Samstag, 12. Oktober 2024

Großbritannien eröffnet Suchtkliniken für jugendliche Spieler

Tisch mit Chips

Großbritanniens Nationaler Gesundheitsdienst (NHS) hat am Wochenende die Eröffnung von 14 Kliniken für suchtkranke, jugendliche Spieler bekanntgegeben.

Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete Organisation will mit den Suchtkliniken ein Unterstützungssystem für pathologische Spieler im Alter zwischen 13 und 25 Jahren aufbauen.

Die UK Gambling Commission, Großbritanniens Glücksspielaufsichtsbehörde, schätzt die Zahl der 11 bis 16-jährigen Spieler mit problematischem Spielverhalten derzeit auf 55.000. 450.000 Kinder und Jugendliche spielten bereits regelmäßig.

Ein Langzeitplan gegen krankhaftes Spielen

Das Logo der NHS in Großbuchstaben

Die britische NHS will mit 14 Kliniken suchtkranken Spielern helfen. (Quelle: Wikipedia)

Sowohl Politiker als auch Suchtforscher und Interessenverbände fordern in Großbritannien schon seit Jahren effektive Hilfe für suchtkranke Spieler aller Altersgruppen. Die bedrohlich wachsende Zahl jugendlicher und heranwachsender Spieler scheint für die britischen Behörden nun den Ausschlag für einen Langzeitplan gegen die Spielsucht gegeben zu haben.

Er umfasst die Eröffnung von 14 Suchtkliniken, von denen die erste noch in diesem Sommer im nordenglischen Leeds ihre Pforten öffnen soll. Ähnliche Einrichtungen sollen in den kommenden Monaten in Sunderland und Manchester folgen.

Suchtkranken und ihren Angehörigen versprechen die Kliniken psychologischen Beistand. Simon Stevens, Chef der NHS in England, begründet die Notwendigkeit der Anlaufstellen vor allem mit der verstärkt nachweisbaren Verbindung von Glücksspiel, Stress, Depressionen und weiterer psychischer Erkrankungen, die bereits zu viele Familien zerstört hätten.

Aktuell betreibt die NHS in Großbritannien nur eine Einrichtung, die sich explizit um die psychologischen Probleme Spielkranker kümmert. Die „National Problem Gambling Clinic“ befindet sich in London und offeriert neben psychotherapeutischer Einzeltherapie auch Paartherapien und Unterstützungsgruppen. Der Dienst ist bisher jedoch erst für Personen ab 16 Jahren zugänglich.

Große Unterstützung aus Politik und Gesellschaft

Große Unterstützung erfährt das Vorhaben nicht nur bei den britischen Parlamentsabgeordneten, sondern auch bei Gruppen, die schon seit Jahren für bessere Hilfsprogramme für suchtkranke Jugendliche streiten.

So zitierte die BBC den englischen Gesundheitsminister Matt Hancock, der die Eröffnung der neuen Kliniken begrüßte und im Zuge der Nachricht nochmals die schädlichen Einflüsse des Glücksspiels auf Jugendliche unterstrich:

Ich habe aus erster Hand erfahren, welch zerstörerischen Einfluss die Spielsucht auf das Leben von Menschen haben kann und ich bin entschlossen, alles zu tun, um den Betroffenen die Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen, die sie brauchen.

Wir wissen, dass zu viele junge Menschen durch problematisches Glücksspiel in Schwierigkeiten geraten. Diese neue Kliniken werden auch untersuchen, was wir noch tun können, um ihnen zu helfen.

Zustimmung erhielt das Projekt auch von der Initiative „Gambling with Lives“ (Link auf Englisch), die sich für Suizidprävention bei pathologischen Spielern und der Unterstützung ihrer Familien einsetzt. Sie geht davon aus, dass in Großbritannien bis zu 550 Selbstmorde pro Jahr im Zusammenhang mit der Spielsucht stehen könnten.

Wer zahlt die Rechnung?

Matt Hancock im Portrait

Matt Hancock befürwortet die Kliniken. (Quelle: Wikipedia)

Unmut regt sich indessen darüber, wer die kostspieligen Präventions- und Behandlungsprogramme bezahlen soll. Carilyn Harris, Vorsitzende einer parteiübergreifenden Kontrollgruppe des britischen Parlaments, beurteilt die hohen Kosten der NHS als unfair und fordert das Geld von den Glücksspielunternehmen. Sie müssten für den Schaden aufkommen, den sie anrichteten.

Letztes Jahr stellten Online Casinos und Buchmacher in Großbritannien 10 Millionen Pfund (ca. 11 Millionen Euro) für Suchtforschungs- und Therapieprogramme zur Verfügung. Dieser Betrag könnte sich zukünftig vervielfachen.

Wie englische Medien letzte Woche berichteten, versprachen die Besitzer der Glücksspielfirmen Betfair Paddy Power, Skybet, William Hill, Coral Ladbroke und Bet 365 in einem Brief an das britische Ministerium für Digitales, Kultur und Sport jährlich bis zu 1 Milliarde Pfund (ca 1,1 Milliarden Euro) für gemeinnützige Projekte, die sich für Suchtprävention und Spielerschutz einsetzen.

Streitthema Glücksspielwerbung

Ein größerer Beitrag der Glücksspielunternehmen wurde in der Vergangenheit besonders wegen der aggressiven Werbung der Firmen gefordert. Die britische Werbekontrollagentur ASA strafte in den vergangenen Monaten immer wieder Online Casinos ab, die sich mit ihrer Werbung richtlinienwidrig an Kinder und Jugendliche wandten. Der britische Werbecode sieht unter anderem vor, dass Glückspielwerbung mit Sportlern, Stars oder bekannten, animierten Charakteren nur dann platziert werden dürfe, wenn durch sie nicht potenziell Minderjährige angesprochen würden.

Ob die Zeche am Ende nicht doch die NHS zahlt, werden die nächsten Monate zeigen. Laut dem Chef der Remote Gambling Association, dem Verband der britischen Online-Glücksspielunternehmen, befürworteten die Mitglieder der Vereinigung aber immerhin die Eröffnung der neuen Suchtkliniken.