Donnerstag, 28. März 2024

Schweiz: Werbung für Online-Glücksspiele ein zunehmendes Problem?

Person am PC

Schweizer Suchtexperten haben im SRF-Fernsehmagazin „Kassensturz“ vor den Folgen von Online-Glücksspielwerbung gewarnt. Nachdem die Werbung für die Schweizer Online-Casinos im Jahre 2019 erlaubt worden sei, habe diese vor allem seit dem Beginn der Corona-Krise deutlich zugenommen, heißt es in dem gestern ausgestrahlten Bericht. So sei die jährliche Werbepräsenz von „6,2 Millionen im Jahr 2019 auf 17,8 Millionen Franken im Jahr 2020“ gestiegen.

Problematisch sei aber nicht nur die quantitative Zunahme. Auch die Inhalte der Werbung könnten für Spieler gefährlich werden.

Sozialer Rückzug durch Online-Glücksspiel?

Renanto Poespodihardjo von den psychiatrischen Universitätskliniken Basel erklärte im „Kassensturz“, dass er die Werbung für das Glücksspiel als „hochproblematisch“ empfinde. Der Psychologe kritisierte besonders Werbung, die suggeriere, persönliche Probleme ließen sich durch das Online-Glückspiel vergessen. Hierdurch würden bewusst Menschen angesprochen, die für die Entwicklung einer Geldspielerkrankung „verletzlich“ seien.

In seiner Praxis habe Poespodihardjo außerdem immer wieder von Patienten selbst gehört, die sich aus sozialen Situationen zurückgezogen und dann Geldspiel betrieben hätten. Poespodihardjo zufolge sei die Werbung für Online-Glücksspiel in der Schweiz nicht ausreichend geregelt:

„Das Problem ist, dass die Werbung im Online-Geldspielbereich nicht reguliert ist, wie zum Beispiel im Bereich Alkohol und Tabak. Wir haben hier ein psychoaktives Produkt, das Geldspiel, und das müsste stringent genauso wie im Bereich der Substanzen auch reguliert werden. Im Bereich von den Inhalten, im Bereich von den Mengen, die beworben werden und auch der Platzierung.“

Der Schweizer Casino-Verband habe unterdessen seinen Werbeeinsatz gerechtfertigt. „Die Werbung für Schweizer Online-Casinos“ unterliege weitgehenden Einschränkungen, so der Verband gegenüber „Kassensturz“.

Spielerschutz nach Therapeutenmeinung nicht effektiv genug

Dass Spielerschutzmaßnahmen, wie das Sperren von Nutzern, wenig Erfolg zeigten, erläuterte Therapeut Franz Eidenbenz im Beitrag. Das Instrument sei nützlich, löse aber das eigentliche Problem nicht.

Spielerschutz beim Online-Glücksspiel ist in der Schweiz ein anhaltendes Streitthema. Die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) und die interkantonalen Lotterie- und Wettkommission (Comlot) hatten nach der Einführung des neuen Geldspielgesetzes im Jahre 2019 Sperrlisten für illegale Online-Casinos eingeführt. Im Februar 2021 wurde bekannt, dass Schweizer Spieler trotzdem noch auf 263 nicht-lizenzierte Online-Angebote zugreifen konnten.

Auch Glücksspielsüchtige kamen im „Kassensturz“ zu Wort. Sie erzählten, wie das Glücksspiel ihre Leben auf den Kopf stellte.

Ein Betroffener sprach von den Existenzsorgen, die das Glücksspiel ihm bereitet hätte. Diese seien so weit gegangen, dass er schließlich sogar Selbstmordgedanken gehegt habe.