Donnerstag, 18. April 2024

Hat Buchmacher Ladbrokes sich die Verschwiegen­heit eines Spielsüchtigen erkauft?

Ladenlokal Ladbrokes|Skyline Dubai|Logo Gambling Commission|Ladenlokal Ladbrokes

Der britische Buchmacher Ladbrokes soll mit zweifelhaften Methoden versucht haben, einen spielsüchtigen High-Roller bei der Stange zu halten. In einem Bericht vom 23. Februar wirft die englische Zeitung The Times den Verdacht auf, der Wettanbieter habe die Entscheidung, eine Entschädigung in Millionenhöhe zu zahlen, an die Bedingung geknüpft, Stillschweigen gegenüber den Behörden zu bewahren.

VIP-Wettkunde in Dubai

Skyline Dubai

Der Mann hatte von Dubai aus agiert (Quelle:Quelle:pixabay.com/Paul_Knete)

Laut Recherchen der Times hat Wettanbieter Ladbrokes einen seiner Kunden über Jahre hinweg dazu animiert, immer höhere Online Wetten zu platzieren. Der Brite, der als Immobilienberater tätig war, soll sich zwischen 2010 und 2016 in Dubai aufgehalten haben, wo Glücksspiel unter Strafe steht.

Als der Mann deutliche Anzeichen einer Spielsucht zeigte, habe man ihn mit VIP-Angeboten zum Weiterspielen gelockt und ihm Tipps gegeben, wie rechtliche und technische Hürden, die ihm das Spiel von den Vereinigten Arabischen Emiraten aus untersagten, zu umgehen seien.

In der Folge, so die Times, habe der Mann begonnen, die Investmentfonds seiner Kunden anzuzapfen, um seine Verluste auszugleichen. Als das System einbrach, soll er nach Großbritannien geflohen sein, um der drohenden Strafe zu entgehen.

Zurück in England habe sich der Mann einer Therapie unterzogen und versucht, die Verluste seiner Opfer von Ladbrokes zurückzufordern. Im Februar 2018 soll sich der Buchmacher zu einer Zahlung von umgerechnet rund 1,12 Millionen Euro bereiterklärt haben. Ohne Schuldanerkenntnis und unter der Voraussetzung des absoluten Stillschweigens aller Beteiligten. Insbesondere die Glücksspielaufsicht habe nichts von den Vorgängen erfahren sollen, so der Bericht:

Die Antragsteller erklären sich damit einverstanden, keine Beschwerde einzureichen oder einer Aufsichtsbehörde in Bezug auf den Anspruch Bericht zu erstatten.

Verschwiegenheitserklärung gebrochen

Nach Angaben der Times hatte sich der Mann trotz Unterzeichnung der Verschwiegenheitsklausel im vergangenen November an die britische Glücksspielbehörde gewandt und das zweifelhafte Vorgehen Ladbrokes` offengelegt.

Logo Gambling Commission

Trotz Verschwiegenheitserklärung wandte sich der Mann an die Gambling Commission (Quelle:gamblingcommission.gov.uk)

Der Mann gab an, im Jahr 2010 nach Dubai ausgewandert zu sein, um dort ein neues Leben zu beginnen. Obwohl das Glücksspiel in dem arabischen Land unter Strafe steht, habe er die Netzsperren mittels eines VPN umgangen und bei Ladbrokes seine Einsätze gemacht.

Im Jahr 2013 soll der Wettanbieter darauf aufmerksam geworden sein, dass der Mann, der mittlerweile jährlich Wetten im oberen sechsstelligen Bereich platzierte, sich in Dubai aufhalte. Man habe ihm seitens Ladbrokes eine VIP-Betreuung angeboten und ihn zu einem High Class Pferdesportevent eingeladen.

Dort seien Ladbrokes VIP-Manager auf ihn zugekommen, die ihm nicht nur erklärt hätten, wie er mittels VPN seinen Zugang zur Seite des Wettanbieters sicherstellen könne, sondern ihm auch rieten, eine britische Adresse in seinem Account zu hinterlegen, um Schwierigkeiten zu vermeiden. Zudem habe man ihm ein iPad mit installiertem VPN schenken wollten, was er mangels Bedarfs abgelehnt habe.

In der Folge sei er von Ladbrokes regelmäßig mit großzügigen Geschenken bedacht worden, unter anderem einer Reise zu einem Boxkampf in Las Vegas und einem Cashback von 10 % auf alle Verluste, die er auf der Seite des Wettanbieters machte.

Unkontrollierte Einsätze in Millionenhöhe

Dass der Mann eine Spielsucht entwickelt hatte und es im Jahr 2015 auf Einsätze von insgesamt umgerechnet über sieben Millionen Euro gebracht hatte, soll auf Seiten des Buchmachers nicht zu Interventionen geführt haben.

So sei er niemals auf seine immer höher steigenden Einsätze angesprochen worden, nur einmal habe man ihn um Nachweise zur Herkunft der eingesetzten Beträge gebeten. Als er der Aufforderung nicht nachgekommen sei, sei der Vorgang nicht weiterverfolgt worden.

Laut Gesetz sind Buchmacher in Großbritannien dazu verpflichtet, mögliche Verstöße ihrer Kunden gegen geltende Regularien bei der Glücksspielbehörde anzuzeigen. Dazu gehört unter anderem der Verdacht auf Geldwäsche. Erst im vergangenen Monat hat die Gambling Commission Glücksspielanbieter davor gewarnt, Verschwiegenheitserklärungen dafür zu nutzen, Kunden davon abzuhalten, sich an die Ordnungshüter zu wenden.

Zu diesem Zeitpunkt soll der Mann bereits hoch verschuldet gewesen sein und Wetten mit dem Geld seiner Kunden finanziert haben. Erst 2016, nachdem er bereits rund zwei Millionen Euro veruntreut hatte, habe er sich entschieden, den Teufelskreis zu durchbrechen.

Entschädigung statt Aufklärung?

Es folgte die Flucht nach England und eine Therapie. Gleichzeitig soll der Brite versucht haben, das von ihm verspielte Geld seiner Auftraggeber von Ladbrokes zurückzufordern. Wohl mit Erfolg:  Laut Times floss über eine Million Euro vom Buchmacher an die geprellten Anleger. Auch diese hätten sich vertraglich verpflichten müssen, über die Vorgänge zu schweigen.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe melden sich nun britische Politiker zu Wort, die eine lückenlose Aufklärung der Ereignisse fordern. Zudem soll die Rechtmäßigkeit von Verschwiegenheitsvereinbarung auf den Prüfstand gestellt werden.

Und auch die Glücksspielbehörde fürchtet, dass Verschwiegenheitserklärungen missbraucht werden könnten, um Verstöße gegen geltendes Recht unter den Teppich zu kehren. Man werde die Ermittlungen diesbezüglich weiterführen, ließ ein Sprecher der Gambling Commission wissen.

Laut der Times habe Ladbrokes erklärt, den Vorgang bei den Behörden selbst angezeigt zu haben, noch bevor der Spieler sich an die Glücksspielbehörde gewandt habe. Man kooperiere vollumfänglich mit den Ermittlern um sicherzustellen, dass die eingesetzten Verschwiegenheitserklärungen den Vorgaben entsprächen. Zu den Details des Falls wollte man sich nicht äußern.