Freitag, 26. April 2024

Geldnot wegen Glücksspiel? Nachbar wegen Mordes an Mutter (†38) und Tochter (†9) in Berlin verurteilt

Engelsfigur Friedhof Der Doppelmord von Marzahn ereignete sich im Februar 2020 (Quelle:unsplash.com/Marek Studzinski)

Rund zwei Jahre nach dem brutalen Mord an einer 38-jährigen Frau und ihrer neunjährigen Tochter im Berliner Bezirk Marzahn ist der mutmaßliche Täter gestern zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Ali H. (34) aus Habgier tötete. Der Mann habe sich auch aufgrund regelmäßiger Spielhallenbesuche in Geldnöten befunden. Er sei von viel Bargeld in der Wohnung seiner Nachbarin ausgegangen und habe dieses an sich bringen wollen.

37 Messerstiche

Nach 55 Verhandlungstagen im Fall der im Februar 2020 ermordeten Homa Z. und ihrer Tochter Tajala kam der Prozess gegen Ali H. gestern in Berlin zu einem Ende. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts verurteilte den 34-Jährigen wegen zweifachen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe.

Zusätzlich erkannten die Richter die besondere Schwere der Schuld bei dem Angeklagten. Eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung nach 15 Jahren dürfte damit ausgeschlossen sein.

Der Fall hatte im Februar 2020 auch medial hohe Wellen geschlagen. Der Ehemann und Vater Ahmad Z. hatte seine Frau und seine Tochter brutal ermordet in der gemeinsamen Wohnung in Marzahn aufgefunden. Zum Betreten der Wohnung hatte er zunächst einen Schüsseldienst beauftragen müssen, weil sich die Tür aufgrund eines innensteckenden Schlüssels nicht hatte öffnen lassen. Der nun verurteilte Ali K. hatte Ahmad Z. zu diesem Zeitpunkt Hilfe angeboten. Später  präsentierte er sich auch öffentlich als trauernder Freund der Familie.

In ihrer 70-minütigen Urteilsbegründung habe die Vorsitzende Richterin Medienberichten zufolge keinen Zweifel an der Grausamkeit gelassen, mit der der mutmaßlich spielsüchtige Ali H. seine Opfer getötet habe.

Homa Z. war mit 37 Messerstichen getötet worden. Die neunjährige Tochter, so sah es das Gericht als erwiesen an, war danach zur Verdeckung des ersten Mordes erdrosselt worden.

Geld ins Casino getragen

Bei der brutalen Tat an der 38-Jährigen sahen die Richter die Mordmerkmale Habgier und Ermöglichung einer Straftat erfüllt. Ali H. habe in der Wohnung der Familie, mit der er gut bekannt gewesen sei, eine nicht geringe Menge an Bargeld vermutet und an sich bringen wollen.

Sein vorangegangener Versuch, Homa Z. dazu zu bringen, ihm Geld auszuhändigen, sei gescheitert. Zudem komme in Betracht, dass sich Ali H. von seiner gebildeten und als gutsituiert geltenden Nachbarin angezogen gefühlt habe, so die Richterin:

Der Nachbar (…) verspielte regelmäßig Geld. Die Familie hielt sich so über Wasser. Gewalt ist ihm nicht fremd, drei Kinder waren ein Jahr in Obhut des Jugendamts. Ein eher zwielichtiger Charakter. Von sich als Frauenheld überzeugt (…) Er fühlte sich zu ihr hingezogen. Möglicherweise eine Wunschvorstellung. Er hatte bei der Bank nach 20.000 Euro Kredit gefragt. War im Spielcasino. Hatte Streit mit seiner Ehefrau.

Eine Geldkassette mit 20.000 EUR habe der Täter in der Wohnung mutmaßlich übersehen und zurückgelassen. Dafür habe Ali H. am Tatort mit einem aus der eigenen Wohnung geholten Feuerlöscher gesprüht, um Spuren zu verwischen.

Dennoch hätten DNA-Hinweise die Ermittler später auf die Spur des Nachbarn gebracht. Zudem habe Ali H. die Taten laut eines Zeugen während der Untersuchungshaft gestanden.

Verteidiger spricht von Fehlurteil

Hinweise auf einen anderen, unbekannten Täter, den die Verteidigung ins Spiel gebracht hatte, erkannte das Gericht nicht. Dieser hätte nicht nur selbst keinerlei Spuren hinterlassen, sondern auch die DNA von Ali H. vorsätzlich an den Opfern platziert haben müssen. Ein von der Ehefrau des Angeklagten bestätigtes Alibi sei „schlichtweg gelogen“.

Anders sehen dies die Anwälte von Ali K. Laut Berliner Zeitung habe einer der Verteidiger erklärt, dass er das Gericht während des Prozesses vor einem Fehlurteil habe bewahren wollen.

So spreche die besondere Brutalität der Taten gegen seinen Mandanten als Täter, da dieser kein Motiv gehabt habe, die Opfer in dieser Form zu hassen. Vielmehr machten die Taten den Eindruck eines „Racheakts der organisierten Kriminalität“.

Das Urteil gegen Ali K. ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung kündigte an, in Revision zu gehen.