Sonntag, 08. Dezember 2024

Spanien hat den höchsten Anteil an jugendlichen Problemspielern in Europa

Spanische Flagge

Die spanische Föderation ehemaliger Glücksspieler (FEJAR) und der Verband Madrider Psychologen haben kürzlich eine Studie veröffentlicht, die belegt, dass einer von fünf Jugendlichen in Spanien vom pathologischen Glücksspiel betroffen sei. Damit weise Spanien den höchsten Anteil an jugendlichen Problemspielern in Europa auf.

Die Studie brachte hervor, dass sich das Profil des durchschnittlichen Spielers in Spanien stark verändert habe. Während vor einigen Jahren der durchschnittliche Spieler noch zwischen 35 und 45 Jahren gewesen sei, sei die Gruppe der zwischen 18- und 25-Jährigen heute stark repräsentiert.

Jugendliche gefährdet wegen Affinität zur Technologie und größerer Auswahl

Laut der Studie sei die Anzahl der Wettbüros allein in Madrid um 140 % gestiegen. Seit 2016 hätten über 40 Spielstätten in ärmeren Stadtteilen und in der Nähe von Schulen ihre Pforten geöffnet.

Die steigende Beliebtheit, insbesondere bei Minderjährigen, sei laut FEJAR unter anderem auf die Werbung im Fernsehen für Sportwetten, Bingo und alle Arten von Glücksspiel zurückzuführen, die auch dann ausgestrahlt werde, wenn Kinder und Jugendliche vor den Bildschirmen säßen.

Wer ist FEJAR?

Die spanische Föderation ehemaliger Glücksspieler ist eine Vereinigung mehrerer Verbände ganz Spaniens, die sich für die Rehabilitation der vom pathologischen Glücksspiel Betroffenen einsetzt.

FEJAR Logo

FEJAR hilft Problemspielern bei der Rehabilitation. (Bild: fejar.org)

Die Organisation bietet den Betroffenen praktische Hilfen, ist aber auch in der Forschung nach den Ursachen der Glücksspielsucht tätig.

Darüber hinaus werde auch in den sozialen Netzwerken, die vorwiegend von Jugendlichen genutzt würden, mit Aktionen und Willkommensboni massiv für das Glücksspiel geworben.

Außerdem seien junge Menschen besonders gut mit digitaler Technologie vertraut. Dadurch seien sie den Angeboten der Glücksspielindustrie massiv ausgesetzt, erklärte Guillermo Ponce, ein auf Spielsucht spezialisierter Psychiater.

Ponce ergänzte:

„Zahlreiche Studien haben bereits gezeigt, dass problematisches Spielverhalten bei Jugendlichen mindestens doppelt so häufig auftritt wie bei Erwachsenen.“

Der Stand der neurobiologischen Entwicklung im Kindes- und Jugendalter sei laut Ponce ein weiterer Grund für das Interesse der Jugendlichen am Glücksspiel, die durch eine größere Empfänglichkeit für Belohnungen und eine größere Neigung zu Risikoverhalten bestimmt werde.

Nach Angaben des Psychiaters kann die stimulierende Wirkung des Spiels möglicherweise Angst- und Traurigkeitszustände vorübergehend lindern, die im Jugendalter häufig auftreten.

Während die Zahlen hinsichtlich des Glücksspiels Jugendlicher alarmierend sind, ist der Anteil der erwachsenen Spieler eher gering. Laut der Studie von Gambling and Society im Juni 2019 hätten rund 4 % der erwachsenen Bevölkerung gespielt. In dem Bericht heißt es jedoch auch, dass nur 1 % der Erwachsenen auf regelmäßiger Basis spiele.

Erfassung des Spiels Minderjähriger problematisch

Auch in Spanien ist das Glücksspiel erst mit Vollendung des 18. Lebensjahrs gestattet. In dem von FEJAR erstellten und vom Gesundheitsministerium finanzierten Leitfaden „Jugend und Online Spiel“ [Seite auf Spanisch] ist festgelegt, welche Maßnahmen ein Betreiber vornehmen müsse, um Minderjährigen den Zugang zu den Glücksspielangeboten zu verwehren.

Handy, Hände, Tasche

Es ist schwer zu ermitteln, wie viele Minderjährige tatsächlich spielen. (Bild: pixabay.com)

Aufgrund der Tatsache, dass das Spiel minderjähriger mit dem Gesetz nicht konform gehe, sei es nach Aussage von FEJAR problematisch, schlüssige Studien über die Abhängigkeit Minderjähriger zu erstellen.

Die Organisation sei sich jedoch sicher, dass pathologische Spieler immer jünger würden. Die Jugendlichen könnten für ihr Spiel beispielsweise die Kreditkarte ihrer Eltern verwenden und unter deren Namen spielen. Aus diesem Grunde sei es angebracht, mit den Eltern eng zusammenzuarbeiten.

Maßnahmen der Regierung sind gefragt

Die Organisation FEJAR und die Vereinigung der Psychologen in Madrid fordern die spanische Regierung nun auf, Maßnahmen zu ergreifen. Zu ihrem Maßnahmen-Katalog gehört unter anderem der Erlass strengerer Vorgaben für Glücksspielanbieter, etwa in einem Verbot der Eröffnung eines Wettbüros in der Nähe von Schulen und Jugendeinrichtungen.

Ein weiteres Problem sei die Werbung für Sportwetten und Glücksspiel, die zurzeit noch keiner Regelung unterliege und rund um die Uhr ausgestrahlt werde.

Tomás Calamardo, ein Polizeibeamter aus Madrid, der im Distrikt Coslada Workshops über die Gefahren des Glücksspiels abhält, sagte dazu:

„Sie zeigen diese Werbung morgens, wenn Kindersendungen ausgestrahlt werden, und zu jeder anderen Tageszeit. Und wenn man dann noch eine berühmte Person wie Cristiano Ronaldo in der Werbung hat, die sie bewundern, ist die Wirkung noch größer. […] Das schlimmste, was einem jungen Menschen passieren kann, ist, dass er gewinnt.“

Die Regierung kündigte im August ein generelles Werbeverbot für Glücksspiel an. Verstöße könnten zum Verlust der Betreiberlizenz der spanischen Glücksspielregulierungsbehörde Dirección General de Ordenación del Juego führen. Es bleibt abzuwarten, ob die Maßnahmen den gewünschten Erfolg bringen.