Dienstag, 23. April 2024

Rückblick: Spielsuchtberichte 2018

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Glücksspiel macht vielen Menschen Spaß, sichert den Anbietern hohe Umsätze und beschert Vater Staat Steuereinnahmen in Millionenhöhe – europaweit.

Doch nicht alle profitieren von Wetten, Automaten- und Casinospielen. Es gibt Menschen, für die das Spielen zur Sucht und damit zu einem ernstzunehmenden Problem wird.

Wann aus Spaß Ernst wird und wer wieviel spielt, ist am anschaulichsten den 2018 erschienen Suchtberichten aus Deutschland und Großbritannien zu entnehmen.

Aus Spaß wird Ernst

Der aktuelle Suchtbericht der Bundesregierung beginnt mit einer Beschreibung des typischen Verhaltens von krankhaften Spielern und beschreibt die Folgen des pathologischen Spielens. In dem im Oktober 2018 erschienen Bericht heißt es:

Betroffene Personen gefährden bei hohen finanziellen Verlusten und zwanghaftem („spielsüchtigem“) Verhalten nicht selten ihre finanzielle und gesellschaftliche Existenz. Finanzielle Verluste, Abhängigkeit, psychische und emotionale Belastungen, Konflikte in der Familie oder am Arbeitsplatz können die Folgen sein.

Insgesamt sind 440.000 Deutsche problematische Spieler (245.000) oder pathologische Spieler (195.000). Die meisten von ihnen verspielen ihr Geld in Online-Casinos, an Spielautomaten, beim Oddset und beim Bingo.

Rückläufige Zahlen

Trotz der relativ hohen Zahl an krankhaften und problematischen Spielern hat die Studie der Bundesregierung auch Positives zutage gefördert.

So ist die Gesamtzahl der Spieler in den letzten Jahren deutlich gesunken. Während im Jahre 2007 noch 86.5 % der 16-70-jährigen Befragten angaben, an irgendeiner Form von Glücksspiel teilgenommen zu haben, waren es im Jahre 2017 nur noch 75.3 %.

Auch die Zahl der spielenden Jugendlichen ging im Vergleichszeitraum zurück. So gaben 2007 60.7 % der 16-17-jährigen an, in irgendeiner Form gespielt zu haben. 2017 waren es nur noch 37.8 %.

Besonders gering ist das problematische und pathologische Glücksspiel bei Mädchen mit 0 % ausgeprägt. Bei erwachsenen Frauen hingegen stieg die Zahl seit 2015 leicht an, ist mit 0.54 % aber immer noch gering.

So werden die Zahlen aus dem Suchtbericht ermittelt

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unternimmt seit 2007 Befragungen zu krankhaftem und pathologischem Spielen. Pathologische und krankhafte Spieler werden dabei anhand ihrer Angaben zum Spielverhalten in den letzten 12 Monaten identifiziert.

Hierzu werden den Umfrageteilnehmern 20 Fragen gestellt, wie „Wenn Sie spielen, wie häufig versuchen Sie an einem der nächsten Tage durch erneutes Spielen Geldverluste zurückzugewinnen?“

Sollte der Befragte 5 der 20 Fragen mit „Ja“ beantworten, gilt er als pathologischer Spieler. Als problematische Spieler werden Befragte mit 3 oder 4 „Ja“-Antworten eingestuft.

Die Kosten des Spaßes

Diese hoffnungsvoll sinkenden Zahlen können leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dem krankhaften Spielen signifikante Volkswirtschaftliche Folgen verbunden sind.

Diese resultieren aus Symptomen des pathologischen Spielens, wie hohen Verlusten und Kriminalität.

Nach einem Kosten-Nutzen-Schlüssel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ergibt sich für Deutschland ein jährliches Minus von 411 Millionen Euro. Immaterielle Schäden, wie das Leid von krankhaften Spielern, ihren Familien und Freunden ist dabei noch nicht inbegriffen.

Alles in allem könnte der jährliche Schaden im Milliardenbereich liegen.

Das sagen die britischen Suchtberichte

Die Briten sind für ihre Vorliebe für Pferdewetten, Hundewetten und Sportwetten berühmt. Aber auch Online-Casinos und landbasierte Casinos erfreuen sich im Vereinigten Königreich großer Beliebtheit.

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Gefangen in der Spielsucht (Bild: Wikipedia)

Negative Begleiterscheinung des großen Angebots sind Spielsucht und problematisches Spielverhalten.

Wie eine aktuelle Studie des NatCen Social Research Institut vom September 2018 zeigt, werden im Vereinigten Königreich derzeit 1.2 % der Glücksspielteilnehmer als krankhafte Spieler klassifiziert. Diese Zahl ist zwar mit der Gesamtanzahl der pathologischen Spieler in Deutschland (1,19 %) vergleichbar, aber im Gegensatz dazu seit 2012 nicht rückläufig.

Aus dem Report geht ferner hervor, dass 2.4 % der britischen Spieler zur Leichtrisikogruppe und 1.1 % in die moderate Risikogruppe gehören.

Überdies wurde durch die Studie viel über den Zusammenhang von Glücksspielteilnahme und Alkoholkonsum bekannt.

So war die wöchentliche Teilnahme von Nicht-Trinkern an Glücksspielen mit 36 % am geringsten. Personen, die jedoch mehr als 14 Einheiten Alkohol (zum Beispiel 14 x 250 ml Bier mit 4 % Alkohol) wöchentlich tranken, nahmen mit 59 % wesentlich öfter Glücksspielangebote wahr.

Überraschenderweise nahmen trotz der hohen Werbeausgaben von Wettanbietern noch immer die meisten Studienteilnehmer an der staatlichen Lotterie (41 %), Rubbelosen (21 %) und privaten Lotterien (14 %) teil.

Erschreckende Zahlen bei den Jugendlichen

Schockierende Zahlen lieferte ein Bericht zum Glücksspielverhalten von Kindern und Jugendlichen in Großbritannien, der von der UK Gambling Commission im November 2018 veröffentlich wurde.

Laut dem Report hatten innerhalb der letzten 12 Monate 39 % der 11 bis 16-jährigen eigenes Geld für die Teilnahme an Glücksspiel ausgegeben.

Kinder Glücksspiel

Die Zahl der jungen Glücksspielteilnehmer in GB ist hoch (flickr)

Bevorzugte Spielvarianten waren Privatwetten, Rubbellose, Automatenspiele und Kartenspiele mit Freunden.

Im Durschnitt verspielten die Befragten 16 Pfund (ca. 14.40 Euro) wöchentlich.

Bereits jetzt werden im Vereinigten Königreich 1.7 % der 11 bis 16-jährigen als Problemspieler geführt. Weiter 2.2 % sind von der Glücksspielsucht gefährdet.

Damit ist die Zahl der jugendlichen Problemspieler in Großbritannien fast dreimal so hoch wie die Zahl der jungen Problemspieler (0.63 %) in Deutschland.

Was tun?

Um die Zahl der krankhaften- und problematischen Spieler zu verringern, könnte Aufklärungsarbeit ein nützliches Mittel sein.

Wenn, wie die Studien nahelegen, junge Menschen schon früh mit Glücksspiel in Berührung kommen, sollten Interventionen bereits in Schule und Universität beginnen.

Denn nur wer die Folgen seines Handelns kennt, kann besser Entscheidungen für die Zukunft treffen.