Freitag, 29. März 2024

Forscher: Neues Glücksspiel soll bei der Früherkennung von problematischem Spielverhalten helfen

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Wissenschaftler der englischen Northumbria Universität sind der Meinung, dass eine bestimmte Art von Glücksspiel dabei helfen könnte, potenzielle Problemspieler in Online Casinos leichter zu identifizieren. Den Hintergrund bilden eine Studie, die sich mit der Risikobereitschaft von Menschen beim Glücksspiel beschäftigt, und eine nobelpreisprämierte Theorie.

Psychologen debattieren über Glücksspiel

Beim jährlichen Treffen der britischen psychologischen Gesellschaft (Seite auf Englisch) im englischen Harrogate stand unter anderem auch das Thema Glücksspiel auf dem Programm.

Northumbria University Newcastle

Wissenschaftler der Northumbria Universität stellten ihre Studie vor (Quelle:Peter McDermott, licensed under CC BY-SA 4.0)

Neben einer Studie, die sich mit den Aktivitäten von Buchmachern und ihren Vertriebspartnern befasste, stellten Wissenschaftler der Northumbria Universität auch Erkenntnisse vor, die sich auf die Früherkennung von potenziellen Problemspielern bezogen.

Geht es nach den Forschern, könnten Glücksspielbetreiber die Ergebnisse schon bald in die Konzeption neuer Spiele einbeziehen. Diese lieferten dann Hinweise darauf, wie gefährdet der Spieler sei, ein ungesundes Spielverhalten zu entwickeln.

Prospect Theory: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach

Die Basis der aktuellen Studie des Wissenschaftler-Duos Dr. Mark Moss und Dom Gallon aus Newcastle lieferte die sogenannte Prospect Theory oder auch „Neue Erwartungstheorie“.

Das Modell beruht auf empirischen Daten zu Entscheidungen in Lotteriesituationen. Einer seiner Entwickler, der Psychologe Daniel Kahnemann, wurde hierfür im Jahr 2002 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Hauptmerkmal der Theorie ist, dass Menschen ihre Entscheidungen in Glücksspielsituationen nicht in erster Linie an logischen Gesichtspunkten festmachen.

Laut Prospect Theory variiert die Bereitschaft zum Risiko je nachdem, ob ein negatives oder positives Ergebnis in Aussicht steht.

So ziehen die meisten Menschen bei positiven Ergebnissen einen niedrigeren, dafür aber sichereren Gewinn einem höheren vor, dessen Wahrscheinlichkeit niedriger ist:

Eine sichere Auszahlung von 3000 Euro ist ihnen lieber als eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit auf einen Gewinn von 4000 Euro.

Umgekehrt verhält es sich bei Verlusten: Eine Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent, 4000 Euro zu verlieren, ist attraktiver als mit Sicherheit 3000 Euro abgeben zu müssen.

Risikosuchende und Risikovermeidende

Für ihre Studie wählten die Forscher zunächst 120 Probanden aus und testeten sie auf ihre Risikofreude.

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Die Angst vor Verlusten lässt Menschen höhere Risiken eingehen (Quelle:pxhere.com)

In der Folge verabschiedeten sie sich vom mittleren Drittel und arbeiteten nun mit den verbliebenen zwei Testgruppen, den Risikofreudigen und den Risikovermeidenden weiter.

Die Teilnehmer wurden im Laufe der Untersuchungen mit unterschiedlichen Spielszenarien konfrontiert, in denen das Risikolevel variierte.

In Bezug auf positive Erwartungen unterschieden sich die Aktionen der Vergleichsgruppen kaum: Sowohl die Spieler mit hohem Sicherheitsbedürfnis als auch die, die sich durch große Risikofreude auszeichneten, handelten im Durchschnitt gemäß der Prospect Theory:

Sie gingen wenig Risiko ein und wählten den sicheren, niedrigeren Gewinn anstelle des unsicheren höheren.

Praxis schlägt Theorie

Einen auffälligen Unterschied verzeichneten die Forscher beim Umgang mit sicheren und wahrscheinlichen Verlusten. Während sich das psychologische Modell auch auf wenig risikofreudige Spieler anwenden ließ, wurde es von ihrem Pendant bei weitem übertroffen:

Die Spieler der Vergleichsgruppe waren sehr viel öfter bereit extrem hohe Risiken einzugehen. Zwar drohten hohe Verluste, gleichzeitig lockte die Chance, vielleicht gar keine Niederlage hinnehmen zu müssen.

Für Psychologie-Experten Dr. Moss ein voller Erfolg. Seines Erachtens könne der Versuchsaufbau seiner Studie so oder so ähnlich auch von Glücksspielbetreibern genutzt werden, um Spieler im Vorfeld bereits nach ihrem Risikoverhalten zu klassifizieren:

Wir schlagen ein einfaches „Was ist Dein Style?“-Spiel vor, das nach unseren Szenarien entworfen und von den Glücksspielbetreibern eingesetzt wird, bevor überhaupt Geld die Seiten wechselt.

Da die Prospect Theory zeigt, dass Menschen nicht in der Lage sind, Wahrscheinlichkeiten einzuschätzen und dann die logischste Option zu wählen, wäre es so deutlich schwieriger, die Maßnahmen zu überlisten indem man seine Haltung zum Glücksspiel an sich verbirgt.

Details dazu, wie genau die Szenarien gestaltet waren, denen sich die Versuchspersonen ausgesetzt sahen, sind nicht bekannt. Sollte ihre Einführung tatsächlich ins Auge gefasst werden, ist dies sinnvoll, um die Funktionsweise nicht im Vorhinein zu enthüllen.

Fraglich bleibt, welche Konsequenzen solche Spiele zur Einschätzung des individuellen Risikoverhaltens tatsächlich nach sich ziehen.

Bereits heute sind Glücksspielbetreiber durchaus in der Lage anhand der Accounts ihrer User einzuschätzen, ob jemand ein problematisches Spielverhalten an den Tag legt. Wie sie darauf reagieren, ist ihnen aber selbst überlassen.