Samstag, 20. April 2024

Depression und Suizide: Zu viel Druck im britischen Pferdesport?

zwei Rennpferde mit Jockeys

Drei vormals erfolgreiche britische Jockeys haben sich in diesem Jahr das Leben genommen. Die Geschichten von Michael Curran († 54), James Banks († 36) und Liam Treadwell († 34) haben die BBC in dieser Woche dazu veranlasst, sich dem Thema „psychische Gesundheit im Pferdesport“ zu widmen.

Dem Bericht des Nachrichtendienstes zufolge [Seite auf Englisch] seien Depressionen und Angststörungen innerhalb des Pferdesportes keine Seltenheit. Ehemalige Jockeys seien Statistiken zufolge 2,5-mal anfälliger für Depressionen als die allgemeine Bevölkerung.

Ein rein medizinischer Ansatzpunkt zur Risikoabschätzung sei die auffällig hohe Rate von Gehirnerschütterungen im Vergleich zu anderen Sportarten. Viele Jockeys erlebten wiederholt Schädel-Hirn-Traumata, wenn sie beispielsweise vom Pferd stürzten.

Laut dem American Institutes for Research (AIR) gibt es einen erwiesenen Zusammenhang zwischen Schädel-Hirn-Traumata und Depressionen. Etwa die Hälfte der Personen, die eine Gehirnerschütterung erlitten, entwickelten innerhalb von 12 Monaten eine Depression. Diese Zahl wachse innerhalb von sieben Jahren nach der Verletzung sogar auf zwei Drittel der Betroffenen.

Während der kausale Zusammenhang nicht gänzlich geklärt sei, seien zum einen physische Veränderungen des Gehirngewebes sowie zum anderen die emotionale Verfassung nach einem schweren Unfall mögliche Einflussfaktoren.

Interviews mit betroffenen Jockeys oder deren Angehörigen hätten jedoch weitere Erklärungsansätze für die hohe Depressions- und Suizidrate im Pferdesport gebracht.

Einige hätten den Sport als „einsam“ und „erbittert“ beschrieben. Der Druck sei konstant hoch, die Konkurrenz gnadenlos. Auch große Erfolge seien bloß eine Momentaufnahme und gingen aus Perspektive des Jockeys oft unter einer deutlich größeren Zahl von Niederlagen unter.

Mentale Abhärtung als Lösungsansatz?

Einen Lösungsansatz bietet Lisa Hancock, die geschäftsführenden Leiterin des Injured Jockeys‘ Fund. Die gemeinnützige Organisation bietet Jockeys und ehemaligen Jockeys, die während des Sports Verletzungen erlitten haben, Unterstützung an.

Hancock erklärt, dass die psychologische Betreuung einen immer wichtigeren Stellenwert erlange. In diesem Fall sei der Bereich der Prävention nicht zu unterschätzen.

Wir wollen die Psyche der Jockeys und ihr Bewusstsein über psychische Gesundheit stärken […] Widerstandsfähigkeit ist ein gutes Wort. Ein stahlharter Kern plus die Bereitwilligkeit, zuzuhören. Die psychische Gesundheit der Menschen hat in unserem Sport höchste Priorität.

Eine Hürde sei jedoch, dass viele der Betroffenen sich schämten, offen über ihre Probleme oder Schwächen zu sprechen.

Der Pferdesport sei nach wie vor ein männerdominierter Sport und insbesondere Männer täten sich oft schwer, über ihre tiefsten Gefühle und Ängste zu sprechen. Umso wichtiger sei es, als Industrie offen mit dem Thema umzugehen, um die Tabuisierung langfristig zu beseitigen.