Donnerstag, 25. April 2024

Glücksspiel in Deutschland: Jahres­bericht 2021 der Bundes­drogen­beauftragten

Kinder an Laptops auf dem Boden

Die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig hat Ende letzter Woche ihren Jahresbericht 2021 veröffentlicht. Wie bereits im Vorjahr spielen darin verhaltensbasierte Süchte wie Spielsucht und Computersucht wieder eine besondere Rolle. Auch wird ein Fokus auf den Jugendschutz und die Gefahren durch Videospiele und Lootboxen gesetzt.

Aktuell leiden schätzungsweise rund 200.000 Menschen in Deutschland unter Spielsucht, heißt es im Bericht. Weitere 229.000 seien von problematischem Glücksspiel-Verhalten betroffen. Inwieweit sich die Corona-Krise auf diese Zahlen ausgewirkt haben könnte, sei noch nicht abschließend geklärt. So seien zwar einerseits die stationären Spielstätten lange Zeit geschlossen gewesen, andererseits jedoch das Online-Glücksspiel allgegenwärtig und stets verfügbar gewesen.

Glücksspiel im Alter ein wachsendes Problem?

Auffällig hervorgetreten sei indes das Glücksspiel-Verhalten der Altersgruppe 55 bis 70 Jahre. Neue Zahlen hätten bestätigt, dass das Glücksspiel mit dem Alter eher zu- statt abnehme. Zirka 15 % der über 55-Jährigen spielten mindestens einmal wöchentlich Glückspiele. Unter den 21- bis 25-Jährigen liege der Anteil im Vergleich nur bei 4 %.

Aufs Jahr gerechnet präsentiere sich das Glücksspiel unter älteren Menschen noch deutlicher. So beteiligten sich knapp 40,2 % der 56- bis 70-Jährigen am Glücksspiel. Es mangele jedoch an Studien, die sich diesen Altersgruppen im Spezifischen widmeten.

Das Bundesministerium für Gesundheit fordere daher eine Studie zur Glücksspielsucht im Alter, um etwaige individuelle und gesellschaftliche Auswirkungen evaluieren zu können.

Mehr Spielerschutz beim Online-Glücksspiel

Die maßgeblichste Veränderung innerhalb der deutschen Glücksspiel-Landschaft sei jedoch das Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages 2021 und der damit einhergehenden Legalisierung von Online-Glücksspiel.

Der Vertrag gehe zwar mit einer „Vielzahl von Regelungen zum Spieler- und Jugendschutz“ einher, an einer konsequenten Umsetzung mangele es aber noch. An die Bundesländer adressiert, schreibt Ludwig:

Ich appelliere deshalb an Sie, durch eine Stärkung der entsprechenden Stellen kurzfristig eine umfassende Wahrnehmung der Kontroll- und Vollzugspflichten im Spieler- und Jugendschutz sicherzustellen, die im Glücksspielstaatsvertrag beschriebenen Werbeeinschränkungen […] weiter zu konkretisieren und dabei unter anderem klarzustellen, dass die Werbung weder nach Inhalt noch Medium spezifisch auf Jugendliche oder vulnerable Gruppen ausgerichtet sein darf.

Darüber hinaus kritisiere sie, dass Werbung für Sportwetten in TV und Internet auch tagsüber zugelassen sei, was besonders während der EM auffällig gewesen sei. Dies sei „mit einem wirkungsvollen Jugendschutz nicht vereinbar“.

Werbebeschränkungen seien neben Altersverifizierungen und Fremdsperren insgesamt wirkungsvolle Werkzeuge, um Jugendliche vom Glücksspiel fernzuhalten. Dies hätten die Universität Bremen und das Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung in Hamburg zuletzt noch einmal herausgearbeitet.

Videospiele und Lootboxen im Visier

In Bezug auf den Jugendschutz im Bereich Glücksspiel müssten auch Videospiele in den Fokus gerückt werden. Der Übergang von Gaming und Glücksspiel sei fließend, was insbesondere Lootboxen und anderen In-Game-Käufen geschuldet sei.

Das neue Jugendschutzgesetz gehe bereits einen Schritt in die richtige Richtung, da Inhalte wie Lootboxen bei der Festlegung der Altersgrenzen künftig eine Rolle spielen sollen. Gehe es nach Ludwig, sollten Lootboxen jedoch gänzlich verboten werden:

Glücksspielähnliche Elemente haben in Spielen für Kinder und Jugendliche nichts verloren. Jugendschutz muss mit der Zeit gehen und sicherstellen, dass Kindern kein Glücksspiel serviert wird – egal, wie bunt es verpackt ist. Games und Apps sollten nur altersgerechte und keine süchtig machenden Inhalte anbieten.

Das neue Gesetz nehme die Herausgeber von Videospielen zudem in die Pflicht, geeignete Schutzkonzepte für junge Nutzerinnen und Nutzer zu entwickeln. Gleiches werde auch von Social-Media-Diensten verlangt.

Gleichzeitig werde derzeit die Aufsicht durch nationale Stellen gestärkt. Aus der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien werde in diesem Jahr eine Bundeszentrale. Diese solle künftig prüfen, welche Präventionsmaßnahmen die Anbieter umsetzen, und Verstöße ahnden.

Die Zentrale solle die Kompetenz erhalten, nach erfolgloser Einigung mit dem jeweiligen Unternehmen auch Bußgelder von bis zu 50 Mio. Euro verhängen zu können.