Freitag, 26. April 2024

Neue Richtlinien: Glücksspiel-Werbung auf Telegram?

Frau hält Smartphone in den Händen Telegram Telegram sendet mit seinem neuen Werbe-Angebot gemischte Signale zum Thema Glücksspiel (Quelle: unsplash.com/Christian Wiediger)

Der Messenger-Dienst Telegram bietet Werbekunden seit Ende vergangenen Jahres die Möglichkeit, Anzeigen zu schalten. Dabei scheint das Unternehmen widersprüchliche Signale zu senden. Laut Nachrichten-Webseite netzpolitik.org klassifiziere der offiziell in Dubai ansässige Konzern das Glücksspiel als unerwünschten Werbeinhalt. Gleichzeitig hätten Interessierte die Möglichkeit, ihre Werbung explizit im Kontext „Wetten und Glücksspiel“ anzeigen zu lassen.

Werbung auf Telegram: 10 Mio. EUR in 12 Monaten

Die Plattform netzpolitik.org befasst sich in einer aktuellen Recherche mit den neuen Werbeangeboten innerhalb des Messengers Telegram. Seit November 2021 bietet die WhatsApp-Alternative die Möglichkeit, sogenannte „Sponsored Messages“ in Kanälen mit über 1.000 Abonnenten ausspielen zu lassen.

Die Rahmenbedingungen sollen es jedoch in sich haben. So verlange Telegram zur „Sicherung und Aufrechterhaltung der hohen Content-Qualität“ eine Mindest-Vorauszahlung von 2 Mio. EUR. Die Hälfte hiervon werde als eine Art Kaution hinterlegt.

Der Instant-Messaging-Dienst Telegram wurde 2013 von den russischen Brüdern Nikolai und Pawel Durow gegründet und soll weltweit monatlich über 500 Mio. aktive Nutzer haben. Die Finanzierung sei Pawel Durow zufolge bislang aus seiner eigenen Tasche erfolgt.

Das Forbes-Magazin führt den 37-Jährigen mit einem Echtzeit-Nettovermögen (Stand 9. Februar 2022) von umgerechnet rund 15,1 Mrd. EUR an Stelle 112 der reichsten Menschen der Welt.

In Deutschland steht Telegram in der Kritik, weil Nutzer den Dienst weitgehend ungestört zur Radikalisierung und Verbreitung strafrechtlich relevanter Inhalte nutzen können.

Beende der Kunde die Zusammenarbeit vorzeitig bzw., ohne binnen 12 Monaten 10 Mio. EUR in seine Werbung auf Telegram investiert zu haben, behalte der Konzern die Million ein.

Neben der Sprache, in der die maximal 160 Zeichen umfassenden Nachrichten dargestellt würden, kann der Werbekunde auch den Kontext bestimmen, in dem die Anzeige erscheinen soll. Laut netzpolitik.org stünden aktuell rund 40 Themen zur Auswahl. Hierunter auch der Bereich „Wetten und Glücksspiel“.

No-Gos bei Telegram-Werbung: Glücksspiel und Körperflüssigkeiten

An wen sich die Auswahlmöglichkeit „Wetten und Glücksspiel“ richtet, scheint jedoch unklar. Betreiber von Online-Casinos und Co. dürfen ihre Zielgruppe jedenfalls nicht per Ad ansprechen.

So führt Telegram das Glücksspiel in seinen Werberichtlinien explizit als „verbotenen Inhalt“ auf. Unter Punkt 5.6 der Ad Policies and Guidelines heißt es:

 

Anzeigen dürfen nicht für Online- oder Offline-Glücksspiele, Glücksspiele oder Casino-Aktivitäten werben, bei denen es um echtes Geld, Preise oder Waren von beliebigem Wert geht.

 

Beispiele:

  • Glücksspiele oder Casinos, einschließlich Sportwetten, Lotterien, Bingo, Fantasy Sports
  • Tipps, Quoten, Vorhersagen, einschließlich Sportwetten, Quotenrechner

Ebenfalls offiziell tabu sind unter anderem Inhalte schockierender und sexueller Natur, Drogen, Waffen und tendenziell schädliche Finanzprodukte und -dienstleistungen. Auch für Waren „fragwürdiger Legalität“ darf nicht geworben werden Hierunter fasst Telegram unter anderem den „Verkauf von Körperteilen, inklusive Körperflüssigkeiten“.

Glücksspiel: Telegram sendet unterschiedliche Signale

Mit seinen Werbevorgaben folgt Telegram der Linie anderer großer Online-Plattformen im Umgang mit dem Glücksspiel. Es gibt jedoch mindestens einen großen Unterschied. So klassifizieren beispielsweise YouTube und Twitch Glücksspiel-Inhalte als generell werbeunfreundliches Umfeld. Entsprechend sind derartige Streams und Videos von der Monetarisierung ausgeschlossen und bringen ihren Betreibern somit kein Geld über die Plattform ein.

Demgegenüber erlaubt Telegram ebenfalls keine direkte Werbung für Glücksspiel, präsentiert Kanäle mit Glücksspiel-Inhalten Anzeigenkunden jedoch explizit als Werbe-Umfeld. Zwar erklären die Verantwortlichen, die Werbegelder in „Infrastruktur und die Gehälter der Entwickler“ fließen zu lassen, inwieweit Kanalbetreiber künftig mit der offiziellen Telegram-Werbung Geld verdienen könnten, ist jedoch unklar.

Laut netzpolitik.org stößt das neue Werbe-Angebot des Messenger-Dienstes bei deutschsprachigen Anzeigenkunden bislang auf keine große Resonanz. Es bleibt abzuwarten, ob und welche Unternehmen sich künftig via Telegram konkret auch an Glücksspiel-interessierte Nutzer wenden werden.