Donnerstag, 28. März 2024

Großbritannien: Hohe Präsenz der Glücksspiel-Werbung im Radio bei Fahrt zur Schule

Auto

Glücksspiel-Anbieter gehören in Großbritannien zu den Werbetreibenden, die die meisten Werbespots im Radio zu einer Zeit ausstrahlen, in der sich Kinder gerade im Auto auf dem Weg zur Schule befinden. Dies haben neueste Analysen der britischen Tageszeitung The Guardian ergeben.

Wie der Guardian am heutigen Montag bekanntgegeben hat [Seite auf Englisch], habe er das Marktforschungsunternehmen Nielsen mit einer Analyse der Glücksspiel-Werbung im Radio beauftragt. Den Ergebnissen zufolge sei die Glücksspiel-Werbung besonders zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr sowie zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr präsent.

Statistiken der britischen Regierung zufolge befinden sich zu diesen Uhrzeiten Millionen von Kindern im Auto. Insgesamt gibt es in Großbritannien 8,9 Mio. Schulkinder. Aktuellen Untersuchungen des britischen Verkehrsministeriums zufolge betrug der Anteil der 5- bis 10-Jährigen, die im Auto zur Schule gefahren werden, im Jahr 2020 47 %. Unter den 11- bis 16-Jährigen gelangten 28 % und damit mehr als ein Viertel mit dem Auto zur Schule.

Zu dieser Zeit würden die Glücksspiel-Anzeigen nur von Beiträgen der Regierung, einschließlich Covid-19-Nachrichten, überschritten. Insgesamt komme das Glücksspiel innerhalb der vergangenen zwölf Monate auf eine Sendezeit von 1.200 Stunden.

Für Minderjährige verboten und trotzdem beworben

Spielerschützern zufolge seien diese Zahlen ein deutliches Zeichen dafür, dass die Richtlinien für Glücksspiel-Werbung einer Überprüfung bedürften. So habe die Sozialwissenschaftlerin Heather Wardle von der Universität Glasgow darauf hingewiesen, dass Glücksspiel-Werbung zwar auf Erwachsene ausgerichtet sei, sie aber Kinder im Radio ständig erreiche.

Wardle weiter:

Untersuchungen der Gambling Commission zeigen, dass 7 % der Kinder, die Glücksspiel-Werbung ausgesetzt sind, angaben, durch das Sehen oder Hören der Werbung zum Spielen verleitet zu werden, obwohl sie dies gar nicht vorhatten.

Ein Sprecher des Glücksspielverbandes Betting and Gaming Council (BGC) dagegen habe angegeben, die Mitglieder des Verbandes hielten sich an die strikten Regeln der Werbeaufsichtsbehörde. Vor zwei Jahren habe der Verband zudem begonnen, eine Reihe von Maßnahmen zu entwickeln, die über die Anforderungen der Werbeaufsicht hinausgingen.

Die Kritik richtet sich jedoch nicht nur gegen Online-Casino-Anbieter, sondern betrifft auch Lotterie-Werbung. Auf seine Werbung im Radio hin befragt, erklärte ein Sprecher des Lotterieanbieters Camelot,  es sei für den Anbieter schlichtweg notwendig, zu jeder Tageszeit Werbung zu machen, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen.

Es sei allerdings „allgemein anerkannt“, dass das mit Lotteriespielen verbundene Risiko der Glücksspielsucht äußerst gering sei. Tatsächlich sind Studien, die das Suchtpotenzial von Lotterien untersuchen, rar. Eine spezifische Erhebung hierzu aus dem Jahr 2007 hat jedoch gezeigt, dass 15 Prozent der 171 befragten Lottospieler die Kriterien des pathologischen Spielens erfüllten.

Ob eine künftige Neuregulierung der Werberichtlinien auch Lotterie-Anbieter treffen wird, bleibt allerdings abzuwarten.