Donnerstag, 25. April 2024

Fachkongress Glücksspiel: Experten bemängeln unzureichenden Spielerschutz

Technisches Rathaus Halle

Am Donnerstag richtete die bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS) den 11. Fachkongress Glücksspiel aus. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion ging es um das Thema „Neuer Glücksspielstaatsvertrag: Fluch oder Segen?“, bei der Vertreter aus Politik und Forschung sowie Spielerschützer den Glücksspielstaatsvertrag bewerteten. Dabei wurde überwiegend Kritik laut.

Einleitend stellte Anita Diesener vom Suchthilfezentrum Nürnberg Chancen und Risiken des Vertrages gegenüber. Positiv hob sie hervor, dass dieser eine klare und einheitliche Regelung sowie schützende Sperrmöglichkeiten biete. Auch Einsatzlimits seien grundsätzliche eine gute Idee.

Hohe Limits lösen Kritik aus

Demgegenüber stehe jedoch die viel zu hohe Grenze von 1.000 Euro pro Monat. Auch lasse sich dieses Online-Limit durch den Besuch in der Spielhalle um die Ecke leicht umgehen. Zudem sei der Spieler- und Jugendschutz beim Thema Werbung nicht berücksichtigt worden.

Kritisch bewertete Diesener die Funktionsfähigkeit der Kontrollbehörde aus Spielersicht:

Wenn ich Spielerschutz ernst nehmen will, brauche ich ein Organ, das das durchsetzt. Letztendlich steht und fällt alles mit der Kontrollbehörde.

Der Grünen-Politiker Tim Pargent bemängelte ebenfalls die seiner Meinung nach unzureichende Umsetzung einer wirksamen Glücksspielaufsicht. Er hätte bevorzugt, mit dem Start zu warten, bis die Behörde einsatzfähig sei. Zudem müsse sichergestellt sein, dass Präventions- und Behandlungseinrichtungen finanziell ausreichend ausgestattet seien.

Darüber hinaus würde den Anbietern zu viel Gestaltungsspielraum gelassen. So würden beispielsweise die Bonitätsprüfungen den Anbietern überlassen. Diese könnten im Einzelfall die Einsatzlimits von 1.000 Euro auf bis zu 30.000 Euro heraufsetzen.

Rechtskonformität vs. Spielerschutz

Armin Sedlmayr (FDP) betonte den Vorteil einer nun europarechtskonformen und „fairen Regulierung“ der Spielformen. Er verband dies mit der Hoffnung auf eine gesteigerte Kanalisierung in den legalen Glücksspielmarkt.

Gleichzeitig äußerte Sedlmayr die Befürchtung, dass die Regulierung zu einer Verschiebung vom terrestrischen hin zum Online-Angebot führen könnte. Als Beispiel führte er Mindestabstände an und fragte, ob diese noch ein zeitgemäßes Regulierungsinstrument seien.

Kurt Sirrenberg vom Betroffenenbeirat Bayern verurteilte hingegen den Staatsvertrag. Die terrestrischen Betreiber hätten bereits in der Vergangenheit ständig gegen behördliche Auflagen verstoßen. Er bezweifle sehr, dass sich dies im Online-Bereich ändere. Spielerschutz und Prävention blieben dabei auf der Strecke.

Dr. Tobias Hayer schließlich bezeichnete den Staatsvertrag als faulen Kompromiss:

Der neue Glücksspielstaatsvertrag bedient in erster Linie die Anbieter- sowie fiskalische Interessen und nicht die Belange des Gemeinwohls oder gesundheitspolitische Ziele.

Der Bereich Sportwetten zeige, wie sehr die Marketingaktivitäten bereits zugenommen hätten, so der Diplompsychologe. Er begrüßte die Initiative des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer, der vor wenigen Tagen umfassende Werbeeinschränkungen für Sportwetten gefordert hat.

In Bezug auf die Kontrollbehörde bemängelte Hayer deren mit 110 Mitarbeitern vergleichsweise dünne personelle Ausstattung. Zudem sehe er keine suchtfachliche Expertise in der Behörde. Um den Glücksspielstaatsvertrag suchtpräventiv sinnvoll auszugestalten, müsse diese Expertise unbedingt eingebunden werden.

In einer abschließenden Bewertung vergaben die Beteiligten Noten von 2 (Sedlmayr) bis 4-5 (Hayer, Sirrenberg, Diesener). Sie verbanden dies vor allem mit dem Wunsch nach einer konsequenten Kontrolle der Branche sowie einer Einschränkung der Werbung.