Sonntag, 08. Dezember 2024

Ibiza-U-Ausschuss: Ex-Kanzler Kern zu Ibiza-Video und Wirecard-Informanten befragt

Ex-Bundeskanzler Christian Kern beim Ibiza-Untersuchungsausschuss

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-U-Ausschuss) hat heute zum 39. Mal in Wien getagt. Als Zeugen gebeten waren Österreichs Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Ex-Kanzler-Sprecher Thomas Landgraf.

Wie das Nachrichtenportal Vienna berichtet, sei zum wiederholten Male das sogenannte Ibiza-Video Gegenstand der Befragungen gewesen. Kern habe diesbezüglich bestätigt, dass das Video, in welchem Ex-Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) den Satz „Novomatic zahlt alle“ aussprach, 2017 auch seiner Partei zum Kauf angeboten worden sei.

Ibiza-Video war für die SPÖ nicht von Interesse

Dies hatten Ende Januar auch der einstige SPÖ-Kampagnenleiter Johannes Vetter und der SPÖ-nahe Ex-ORF-Stiftungsrat Nikolaus Pelinka vor dem Ausschuss ausgesagt.

Laut Aussage Kerns seien die Macher des Videos damals an Pelinka herangetreten. Dieser habe dann ihn und Parteianwalt Thomas Drozda über das Verkaufsangebot informiert. Für Kern habe jedoch damals festgestanden, dass man „damit nichts zu tun haben“ wolle.

Es habe sich schließlich „offenbar um eine schwierige und halbseidene Sache gehandelt“. Per Brief habe man den Machern des Videos zwei Wochen später mitgeteilt, kein Interesse zu haben.

Der ÖVP-Abgeordnete Christian Stocker habe Kern anschließend gefragt, warum er dem Parteianwalt der SPÖ im November letzten Jahres „verboten“ habe, in gleicher Sache eine Aussage zu machen. Kern habe daraufhin nur entgegnet:

Wenn Sie versuchen, daraus eine SPÖ-Geschichte zu konstruieren, sind sie auf dem Holzweg.

Er habe damals nicht gewusst, worum genau es sich bei dem angebotenen Videomaterial gehandelt habe. Ihm seien lediglich „Informationsschnippel“ gegeben worden.

Befragungen laut SPÖ weitere Zeitverschwendung

Neben Kern sagte heute auch Thomas Landgraf, der ehemalige Sprecher des Ex-SPÖ-Kanzlers Werner Faymann, aus. Wie Die Presse berichtet, sei die einstündige Befragung des Wiener Unternehmers fruchtlos gewesen. Er habe „wenig bis gar keine Wahrnehmung zu den Beweisthemen“ und sei „ratlos“, warum die ÖVP ihn vor den Ausschuss geladen habe.

Dass die Befragungen der beiden Zeugen keine großen Erkenntnisse liefern würden, habe die SPÖ nach Aussage von Fraktionsführer Kai Jan Krainer bereits im Vorfeld gewusst. Gegenüber der Presse sagte er:

Heute ist ein ÖVP-Tag. Das heißt, wir erwarten von den heutigen Befragungen an und für sich überhaupt keinen Beitrag zur Aufklärung über die mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung.

Ebenso wie die Fraktionsführerin der NEOS, Stephanie Krisper, wirft auch Krainer der ÖVP seit Monaten vor, die Arbeit des Ausschusses bewusst zu sabotieren, indem durch „sinnlose“ Zeugenbefragungen Zeit verschwendet werde.

Wirecard-Skandal erstmals Thema im Ausschuss

Österreichischen Medienberichten zufolge sei heute auch erstmals der deutsche Wirecard-Skandal Thema im U-Ausschuss gewesen. So scheinen sich die Causa Casinos, die Causa Novomatic und der Bilanz-Skandal rund um den Finanzdienstleister Wirecard mehr und mehr zu überschneiden.

Im Zentrum der Überschneidungen steht Julian H., der mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos. Sowohl bei den parlamentarischen Untersuchungen in Österreich als auch in Deutschland ist dieser zurzeit ein gefragter Zeuge.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, sei H. am Dienstag nach Österreich ausgeliefert worden. Dort werde für ihn nun ein Antrag auf Untersuchungshaft gestellt.

In der heutigen Sitzung des Ibiza-U-Ausschusses habe FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker das Thema auf H. gelenkt. So wolle dieser im Besitz weiterer Videos sein, die für österreichische Politiker sehr unangenehm werden könnten. Dabei gehe es um „Hinterzimmer in Clubs und Drogenkonsum“.

Hafenecker habe Kern gefragt, ob er darüber etwas wisse. Dieser habe jedoch verneint. H. selbst solle in den nächsten Wochen ebenfalls vor dem Ausschuss aussagen. Ob daraus weitere Skandale resultieren könnten, bleibt abzuwarten.