Donnerstag, 25. April 2024

Drogenbeauftragte beklagt „Wildwest­bedingungen“ beim Online Glücksspiel

Bundesrat in Berlin|Drogenbeauftragte Marlene Mortler

Im Vorfeld der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin hat die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (63), CSU, scharfe Regeln für das Online Glücksspiel gefordert. Sie beklagte die „Wildwestbedingungen“ in Deutschland und die derzeit fehlende Regulierung.

Drogenbeauftragte Marlene Mortler fordert Rechtsrahmen für Online Casinos und Sportwetten

Seit längerem ist in Deutschland eine Reform des Glücksspielstaatsvertrages geplant, doch auch für die heutige Ministerpräsidentenkonferenz ist keine abschließende Einigung in Sicht. So geht aus Meldungen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hervor, dass die Länderchefs den Sportwettenmarkt zwar vorerst öffnen wollen, eine große Reform zu den bestehenden Glücksspiel-Regelungen soll jedoch vertagt werden.

Im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deuschland (RND) die bestehende Situation angeprangert und einen umfassenden Rechtsrahmen für das Online Glücksspiel gefordert:

„Beim digitalen Glücksspiel herrschen in Deutschland die reinsten Wildwestbedingungen. So kann das einfach nicht weitergehen. Nichts ist geregelt. Es gibt keinen Jugendschutz, keinen Spielerschutz und auch keine Rechtssicherheit für die Spieler.“

Mortler wies darauf hin, dass vielen Spielern nicht bewusst sei, dass das Online Glücksspiel illegal sei und sie keine Sicherheiten hätten, dass ihnen die Gewinne ausgezahlt würden.

Online Casinos und Sportwetten im Netz

Bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Online-Glücksspiels treffen EU-Recht und nationales Recht aufeinander. Nach in Deutschland derzeit bestehendem Recht gilt in der Bundesrepublik für Glücksspiele das Staatsmonopol. Wird das Online-Glücksspiel jedoch von Unternehmen angeboten, die eine Lizenz aus einem Land der Europäischen Union wie Malta haben, befinden sie sich aufgrund des EU-Rechts in der Grauzone. Die Online Casinos werden dann zwar geduldet, aber dennoch als illegal angesehen.

Mortler wies darauf hin, dass klare Regeln zum Jugendschutz, zum Spielerschutz und zur Suchtprävention notwendig seien:

„Das beginnt mit einer Begrenzung der Spieleinsätze und Spielzeiten und reicht bis zu verpflichtenden Warnhinweisen und Informationen über Unterstützungsangebote.“

Weiterhin forderte die CSU-Politikerin die Regierungschefs der Bundesländer auf, sich auf eine bundesweite „Spielersperre“ zu einigen. Mit dieser könnten sich Spieler in Form der Selbstsperre selbst von allen Glücksspielen sperren lassen oder in Form der Fremdsperre durch Dritte, beispielsweise durch Familienmitglieder oder durch das Personal der Casinos, gesperrt werden.

Forderungen nach einem bundesweiten Sperrsystem

Drogenbeauftragte Marlene Mortler

Die Drogenbeauftragte Marlene Mortler spricht sich für eine zentrale Spielersperre aus. (Bild: Wikipedia)

Die Spielersperre ist zwar schon jetzt im Glücksspielstaatsvertrag (§ 8 GlüStV) aufgeführt, jedoch sind zu einem Sperrsystem nur staatliche Spielbanken und Veranstalter von Sportwetten und Lotterien mit besonderem Gefährdungspotenzial verpflichtet.

Online Casinos, die nicht in Deutschland, sondern in der EU lizensiert sind, fallen demnach nicht in die derzeit gültigen Regelungen zur Spielersperre und auch Sportwettanbieter, die keine deutsche Konzession erhalten haben, sind nicht ans Sperrsystem angeschlossen.

Ein zentrales Sperrsystem für die gesamte Bundesrepublik steht derzeit aus. In Hessen wurde das länderübergreifende System OASIS eingeführt, bei dem sich Spieler selbst sperren lassen können, aber auch durch das Casino Personal gesperrt werden können. Eine Ausweitung des Systems auf ganz Deutschland sei nach Meinung der Vertreter des Bundeslandes möglich, ist aber bisher nicht erfolgt.

In anderen Bundesländern ist eine Selbst- oder Fremdsperre in den einzelnen Spielhallen oder bei den Lottogesellschaften möglich. Allerdings wird immer wieder kritisiert, dass diese Sperre nur von wenigen Betroffenen genutzt wird. So hatte zum Beispiel der MDR Sachsen-Anhalt erst vor wenigen Tagen Zahlen veröffentlicht, nach denen sich in diesem Bundesland nur wenige Spieler sperren lassen.

Dem MDR lagen exklusiv Zahlen der Merkur Spielbanken Sachsen-Anhalt vor, nach denen dort insgesamt 201 Spieler gesperrt sind. In Leuna-Günthersdorf waren es 99 Spieler, in Magdeburg 92, die restlichen zehn Spieler sind in Halle gesperrt.

Ende 2018 lagen bei Lotto Sachsen-Anhalt insgesamt 61 Sperren vor. Dabei waren 13 der gesperrten Spieler von der Lottogesellschaft selbst gesperrt worden, in 48 Fällen handelte es sich um Spieler, die bereits durch Casinos oder durch andere Lottogesellschaften gesperrt worden waren.

Gemeinsame Glücksspielaufsicht aller Bundesländer als sinnvoll angesehen

Marlene Mortler forderte jedoch nicht nur eine Lösung für eine zentrale Spielersperre, sondern auch die Einrichtung einer gemeinsamen Glücksspielaufsicht. Bisher habe jedes Bundesland seine eigene Glücksspielaufsicht.

Dies hatte der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Fabian Gramling schon im vergangenen Oktober scharf kritisiert. Allein in Baden-Württemberg gäbe es laut dem CDU-Landtagsabgeordneten vier verschiedene Aufsichtsbehörden:

„Die Themen Suchtprävention und Kriminalitätsbekämpfung werden ad absurdum geführt, weil der Staat nicht in der Lage ist, alle Arten des Glücksspiels in gleicher Form zu kontrollieren.“

Er wies weiterhin darauf hin, dass ein Nebenaspekt der fehlenden Regulierung die dadurch verlorengegangenen Steuereinnahmen seien. Ein regulierter Markt sei zudem nicht nur im Interesse der Regierung, sondern auch der seriösen Anbieter, die sich Rechtssicherheit und einen Markt wünschten, an dem sie „ohne Restriktionen tätig sein“ könnten.

Marlene Mortler betonte, dass es dem Problem nicht gerecht werde, wenn sich die Ministerpräsidenten „wieder nur auf eine Teillösung einigen“. Vielmehr müsse nach der Ministerpräsidentenkonferenz eine umfassende Regulierung stehen.