Dienstag, 08. Oktober 2024

Erwägt Novomatic den Rückzug vom österreichischen Glücksspielmarkt?

Die Zentrale von Novomatic|Novomatic Forum Wien||Pamela Rendi-Wagner auf einem Podium

Die Novomatic-Gruppe, Österreichs größter Glücksspiel-Konzern, erwägt womöglich einen Ausstieg aus dem operativen Geschäft in der Alpenrepublik. Wie die Tageszeitung Kurier am Dienstag berichtete, denke das Unternehmen über einen Verkauf seiner Anteile an der Casino Austria AG nach.

Der Großaktionär des teilstaatlichen Casino-Betriebs war in den letzten Monaten wegen des Vorwurfs der Postenschacherei in den Fokus von Korruptionsermittlern geraten.

Die Entwicklung der „Casino-Affäre“ in Österreich

März 2019

FPÖ-Politiker Peter Sidlo (45) wird am 28. März 2019 zum neuen Finanzvorstand der Casinos Austria AG gewählt, obwohl erhebliche Zweifel an seiner Qualifikation zu bestehen scheinen.

 

Mai 2019

Das sogenannte „Ibiza-Video“ wird am 17. Mai 2019 veröffentlicht. Darin deutet Österreichs Ex-Vizekanzler Heinz Christian Strache (50, FPÖ) mögliche Absprachen zwischen österreichischen Parteien und Novomatic an. Es fällt die Aussage: „Novomatic zahlt alle“. Strache tritt am 18. Mai 2019 zurück.

Juni 2019

Die Tageszeitung der Standard berichtet über Ermittlungen der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Aus einem Durchsuchungsbefehl geht der Verdacht hervor, dass Teile von FPÖ und Novomatic die Ernennung Sidlos vereinbarten. Die FPÖ soll der Novomatic-Gruppe dafür politische Gefälligkeiten in Aussicht gestellt haben.

August 2019

Im Zusammenhang mit der „Casino-Causa“ finden Hausdurchsuchungen bei Strache, Sidlo und dem Novomatic-Chef Harald Neumann (57) statt.

November 2019

Am 12. November 2019 wird eine Hausdurchsuchung bei Ex-Finanzminister Hartwig Löger (54, ÖVP) und weiteren Beteiligten durchgeführt. Sichergestellte Kurznachrichten implizieren auch den ÖVP-Politiker in die Absprachen. Löger gibt bekannt, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen.

Ausstieg als Konsequenz illegaler Machenschaften?

Die österreichische Korruptionsstaatsanwaltschaft geht derzeit der Frage nach, ob es bei der Neubesetzung des Finanzvorstandspostens der Casinos Austria AG möglicherweise illegale Absprachen zwischen den Parteien ÖVP, FPÖ und der Glücksspiel-Firma Novomatic gegeben haben könnte.

Novomatic Forum Wien

Novomatic gilt als österreichisches Vorzeigeunternehmen, muss sich nun aber schweren Vorwürfen stellen. (Quelle: böhringer friedrich, licensed under CC BY-SA 3.0)

Wie kürzlich veröffentlichte Nachrichten zwischen den Akteuren nahelegen, wurde die Nominierung des FPÖ-Politikers Peter Sidlo im Vorfeld von Ex-Vizekanzler Heinz Christian Strache als auch Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und der Novomatic-Gruppe unterstützt.

Vermutet wird, dass Sidlo als Handlanger die Interessen von Parteien und Novomatic innerhalb der Casino Austria AG vertreten sollte, an der der österreichische Staat mit 33,24 % und die Novomatic-Gruppe mit 17,19 % beteiligt ist.

Novomatic, so der Vorwurf, habe sich im Gegenzug für die Unterstützung Sidlos, die Erteilung von Online-Casino-Lizenzen erwartet.

Die Betroffenen streiten dies ab. Im aktuellen Interview mit dem Kurier gab sich Novomatic-Chef Harald Neumann wegen der gespannten Situation in der „Casino-Affäre“ irritiert. Im Gespräch sagte der Manager:

„Wir haben uns das anders vorgestellt, als wir die Casinos-Anteile gekauft haben.“

Laut Kurier sei eine Diskussion über Konsequenzen in den nächsten Wochen geplant. Über die Details eines möglichen Ausstiegs bei den Casinos Austria habe sich Neumann nicht näher äußern wollen.

Das Nachrichtenportal heute.at mutmaßt, dass es sich um Auswirkungen für die Segmente Automatenspiel und Sportwetten handeln könne. Beide Unternehmensbereiche werden in Österreich von der Novomatic-Marke Admiral betrieben.

Bringt der Nationalrat Licht ins Dunkel?

Zeitgleich zu den Gerüchten über einen möglichen Ausstieg der Novomatic AG bei den Casinos Austria wurde am Dienstag im österreichischen Nationalrat eine Sondersitzung zur „Casino Causa“ einberufen.

Pamela Rendi-Wagner auf einem Podium

Pamela Rendi-Wagner von der SPÖ verspricht Aufklärung. (Quelle: SPÖ Presse und Kommunikation, licensed under CC BY-SA 2.0)

Diese war auf Drängen der NEOS und der SPÖ zustande gekommen.

Beide Parteien fordern eine lückenlose Aufklärung der Affäre um den möglichen Postenschacher zwischen FPÖ, ÖVP und der Novomatic-Gruppe.

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner (48) eröffnete die gestrige Sondersitzung der Parteien mit schweren Vorwürfen. Die Nachrichten zwischen Ex-Vizekanzler Strache und Ex-Finanzminister Löger hätten gezeigt, dass es „scheinbar Absprachen gegeben hat“.

ÖVP- und FPÖ-Politiker zeigten sich aufgrund der Vorwürfe provoziert. Herbert Kickl (FPÖ) vermutet eine Denunzierungskampagne gegen seine Partei, während ÖVP-Politiker Klaus Fürlinger auf die in Österreich geltende Unschuldsvermutung verwies.

Ob sich ÖVP- und FPÖ-Verantwortliche tatsächlich auf höchster Ebene an einem Postenschacher beteiligt haben oder davon wussten, könnte demnächst ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss klären.