Samstag, 27. April 2024

Drogenbeauftragte: Mangelnde Kontrolle des Online-Glücksspiels in Deutschland

Daniela Ludwig

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), hat den Bundesländern in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland die unkontrollierte Freigabe des Online-Glücksspiels vorgeworfen. Dies berichtete das Wirtschaftsportal Finanznachrichten am Montagmorgen.

Am 1. Juli ist der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) in Kraft getreten. Das Online-Glücksspiel ist somit in Deutschland legal. Allerdings würden die Vorgaben in Bezug auf den Kinder- und Jugendschutz ignoriert, so Ludwig.

Durch die Omnipräsenz der Werbung würden Bemühungen zur Suchtbekämpfung untergraben. Zudem werde die Einhaltung der Regeln nur unzureichend kontrolliert. Dies sei ein Rückschlag bei der Suchtbekämpfung. Die Drogenbeauftragte sehe sich in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt.

Ludwig bezog sich in ihrem Statement insbesondere auf die Werbung für Sportwetten:

Es ist mit einem wirkungsvollen Jugendschutz nicht vereinbar, dass bereits tagsüber für Sportwetten geworben werden darf, wie es etwa während der Fußball-Europameisterschaft täglich der Fall war.

Nachbesserung des Glücksspielstaatsvertrags erforderlich

Auch für Sportwetten-Werbung müsse mindestens die 21-Uhr-Grenze wie für Online-Casinos gelten, so die Drogenbeauftragte. Gerade für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sei Glücksspiel ein erhebliches Risiko.

Zudem könne das Glücksspiel Familien in den materiellen Ruin treiben. Daher sei eine Nachbesserung des Glücksspielstaatsvertrags vonnöten. Ein weiterer Kritikpunkt sei, dass die Aufsichts- und Kontrollbehörde erst am 1. Januar 2023 voll einsatzbereit sei.

Kritik am Glücksspielstaatsvertrag

Im GlüStV sind eine Reihe Maßnahmen vorgegeben, die dem Spielerschutz dienen sollen. So gibt es ein anbieterübergreifendes monatliches Einzahlungslimit von 1.000 Euro und ein Einsatzlimit von 1 Euro pro Spielrunde.

Auch bei der Werbung für Sportwetten gibt es Einschränkungen. Aktiven Sportlern ist es nicht mehr erlaubt, für Sportwetten-Anbieter zu werben. Allerdings ist es möglich, dass Spieler, die kein Amt mehr bekleiden, als Markenbotschafter fungieren. Zum Beispiel wirbt Lothar Matthäus für den Online-Buchmacher Interwetten.

Geht es nur ums Geld?

Der Bremer Psychologe und Suchtforscher Tobias Hayer kommentierte, dass der Glücksspielmarkt ein Milliardengeschäft sei, von dem auch der Staat profitiere. So habe der Fiskus nach Angaben der Aufsichtsbehörden im Jahre 2019 mit dem legalen Glücksspielmarkt rund 5,4 Mrd. Euro an Steuern eingenommen. Für die Steuern auf Alkoholika seien hingegen nur 3,1 Mrd. Euro an die öffentliche Hand geflossen.

Hayer kritisierte:

Dieser Staatsvertrag ist ein fauler Kompromiss. Er bedient in erster Linie die wirtschaftlichen Interessen der Glücksspielanbieter, aber nicht die Interessen des Gemeinwohls.

Wie sich der GlüStV auf das Spielverhalten auswirken werde, werde sich erst in einigen Jahren zeigen, so Hayer. Der Suchtforscher bedauerte, dass der Sonderweg in Schleswig-Holstein nicht wissenschaftlich begleitet worden sei. Dies hätte Erkenntnisse gebracht, die für eine deutschlandweite Einschätzung der Situation hätten wertvoll sein können.