Samstag, 27. April 2024

DAK-Gesundheitsstudie: Jeder Sechste minderjährige Gamer ist suchtgefährdet

Kind Computer|Kind Computer|Lootbox

Eine gestern von der DAK-Krankenkasse veröffentliche Studie zeigt die Gefahr von Videospielen. Aus der gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen initiierten Untersuchung geht hervor, dass jeder sechste jugendliche Spieler suchtgefährdet ist.

Nach Angaben der Organisatoren der Studie spielen in Deutschland etwa 72,5 % aller Jugendlichen regelmäßig online. Die von der DAK, dem Zentrum für Suchtfragen und dem Umfrageinstitut Forsa beauftragten Forscher ermittelten in der Studie „Geld für Games – wenn Computerspiel zum Glücksspiel wird“, dass etwa 15,4 % der jungen Spieler zu einer suchtgefährdeten Risikogruppe gehören.

Lediglich 22 % der Befragten gaben dabei an, überhaupt nicht an elektronischen Geräten zu spielen. Demgegenüber sind 23 % jeden Tag in den virtuellen Gaming-Welten unterwegs. Die tägliche Spielzeit liegt bei durchschnittlich 137 Minuten in der Woche und 213 Minuten am Wochenende.

Fast eine halbe Million Jugendliche gefährdet

Hochgerechnet auf die ungefähr drei Millionen Jugendlichen, die hierzulande Videogames am PC, auf Konsolen oder ihren Smartphones spielen, wären demnach rund 465.000 Minderjährige von der Gefahr betroffen.

Die Untersuchung wurde vom 01. bis 26. Oktober 2018 durchgeführt. Dabei befragten die Forsa-Marktforscher in Deutschland 1.000 empirisch ausgewählte Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren. Aufgrund des wissenschaftlichen Auswahlverfahrens erlaubt die Studie nach Forsa-Angaben belastbare Rückschlüsse auf die Gesamtzahl der Jugendlichen in diesem Alter.

Die Studie förderte außerdem zutage, dass Jungen im Vergleich zu Mädchen gefährdeter sind. Obwohl sie nur etwa doppelt so viel spielen, setze sich die Risikogruppe zu 79 % aus Jungen und lediglich 21 % aus Mädchen zusammen.

Die Probleme der Spieler

Lootbox

In der Kritik: Lootboxen (Bild: Blizzard)

Der Untersuchung zufolge sind Videospiele für die Betroffenen mit einer Reihe negativer Auswirkungen verbunden. Dazu gehören vor allem emotionale und psychische Probleme. Weiterhin würden Risikospieler im Vergleich zu ihren nicht betroffenen Mitschülern etwa dreimal häufiger in der Schule fehlen und zu einem größeren Prozentsatz ihre Ausbildung und Arbeit vernachlässigen.

Die Studie zeigt ebenfalls, dass die Videospiele finanzielle Auswirkungen auf die suchtgefährdeten Jugendlichen haben: So geben sie durchschnittlich doppelt so viel Geld für die Spiele und die darin enthaltenen Extras aus.

Umstrittene Einnahmequellen
Rund um die oft kostenlos aus dem Internet zu ladenden Videospiele haben die Entwickler eine ganze Reihe von Angeboten entwickelt, mit denen Spieler ihre Charaktere zusätzlich aufrüsten können.

Während Nutzer bei manchen Games bares Geld für Waffen, Schutzschilde oder magische Zauberkräfte ausgeben, bieten Ihnen Entwickler teilweise sogenannte Lootboxen (Schatzkisten) an. Hier wussten die Käufer bisher oft nicht genau, was sich in den Kisten befindet, weshalb die Behörden in vielen Ländern vor den Schatzkisten warnen oder sie inzwischen gar als verbotenes Glücksspiel einstufen. Um dies zu umgehen, haben einige Anbieter reagiert und die Inhalte der Schatzkisten transparenter gestaltet.

Während 52 % der Jugendlichen nach Erkenntnissen der Forscher in den letzten sechs Monaten bis zu 50 Euro ausgaben, zahlten immerhin 8 % 200 Euro und mehr für ihr Hobby. Jungen gaben dabei im Vergleich zu ihren weiblichen Altersgenossinnen mehr Geld aus.

Die Studie förderte auch zutage, dass bei 5 % der Jugendlichen aus der Risikogruppe die Probleme derart gravierend sind, dass sie wegen ihres Spielverhaltens ernsthafte Probleme im Familien- und Freundeskreis bekommen, da sie ihre sozialen Kontakte spürbar vernachlässigen.

Zudem wurde vereinzelt (bei knapp 10 % der Befragten) der Auftritt von Essstörungen beobachtet, die mit dem übermäßigen Gaming einhergehen. Der Grund dafür: Die Spieler schaffen es einfach nicht zu essen, während sie spielen.

Die Gefahren des übermäßigen Spiels

Einer der Initiatoren, das Deutsche Zentrum für Suchtfragen aus Hamburg, sieht in dem Spielverlauf der Games einen kritischen Faktor, der die Suchtgefahr bei Jugendlichen verstärkt. Insbesondere die offene Handlung, die ein „endloses“ Spiel ohne Ende ermöglicht, trüge zu der Gefährdung bei.

Zudem würden Akteure für häufiges Engagement belohnt, indem sie ihren Status verbessern oder im Spielerranking steigen. So würden die Anbieter den langen Verbleib der Jugendlichen bei den Games forcieren und damit die Spielsuchtgefahr begünstigen.

Extras wie die in Belgien oder den Niederlanden verbotenen Lootboxes oder der Einsatz von virtuellen Währungen würden die spielenden Minderjährigen zudem finanziell über Gebühr belasten und auf diese Weise zu weiteren Problemen führen.

DAK-Forderungen

Die DAK-Krankenkasse fordert als Konsequenz aus den Studienergebnissen, Glücksspielelemente wie Lootboxen zu verbieten und die Spiele mit Hinweisen zu versehen, die die jugendlichen Gamer über die potentiellen Gefahren in Bezug auf Spieldauer oder Ausgabenhöhe besser aufklären.

DAK-Vorstandschef Andreas Storm sagte zu der Veröffentlichung:

Wir untersuchen das Thema Internetsucht und Gaming bereits seit fünf Jahren. Wenn Computerspiel zum Glücksspiel wird, müssen wir handeln. Prävention setzt hierbei vor allem bei Information und Aufklärung an.

Dass die Spiele bei aller Kritik auch positive Auswirkungen haben, zeigt ein weiteres Detail der Studie: Demnach gibt über die Hälfte der spielenden Jugendlichen an, dass einer der größten Vorzüge der Games die hohe Wertschätzung von Teamarbeit sei und dass sie die anderen Charaktere in ihrer Gruppe tatkräftig unterstützen könnten.

Auch Kritiker der Videospiele dürften der Aussage zustimmen, dass die Förderung des Teamgedankens in unserer immer stärker vernetzten und auf Kommunikation bedachten Welt eine positive Seite des Gamings ist.