Samstag, 14. Dezember 2024

Therapeutische Videospiele für Senioren: Modellprojekt zeigt Erfolge

Videospiele|Manouchehr Shamsrizi

In Hamburg wurde eine Spielekonsole für Senioren in einem Seniorenzentrum getestet. Die Ergebnisse sind vielversprechend und das Präventionsprojekt wird nun auf die gesamte Bundesrepublik ausgeweitet.

Videospiele für Motorik, Ausdauer und Konzentration

Im Rahmen eines ersten Pilotprojektes hatte die BARMER digitale Spiele als Präventionsangebot für Senioren getestet. Eingesetzt wurden die therapeutischen Videospiele, die von dem Hamburger Start-up RetroBain R&D entwickelt worden sind, zunächst im Hamburger Hospital zum Heiligen Geist.

Die Spiele für Senioren wurden auf der speziell für sie entwickelten Spielekonsole MemoreBox gespielt und haben den Senioren nicht nur Spaß bereitet, sondern haben auch gesundheitlich zu positiven Ergebnissen geführt, wie der Pressemitteilung der BARMER vom 26. Oktober 2018 zu entnehmen ist. Gestärkt wurden neben Motorik, Ausdauer und Koordination auch die sozialen Bindungen und die Kommunikation unter den Bewohnern der Einrichtung.

Die MemoreBox von RetroBrain

Entwickelt wurde die MemoreBox, die Spielkonsole für Senioren, vom Hamburger Start-up RetroBrain R & D speziell für das gesundheitsförderliche Spielen. An der Konzeption waren neben Spieleentwicklern Wissenschaftler und Experten aus der pflegerischen Praxis beteiligt.

Manouchehr Shamsrizi

Manouchehr Shamsrizi ist der Gründer von RetroBrain. (Bildquelle: Flickr)

Die Spielekonsole regiert, ähnlich wie bei der Wii, auf die Körperbewegungen, die die Spieler ausführen und lässt sich mit dem Fernseher verbinden. Ausgeführt werden können die Bewegungen sowohl im Stehen als auch im Sitzen.

Das Ziel ist, nicht nur die Fitness spielerisch zu verbessern, sondern auch den Alltag in Pflegeeinrichtungen und Altersheimen zu bereichern. Die Spiele können von einem Spieler allein, aber auch in der Gruppe gespielt werden und sollen zu Gruppenaktivitäten anregen. Mit ihrem Spaßfaktor werden sie zum unterhaltsamen Programmpunkt in den Einrichtungen, die Menschen spielen und lachen zusammen – und Lachen ist bekanntermaßen die beste Medizin.

Hinsichtlich der Steigerung der Lebensqualität durch das gemeinsame Spielen sagte Manouchehr Shamsrizi, Gründer von RetroBrain:

„Bislang haben wir bei allen Tests eine positive Rückmeldung erhalten. Uns wird immer bestätigt, dass es in den Alten- und Pflegeheimen viel lebhafter zugeht, wenn die MemoreBox gestartet wird. Wir wollen, dass Senioren von den Fortschritten in Technologie und Wissenschaft profitieren – und wieso wollten wir im Alter aufhören zu spielen?“

Gesundheitstraining für Senioren

Das Gesundheitstraining mit der MemoreBox wird zum Beispiel über Spiele wie Kegeln, Tanzen und Tischtennis durchgeführt, doch es kann auch gesungen oder Motorrad gefahren werden. Geschult werden kognitive Fähigkeiten sowie Koordination, Gleichgewicht und räumliches Vorstellungsvermögen.

Die Psychologin Andrea Jakob-Pannier erklärt:

„Die Spiele schulen erwiesenermaßen nicht nur Beweglichkeit und Gleichgewichtssinn. Sie können vielmehr durch weitere eingebaute Komponenten kognitive Fähigkeiten wie planvolles Handeln und die Lernfähigkeit anregen.“

Den positiven Einfluss des Videospielens auf den Geist hatte bereits eine Hirnstudie der Charité-Universitätsmedizin Berlin (Seite auf Englisch) im Jahr 2011 nachgewiesen. Diese hatte gezeigt, dass junge Spieler über ein größeres lokales Hirnvolumen verfügen als Vergleichspersonen aus derselben Altersgruppe. Ausgeprägter waren hierbei die Hirnbereiche, die für das Arbeitsgedächtnis und die Aufmerksamkeit zuständig sind.

Mit der digitalen Spieltherapie setzt die Krankenkasse die Vorgaben des Präventionsgesetzes in (teil-)stationären Pflegeeinrichtungen um. Laut Bundesgesundheitsministerium gehört zu den wesentlichen Inhalten des Präventionsgesetzes, das Kranken- und Pflegekassen jährlich mehr als 500 Millionen Euro für Gesundheitsförderung und Prävention, unter anderem in Pflegeeinrichtungen, investieren sollen.

Therapeutisches Spielen wird zum bundesweiten Präventionsprojekt

Nach den Erfolgen, die das Präventionsprojekt in Hamburg zeigte, geht es nun in eine zweite Projektphase. Hierbei soll das therapeutische Spielen in insgesamt 100 Pflegeeinrichtungen in der gesamten Bundesrepublik eingeführt werden.

Vier der beteiligten Pflegeeinrichtungen, das Hospital zum Heiligen Geist, das Albertinen-Haus, das Seniorenzentrum St. Markus und Pflegen & Wohnen Altona, befinden sich in Hamburg. Begleitet wird das Projekt weiterhin auch von der Humboldt-Universität zu Berlin, die die präventiven und gesundheitlichen Aspekte des Spielens mit der MemoreBox untersucht. Die Schirmherrschaft hat die Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks.

Der weltweite Einsatz von Health Games

Spiele für die Förderung der Gesundheit zu nutzen, ist nicht neu und nicht nur in Deutschland von Interesse. So wird in Japan beispielsweise das Glücksspiel gegen Demenz eingesetzt. Es gibt aber auch Spiele, die sogenannten Health Games, die ganz gezielt wegen ihrer gesundheitsfördernden Wirkung eingesetzt werden.

An der University of Washington in Seattle wurde beispielsweise das Spiel Snow World entwickelt. Dieses wird bei Verbrennungspatienten eingesetzt, wenn ihnen der Verband gewechselt werden muss. Sie spielen in einer virtuellen Schnee- und Eiswelt, wo sie mit Schneebällen werfen. Wie sich gezeigt hat, kann ihr subjektives Schmerzempfinden dabei um bis zu 50 Prozent reduziert werden.

Bei krebskranken Kindern und Jugendlichen kommt das Spiel Re-Mission zum Einsatz. Hierbei schießen die Spieler als Nanoroboter mit Medikamenten auf Krebszellen und zerstören sie. Wie das Ärzteblatt berichtet, konnte nachgewiesen werden, dass die Teilnehmer die medikamentöse Therapie besser akzeptierten und sich ihr krankheitsrelevantes Wissen verbesserte.