht nach den staatlichen Regel spielen.

Schon im Sommer 2017 war der Internetauftritt von Google.ru zwischenzeitlich von einigen russischen Internetprovidern gesperrt worden, nachdem die Suchmaschine eine Weiterleitung zu einer in Russland verbotenen Online-Glücksspiel-Domain anbot.

Der Konflikt schwelt weiter

Wie wir erst kürzlich berichteten, hatte Roskomnadzor Google bereits im Oktober mit einer Geldstrafe gedroht, sollte das Unternehmen in seinen Suchanzeigen weiterhin geblockte Internet-Domains präsentieren.

google russland

Wie wird sich die Zukunft für Google in Russland entwickeln? (Quelle: Flickr)

Obschon bekannt wurde, dass sich Roskomnadzors stellvertretender Leiter Vadim Subbotin am 14. November mit Googles Direktor für Regierungsbeziehungen Doron Avni traf, scheint das Treffen von Behörde und Internetkonzern nicht dazu geführt zu haben, die gemeinsamen Konflikte beilegen zu können.

Grund dafür könnte einerseits gewesen sein, dass die Vertreter von Roskomnadzor in dem Treffen darauf drängten, Googles Operationsstandards hinsichtlich der Filterung von Suchanfragen dem russischen Recht zu unterwerfen.

Andererseits hatte die Behörde Google dazu ermutigt, das am 1. November 2018 in Kraft getretene Anti-Piraterie-Memorandum zu unterzeichnen. Es verpflichtet russische Medienunternehmen und Internetfirmen dazu, Links, die nach Ansicht der Kontrollbehörde illegal sind, zu entfernen.

Als illegal werden Links angesehen, die gegen das russische Copyright verstoßen, darunter solche, die für Glücksspiel werben oder zu Seiten führen, auf denen für Glücksspiel geworben wird.

Kritiker sehen hinter Maßnahmen wie dem Anti-Piraterie-Memorandum nicht nur einen staatlichen Versuch, das geistige Eigentum zu schützen, sondern einen Eingriff in die Meinungsfreiheit im Internet und in die Handlungsfreiheit der Internetfirmen.

Die Kontrollbehörde Roskomnadzor

Roskomnadzor ist eine Telekommunikationsaufsichtsbehörde, die von Alexander Zharov geführt wird. Die staatliche Kontrollinstanz ist unter anderem dafür verantwortlich, Inhalte im Internet zu blockieren oder zu löschen, die gegen russisches Recht verstoßen.

Im Bereich Kontrolle und Blockade zählt Roskomnadzor zu den weltweit aktivsten Instanzen. Bis zu 10.000 Glücksspiel-Domains werden von der Staatsagentur monatlich auf schwarze Listen gesetzt. In der Vergangenheit wurde Roskomnadzor für die Intransparenz seiner Maßnahmen kritisiert.

Googles Tochterunternehmen im Visier

In Russlands Regierungskreisen scheint man sich in den letzten Monaten nicht nur auf Google eingeschossen zu haben. Auch die Videoplattform YouTube, die Google im Jahre 2006 für 1,31 Milliarden Euro kaufte, geriet im Frühjahr dieses Jahres in die Kritik.

YouTube, so die russische Anti-Monopolbehörde FAS, habe „offenkundig und wiederholt“ Russlands Werberegularien verletzt. Laut dem Vorwurf habe die Streaming-Plattform Videos gezeigt, die für nicht lizenzierte Glücksspielangebote warben und in denen das russische Copyright verletzt worden sei.

Im Zuge der Auseinandersetzung forderte Russlands Internet Video Association (IVA) sogar eine strafrechtliche Verfolgung von YouTube und seinem Mutterkonzern Google.

Nicht nur Internetfirmen sind von der Zensur-Wut betroffen

Ungeachtet dessen, dass Videoplattformen und Suchmaschinenbetreiber gerade keinen leichten Stand in Russland haben, sind es die Geldinstitute und die Zahlungsdienstleister, die in der Russischen Föderation aktuell viel Kritik aushalten müssen.

Roskomnadzor

Das Logo von Roskomnadzor. (Quelle: Wikipedia)

Per Gesetzt waren seit May 2018 alle Banken und Zahlungsdienstleister in Russland dazu angehalten, keine Transaktionen zwischen Privatpersonen und Online-Glücksspielseiten durchzuführen.

Berichten zufolge hielten sich allerdings nur die Staatsbank Sberbank, die VTB und die Tinkoff Bank an die Vorgabe. Dies rief die russische Zentralbank auf den Plan, die eine Überprüfung der Einhaltung der neuen Richtline ankündigte.

Diese Ankündigung setzte die Finanzinstitute unnötig unter Druck. Immerhin beklagten einige der in Russland operierenden Banken, nicht einmal eine Liste mit den verbotenen Glücksspielseiten erhalten zu haben.

Das Vorgehen gegen Internetunternehmen, Banken und Zahlungsdienstleister zeigt, wie radikal Russland gegen Glücksspiel im Internet vorgeht.

Doch nicht nur in der virtuellen Welt, so scheint es, will der Staat die Industrie fest in seinem Griff halten. Vor kurzem kündigte die Zentralregierung in Moskau an, die Glücksspiel-Sonderzonen, in denen landbasierte Casinos operieren dürfen, zum größten Teil schließen zu wollen.