Dienstag, 30. April 2024

Sportwetten-Monitoring: 48 % mehr verdächtige Partien im Jahr 2020

Tennisball auf blauem Platz

Die International Betting Integrity Association (IBIA) hat 2020 deutlich mehr Meldungen zu verdächtigen Wettbewegungen im Sport erhalten als im Jahr zuvor. Dies gab die Vereinigung, die im Auftrag ihrer Mitglieder eine Monitoring- und Warnplattform betreibt, in dieser Woche in ihrem Jahresbericht bekannt. Mit 270 Verdachtsfällen habe es im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg um 48 % gegeben.

Neue Sport-Events unter besonderer Beobachtung

Trotz oder gerade aufgrund der massiven Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die sportlichen Begegnungen im letzten Jahr hat die IBIA ein deutliches Plus verdächtiger Partien registriert. Aufgrund der Entwicklungen, so IBIA-CEO Khalid Ali in einem Statement zum Jahresbericht, habe auch seine Organisation ihre Monitoring-Bemühungen ausweiten müssen:

2020 war für viele Branchen, inklusive der Wettindustrie, die ihre Angebote aufgrund des globalen Lockdowns im Sport anpassen musste, ein turbulentes Jahr. Daraus resultierend hat die IBIA ihre Aktivitäten im Monitoring der Integrität darauf ausgerichtet, neu entstandene Sportturniere und Wettbewerbe miteinzubeziehen.

In ihrem Bericht für 2020 listet die Organisation auf, welche Regionen und Sportarten besonders betroffen gewesen zu sein scheinen. Insgesamt waren 270 Meldungen aus 43 Ländern zu 15 Sportarten bei der IBIA eingegangen.

Einsamer Spitzenreiter mit über der Hälfte aller Verdachtsfälle ist Europa. 141-mal war die Organisation hier auf den Plan gerufen worden. Wie auch in der Gesamtschau (98 Meldungen) belegte Tennis den unrühmlichen Spitzenplatz mit 51 Meldungen. Fünf von ihnen betrafen Spiele in Deutschland und waren damit die einzigen Verdachtsfälle aus der Bundesrepublik in der IBIA-Statistik.

Verdachtsfälle bei Tischtennis und E-Sport

Die zweitmeisten Meldungen hatte 2020 der Fußball zu verzeichnen. 61-mal hatte die IBIA ungewöhnliche Bewegungen registriert. Dies entspricht einem Anstieg von 25 % im Vergleich zu 2019. Besonders oft hatten dabei Partien in Russland (15) und Vietnam (10) Anlass zur Sorge gegeben.

Mit eigenen Monitoring-Lösungen überwacht die IBIA die Wettmärkte und sendet bei verdächtigen Aktivitäten Warnungen aus. Auch die Mitglieder haben die Möglichkeit, bei auffälligen Aktivitäten Meldung zu erstatten.

Zu den Kunden der IBIA gehören unter anderem die Sportwetten-Betreiber der Entain-Gruppe, Sky Betting & Gaming sowie die Marke XTip des deutschen Glücksspiel-Anbieters Gauselmann.

Verfestigt sich der Verdacht, übermittelt die IBIA die Informationen an die entsprechenden Verbände und Behörden. 2020 hatten die IBIA-Daten 15-mal zu sportlichen oder strafrechtlichen Sanktionen geführt.

Auffällig zeigte sich auch die Entwicklung im Tischtennis: Insbesondere im 2. Quartal hatte es hier einen Höhepunkt verdächtiger Partien gegeben. Dies entspricht diversen Berichten, nach denen es im Rahmen des ersten Lockdowns zu einer Vielzahl ungewöhnlicher Tischtennis-Turniere gekommen war.

Insgesamt waren 2020 zum Tischtennis 46 Meldungen zu Begegnungen in der Ukraine (25), Russland (13), Tschechien (5) und Portugal (1) eingegangen. 2019 waren es im Ganzen lediglich fünf gewesen.

E-Sport ebenfalls betroffen

Einen ebenfalls deutlichen Anstieg verdächtiger Wettbewegungen verzeichnete die IBIA im Bereich des E-Sports. Die in der Statistik keinem Land zugeordneten Meldungen waren von 3 im Jahr 2019 auf 28 im vergangenen Jahr angestiegen. Damit belegt der virtuelle Sport fast aus dem Stand den vierten Platz im Ranking der Integritäts-bedrohten Sportarten der IBIA.

In seinem Statement weist IBIA-CEO Ali darauf hin, dass die 2020-Zahlen zwar einen deutlichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr zeigten, gleichzeitig aber ungefähr denen aus den Jahren 2017 und 2018 entsprächen.

Fraglich ist, ob dies in einem Jahr, in dem neben den meisten großen auch viele kleine Sportturniere ausgefallen sind, Grund zur Entwarnung oder eher Vorbote eines bedenklichen Trends ist. Die Antwort hierauf wird sich voraussichtlich erst mit Abflachen der Pandemie und der kompletten Wiederaufnahme des sportlichen Geschehens zeigen.