Donnerstag, 25. April 2024

Kroatien steht im WM-Finale und schreibt Fußballgeschichte

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Kroatien ist im Finale (Bild: zdf.de)

Im gestrigen zweiten Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland hat die kroatische Mannschaft von Trainer Zlatko Dali? für eine handfeste Überraschung gesorgt. Mit 2:1 besiegten die Kroaten in der Verlängerung England und erreichen damit zum ersten Mal in ihrer Verbandsgeschichte ein WM-Finale.

Frühes Tor bringt England in Führung

Harry Kane gegen Danijel Subaši?

Harry Kane gegen Danijel Subaši? (Bild: welt.de)

Nach einem Foul von Modri? an Dele Alli kam es in der 5. Minute zum Freistoß für England. Kieran Trippier brachte sein Team aus 22 Metern in Führung, als er den Ball meisterhaft über die Mauer in die rechte obere Ecke des Kastens beförderte.

Keeper Danijel Subaši? hatte dem nichts mehr entgegenzusetzen. Es war bereits das neunte seiner insgesamt zwölf Tore, das England bei dieser WM aus einer Standardsituation heraus erzielte.

Die Mannschaft von Trainer Gareth Southgate ließ nicht locker und erspielte sich in der 14. Minute eine weitere Chance, als Harry Maguire nach einer Hereingabe von Trippier am Tor vorbei köpfte. Wenig später bekam Superstar Harry Kane von Jesse Lingard eine Doppelchance serviert, scheiterte diesmal jedoch an Torhüter Subaši? und dem Pfosten. Zur Halbzeit führten die deutlich überlegenen Engländer verdient gegen müde wirkende Kroaten.

Ivan Periši? erzielt den heiß ersehnten Anschlusstreffer

Doch Kroatien stellte ein weiteres Mal unter Beweis, dass es sich auch von einem Rückstand nicht entmutigen lässt und sich zurück ins Spiel kämpfen kann. Zwar brauchten die Kroaten dafür ganze 63 Minuten, doch das erlösende Tor von Ivan Periši? in der 68. Minute ließ den Knoten platzen und machte eine zerfahrene Partie schließlich doch noch zu einem packenden Spiel.

Ivan Periši? in Russland

Ivan Periši? (Bild: sportschau.de)

Inmitten von passiv agierenden Engländern und nach einer Flanke von Šime Vrsaljko nutzte Periši? seine Chance im Zentrum und versank das Leder im Netz.

Obwohl weder Schiedsrichter Cüneyt Çak?r noch die Videoassistenten Bedenken anmeldeten, war der Treffer mit gestrecktem Bein von Periši? in unmittelbarer Nähe zu Kyle Walkers Kopf eine durchaus kritische Sache.

Der Ausgleich nach über 60 Minuten brachte die Kroaten zurück ins Spiel, die ab dann beeindruckend aufspielten. England wurde nervös und ließ in der 72. und 74. Minute gleich die nächsten Chancen für einen schussverrückten Periši? zu, der jedoch beide Male nur den Pfosten traf. Am Ende geht es nach einer ansonsten torlosen regulären Spielzeit in die dritte Verlängerung in Folge für Kroatien.

Mario Mandžuki? wird zum Nationalhelden

In der Verlängerung wurden beide Mannschaften noch einmal an ihre Grenzen gebracht. Nach einer Ecke von Eric Dier köpfte John Stones gefährlich aufs Tor. Vrsaljko klärte jedoch und die Partie ging weiter. Nach einer flachen Hereingabe von Periši? auf Mandžuki? in der 105. Minute, scheiterte dieser am reaktionsschnellen englischen Keeper Jordan Pickford wenige Meter vor dem Tor.

Mario Mandžuki? trifft gegen Jordan Pickford

Mario Mandžuki? trifft gegen Jordan Pickford (Bild: zdf.de)

Obwohl zunächst alle Zeichen auf ein erneutes Elfmeterschießen standen, machte Mario Mandžuki? in der 109. Minute den Traum vom Finale doch noch perfekt und verwandelt einen erkämpften Kopfball von Periši? zum 2:1.

Nach einem Zusammenstoß mit Pickford kurz zuvor war es zunächst sogar noch unklar, ob der Stürmer von Juventus Turin überhaupt weiterspielen kann.

Heimatländer hoffen und bangen

Obwohl England in der ersten Hälfte klar dominierte, beflügelte die Aussicht auf den Einzug ins Finale und damit den größten Erfolg der Fußballgeschichte des Landes die kroatische Mannschaft und verlieh den Spielern trotz Müdigkeit einen letzten Ausdauerschub, Schnelligkeit und den unbedingten Willen, sich Bälle zu erobern. Während die Engländer bereits früher an ihre Grenzen kamen, gab es bei Kroatien noch Luft nach oben.

England stand im Gegensatz dazu unter einem hohen Erwartungsdruck aus der Heimat. Seit dem ersten und bisher einzigen WM-Titel 1966 wartet das Mutterland des modernen Fußballs [Seite auf Englisch] nun schon darauf, dass „der Fußball nach Hause kommt“. Die Enttäuschung in England dürfte nun dementsprechend groß sein. Die Mannschaft von Gareth Southgate erwies sich jedoch als fairer Verlierer und hat als eins der jüngsten Teams überhaupt bei dieser WM ein tolles, temporeiches Turnier gespielt.

Verbesserungspotenzial besteht nach der Erfahrung gegen Kroatien vor allem noch im Mittelfeld, einer allumfassenden Strategie und der Fähigkeit, auch aus dem Spiel heraus Tore zu erzielen. Ob sie das umsetzen können, müssen die Spieler am Samstag unter Beweis stellen. Dann tritt England im Spiel um Platz 3 gegen Belgien an.

Am Sonntag geht es gegen Favorit Frankreich

Mit Kroatien steht jetzt ein Außenseiter im großen Finale gegen Frankreich. Dieser Erfolg ist neben Trainer Zlatko Dali? auch dem kroatischen Superstar Luka Modri? zu verdanken, der eine überragende WM gespielt und als Kapitän und Spielemacher im Mittelfeld seine Mannschaft immer auf Kurs gehalten hat. Auch wenn der 32-Jährige weniger auffällt als die eigentlichen Torschützen, so hat er doch stets dazu beigetragen, Chancen überhaupt erst herauszuspielen.

Kroatien stand 1998 nach einem Sieg gegen Deutschland zum letzten Mal in einem WM-Halbfinale, eine Finalteilnahme ist jedoch absolutes Neuland für das 4-Millionen-Einwohner-Land. Die Stimmung an der Adria ist dementsprechend euphorisch wie nie zuvor.

Obwohl Frankreich mit Stars wie Oliver Giroud, Paul Pogba, Antoine Griezman oder Ousmane Dembele und einem WM-Titel von 1998 in der Tasche als klarer Favorit ins Spiel am 15. Juli geht, haben die Kroaten dennoch das Zeug zum Titel. Dass man sie nicht unterschätzen darf, bewiesen sie gestern gegen England, das vor dem Spiel von den Buchmachern als Sieger gehandelt wurde.