Dienstag, 23. April 2024

Corona als Werbemittel? Spanische Staatslotterie erneut unter Kritik

spanische Weihnachtslotterie

Gestern hat die spanische Staatslotterie SELAE (Sociedad Estatal Loterías y Apuestas del Estado) ihre Kampagne für die Weihnachtslotterie veröffentlicht und damit erneut für Kritik an ihren Werbepraktiken gesorgt. Mit einem emotionalen TV-Spot präsentiere die SELAE ihre Angebote als Lösung für durch Corona verstärkte Probleme wie Einsamkeit, so der Vorwurf lokaler Medien.

Staatliche Lotterie von starken Werbebeschränkungen ausgenommen

Während der private Glücksspielsektor seit Anfang November der Neuregulierung der Werbung für das Online-Glücksspiel unterliege, verstärke die davon ausgenommene staatliche Lotterie ihre Marketingbemühungen. Dies kritisieren spanische Medien seit mehreren Wochen.

Nach Aussagen des Geschäftsführers des Branchenverbandes für das private Glücksspiel in Spanien, Alejandro Landaluce, seien die derzeitigen Werberichtlinien „ungerecht und ungerechtfertigt“. Der staatliche Glücksspielsektor bleibe von den restriktivsten Maßnahmen ausgenommen. Dabei fordere der private Sektor bereits seit dem Jahr 2011 eine gesetzliche Regelung, die privaten und staatlichen Sektor gleichbehandle, um das verantwortungsvolle Glücksspiel zu schützen.

Neues Öl ins Feuer gießt nun die gestern präsentierte Kampagne für die Weihnachtslotterie. In ihrem TV-Spot spiele die SELAE dabei auf psychische und soziale Folgen der Corona-Pandemie an. Dem privaten Sektor dagegen sei es streng untersagt, das Glücksspiel als Lösung für „persönliche, bildungsbezogene, finanzielle oder berufliche Probleme“ zu präsentieren.

Der Lockdown als Aufreißer?

SELAE-Präsident Jesús Huertas erklärte vor der Präsentation des TV-Weihnachtsspots:

Wir werden im Anschluss eine Kampagne sehen, die voll von Nachrichten ist, bei denen wir versucht haben, besonders die Details zu pflegen und die zu einem positiven Schluss führen. Wie immer sind wir dabei dem verantwortungsvollen Glücksspiel verpflichtet. Wir erzählen eine Geschichte, bei der die menschlichen Werte hervorgehoben werden, die in harten Situationen, wie wir sie gerade erleben, deutlich und die besonderes in diesen Momenten notwendig werden.

Der Spot zeigt zum Ende hin, wie ein alter Mann, der sich offenbar allein in seiner Wohnung befindet, einen Brief von seinem Bruder erhält. Dieser bittet um Versöhnung nach einem Zerwürfnis, indem er dem Bruder ein Lotterielos zukommen lässt.

Nach Meinung der Kritiker spiele der Clip auf den Corona-bedingten Lockdown an, ohne ihn explizit zu nennen. Die Maßnahme hat in Spanien in den vergangenen Monaten immer wieder dazu geführt, dass alleinlebende Menschen von ihrer Umgebung und sozialer Unterstützung vollständig abgeschnitten sind.

Besonders Senioren in Altersheimen sind stark von den Restriktionen betroffen. Sie dürfen vielerorts derzeit lediglich eine Stunde wöchentlich Besuch empfangen.

Neben dem TV-Werbespot führte auch der diesjährige Slogan „La que más sueños cumple“ („Die, die die meisten Träume erfüllt“) zu Kritik. Das Versprechen auf ein anderes Leben lasse sich nur wenig mit dem verantwortungsvollen Spiel vereinen, so der Vorwurf.