(Bild: Andreas Wagner / Unsplash)

Tribal Casinos: Interessante Fakten und Hintergrundinfos über Amerikas „Indianercasinos“

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Die US-amerikanische Casinolandschaft beschränkt sich nicht nur auf Las Vegas und Atlantic City, sondern zieht sich über das ganze Land. Außerdem weist sie eine Besonderheit gegenüber anderen Teilen der Welt auf: Und zwar gibt es neben kommerziellen Casinos auch Tribal Casinos.

Doch was genau versteht man darunter und warum werden diese Casinos gesondert aufgeführt? Was sind die Unterschiede zu „normalen“ Casinos? Wir haben ein paar interessante Informationen für Sie zusammengestellt, die Ihnen für den Besuch eines „Indianercasinos“ etwas Hintergrundwissen vermitteln.

Was sind „Indianercasinos“ überhaupt?

„Indianercasinos“ bezeichnet Casinos in den USA, die Stämmen der ursprünglichen Bewohner des Kontinents gehören und sich meistens auf Reservatsland befinden. Auch in Kanada gibt es einen regen Casinobetrieb verschiedener Stämme, den wir an dieser Stelle jedoch ausklammern.

Grundsätzlich unterscheiden sich diese Spielstätten nicht sonderlich von „normalen“ landbasierten Casinos. Das heißt, Sie können hier ebenso Slots, Roulette, Poker, Blackjack, Baccarat und weitere Casinospiele vorfinden. Mittlerweile werden an vielen Standorten auch Sportwetten angeboten.

Reservate und in logischer Konsequenz auch „Indianercasinos“ unterliegen jedoch anderen Gesetzen als der Rest des Bundesstaates, in dem sie sich befinden. Native Americans besitzen auf Basis der tribal sovereignty, also der Eigenständigkeit der Indianerstämme, die Verwaltungs- sowie Regierungshoheit auf dem Gebiet eines Reservats und damit auch in Bezug auf die dortigen Casinos.

Indigene Stämme dürfen in den USA eigene Casinos betreiben. (Bild: Jess Lidner / Unsplash)

Obwohl der Begriff heutzutage kritisch zu betrachten ist, wird im Deutschen nach wie vor von „Indianercasinos“ gesprochen. In den USA wird die uramerikanische Bevölkerung mit dem Oberbegriff „Native Americans“ bezeichnet. Entsprechend geht es um Native American Casinos oder auch Tribal Casinos, also Stammescasinos.

Recht in Tribal Casinos

Die rechtliche Grundlage für Tribal Casinos wurde vor allem im 20. Jahrhundert mehrfach gefestigt, ist aber nach wie vor ein sehr verworrener Dschungel aus Vereinbarungen, Gesetzen und Regelungen. Die zuvor erwähnte tribal sovereignty erlaubt es den Stämmen, eigene Gesetze zu erlassen und sich selbst zu verwalten. Geht man streng nach der Verfassung der USA, dann gelten indigene Stämme und Reservatsland sogar nicht als Teil des jeweiligen Bundesstaates, weswegen sie nicht derselben Gesetzgebung unterliegen.

Grundstücke außerhalb des Reservats

Kauft ein Stamm Grundstücke außerhalb von Reservaten, um ein Casino oder auch Wohngebäude, Schulen oder medizinische Einrichtungen zu bauen, dann herrscht weitläufig der Irrglaube, dass diese nun als Reservatsland gelten. Sie werden jedoch als Off-reservation trust land bezeichnet, also als treuhändisch verwaltete Gebiete. Treuhänder ist das Bureau of Indian Affairs, das „Amt für indianische Angelegenheiten“. Trotzdem ist der Stamm aber nach heutiger Sicht der wahre Besitzer des Grundstücks.

Andererseits sind Reservate immer noch Eigentum des Bundes, weswegen für die Stämme hier theoretisch lediglich Nutzungsrechte gelten. Die Selbstverwaltung ist somit de facto eingeschränkt.

Dies ist eine sehr vereinfachte Zusammenfassung der Situation. Aber allein diese wenigen rechtlichen Grundlagen machen deutlich, dass das Verhältnis zwischen Ureinwohnerstämmen und der US-Regierung im Hinblick auf Land, Verwaltung, Anwendung von Gesetzen und natürlich auch die Handhabung von Casinos nach wie vor gespalten ist.

Die ethische Grundlage: Tribal sovereignty

Grundsätzlich sorgt die tribal sovereignty dafür, dass sich alle 573 auf Bundesebene anerkannten Stämme[1] selbst regieren und verwalten dürfen. Dazu gehören zum Beispiel eine eigene Polizei, eigene Schulen sowie die Anwendung von Gesetzen, die denen der jeweiligen Bundesstaaten mitunter komplett entgegen stehen können. Letzteres trifft insbesondere auf den Betrieb von Glücksspielen zu.

Geschichtlicher Hintergrund der tribal sovereignty

Es handelt sich dabei jedoch nicht um ein Gesetz, eine Vereinbarung oder ähnliches. Tribal Sovereignty ist vielmehr das Verständnis, dass die Ureinwohner auf dem Gebiet der USA ein inhärentes Hoheitsrecht besitzen, selbstbestimmt zu leben – sich also selbst zu regieren. Es ist ein Konzept, das schon lange vor dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861 bis 1865) in der US-amerikanischen Geschichte – zumindest theoretisch – Anwendung fand.

Allerdings hat die Westerweiterung des Landes zur Verdrängung vieler Stämme geführt und sich 1830 schließlich im Trail of Tears (Pfad der Tränen) zugespitzt, einer gewaltsamen Zwangsumsiedelung von mehr als 60.000 Native Americans auf minderwertiges Land. Die tribal sovereignty musste sich also der Kolonialisierung durch europäische Einwanderer massiv unterordnen.

Tribal sovereignty ermöglicht Native Americans, selbstbestimmt zu leben und sich selbst zu regieren. (Bild: Andrew James / Unsplash)

Erst im 20. Jahrhundert wurden deutlichere Schritte unternommen, um die Selbstbestimmung von Native Americans und ihr Recht auf Land zu stärken. Die dabei eingeschlossene Erlaubnis, Glücksspiel anzubieten, kann daher als eine der Maßnahmen zur Wiedergutmachung angesehen werden.

Welches war das erste Tribal Casino?

Das erste „Indianercasino“ der USA wurde 1979 in Florida vom Stamm der Seminolen eröffnet[2]. Die Seminolen ebneten mit diesem Schritt den Weg für alle anderen Stämme, Glücksspiel als solide Einkommensquelle für sich zu beanspruchen. Das Seminole Classic Casino in Hollywood, Florida ist auch heute noch in Betrieb. Es war ursprünglich eine High-Stakes-Bingohalle, wurde aber schnell um Slots und Poker erweitert.

Front des Seminole Classic Casino.

Das Seminole Classic Casino war das allererste Tribal Casino der USA und ist auch heute noch erfolgreich in Betrieb. (Bild: indianz.com)

Illegal? Ist egal!

Der damalige Vorsitzende der Seminolen James Edward Billie ging das Risiko ein, entgegen der Gesetze in Florida eine Bingohalle zu eröffnen. Glücksspiel war zu dem Zeitpunkt in den USA weitestgehend illegal. Florida erlaubte damals lediglich kleine Bingoetablissements mit geringen Gewinnen bis maximal 100 $ (heute ca. 406 $), die an nur zwei Tagen pro Woche geöffnet sein durften.

Direkt nach der Eröffnung im Dezember 1979 versuchte der Bezirkssheriff Bob Butterworth, den Betrieb unverzüglich zu stoppen. Daraufhin zogen die Seminolen vor Gericht und verklagten den Bundesstaat Florida. Sie argumentierten erfolgreich mit tribal sovereignty. Die Gerichtsentscheidung von 1981 war der Startschuss für alle anderen „Indianercasinos“.

1988 verabschiedete der US-Kongress zudem den Indian Gaming Regulatory Act („Indianische Glücksspielregulierung“), wodurch Tribal Casinos eine offizielle rechtliche Grundlage bekamen. Außerdem sollten die Stämme durch das Gesetz auch vor organisierter Kriminalität geschützt werden.

Der Erfolg gibt ihnen recht

Die Seminolen gelten als einer wohlhabendsten Stämme in den USA. Im Jahr 2007 übernahm der Stamm sogar die weltberühmte Marke Hard Rock, die die bekannten gleichnamigen Cafés, Hotels und Casinos in 74 Ländern betreibt.

In welchen Bundesstaaten gibt es „Indianercasinos“?

Sogenannte „Indianercasinos“ gibt es in vielen US-Bundesstaaten. (Bild: Joey Csunyo/Unsplash)

In nur 17 der insgesamt 50 US-Bundesstaaten gibt es offiziell keine Stammescasinos. Allerdings befinden sich in einigen dieser 17 Bundesstaaten Casinos, deren Management von Stämmen übernommen wurde, beispielsweise verschiedene Hard Rock Casinos der oben genannten Seminolen. Außerdem sind in einigen Staaten Tribal Casinos in Planung oder im Bau, so zum Beispiel in Virginia und Missouri. Lediglich in Utah und auf Hawaii gibt es keinerlei Casinos, weder tribal noch anderweitig, da Glücksspiel dort generell illegal ist und auch keine Sondergenehmigungen basierend auf tribal sovereignty erlassen wurden.

Was sind die größten Tribal Casinos?

Einige Tribal Casinos gehören zu den berühmtesten Glücksspielstätten in den USA. Teilweise stellen sie auch kommerziell geführte Casinos mit ihrem Angebot in den Schatten. Das sind die Top 5 Tribal Casinos:

1. Thunder Valley Casino Resort

Poolbereich und Seitenansicht des Thunder Valley Casino Resort in Kalifornien.

Das Thunder Valley Casino Resort ist das fünftgrößte Tribal Casino in den USA. (Bild: thundervalleyresort.com)

Stamm: United Auburn Indian Community
Standort: Lincoln, Kalifornien
Casinofläche: 13.420 m²
Slots: 3.000+
Tischspiele: 125+

2. Seminole Hard Rock Hotel and Casino Tampa

Hotelansicht des Seminole Hard Rock Hotel and Casino in Florida.

Das Seminole Hard Rock Hotel and Casino steht an vierter Stelle der größten „Indianercasinos“ der USA. (Bild: seminolehardrocktampa.com)

Stamm: Seminole Tribe of Florida
Standort: Tampa, Florida
Casinofläche: 18.000 m²
Slots: 5.000+
Tischspiele: 110+

3. Foxwoods Resort Casino

Eingangsbereich des Foxwoods Resort Casino.

Das Foxwoods Resort Casino ist eines der berühmtesten sowie das drittgrößte Casinoresort in Besitz eines Native American Stammes in den Vereinigten Staaten. (Bild: foxwoods.com)

Stamm: Mashantucket Pequot Tribal Nation
Standort: Ledyard, Connecticut
Casinofläche: 32.000 m²
Slots: 5.500+
Tischspiele: 250

4. Mohegan Sun

Lobby des Mohegan Sun Casinos.

Der Einrichtungsstil des Mohegan Sun Casinos beinhaltet traditionelle indigene Elemente. (Bild: mohegansun.com)

Stamm: Mohegan Tribe of Native Americans of Connecticut
Standort: Uncasville, Connecticut
Casinofläche: 33.800 m²
Slots: 6.500+
Tischspiele: 377

5. WinStar World Casino and Resort

Vorfahrt des WinStar World Casinos.

Das WinStar World Casino der Chickasaw Nation ist das aktuell größte Tribal Casino der Vereinigten Staaten. (Bild: winstar.com)

Stamm: Chickasaw Nation
Standort: Thackerville, Oklahoma
Casinofläche: 34.000 m²
Slots: 8.600+
Tischspiele: 155

Gibt es Tribal Casinos in Las Vegas?

Es dürfte viele überraschen, dass es bis 2021 kein Tribal Casino in Las Vegas gab. Nun sind in der Stadt drei Stämme vertreten.

Das ehemalige Hard Rock Hotel wurde 2018 vom Virgin Group Vorsitzenden Richard Branson gekauft, umfangreich umgebaut und im März 2021 als Virgin Hotels Las Vegas neueröffnet. Der Stamm der Mohegan aus Connecticut übernahm das Management[3].

Sie sind zwar nicht Besitzer des Hotels, aber immerhin die ersten Native Americans im Casinobusiness von Las Vegas.

Ortsschild von Las Vegas.

Las Vegas ist der Inbegriff von Glücksspiel. Mittlerweile gibt es auch hier mehrere Tribal Casinos. (Bild: Pixabay/Pexels)

Darüber hinaus haben die Seminolen aus Florida und die San Manual Band of Mission Indians aus Kalifornien in der Stadt Fuß gefasst. Die Seminolen erwarben das frühere The Mirage Hotel and Casino, das als Hard Rock Las Vegas wiedereröffnet werden soll[4].

Der San Manuel Stamm hat im Dezember 2021 den Zuschlag für den Kauf des Palms Casino Resort bekommen und hat es unter selbem Namen im Frühjahr 2022 neu eröffnet[5].

Warum ausgerechnet Glücksspiel?

Die Frage, warum Native Americans unbedingt Glücksspiel als Einkommensquelle wählten, kommt nicht von ungefähr. Wetten und Glücksspiele sind in den Traditionen und Geschichten vieler Stämme tief verankert. Es tauchen Würfel- und Muschelspiele, aber auch sportliche Wettbewerbe wie Bogenschießen und verschiedene Rennen[6] auf.

Traditionen und Glücksspiel

In einer Blackfoot-Legende[7] beispielsweise streiten sich verschiedene Tiere darum, wer unter Napi (auch der alte Mann genannt, eine Art Halbgott) der Anführer sein sollte. Jedes der Tiere erhebt den Anspruch darauf, am besten dafür geeignet zu sein. Nachdem die Tiere den Streit vor Napi bringen, damit dieser eine Entscheidung trifft, spielt er mit den beiden lautesten Wortführern, dem Bär und dem Biber, ein Spiel.

Er nimmt einen kleinen Knochen in die Hand, beginnt ein Lied zu singen und wechselt den Knochen blitzschnell von Hand zu Hand, sodass die Tiere nicht mehr wissen, wo er sich befindet. Beide können nicht erraten, wo der Knochen ist.

Daraufhin bringt er allen Tieren das Spiel bei und fordert sie auf, es so lange zu spielen, bis der schlaueste unter ihnen als Sieger hervorgeht. Dieser soll der Anführer werden. Am Ende gewinnt die Maus. Diese sieht aber ein, zu klein und nicht kriegerisch genug zu sein, und übergibt die Position dem Menschen.

Daher würden Blackfeet niemals eine Maus töten.

Was machen Native Americans mit Casinoerträgen?

Wie zuvor erwähnt, unterliegen Casinos auf Reservatsland nicht denselben Gesetzen wie im Rest des Bundesstaates. Das gilt auch für die Erhebung von Steuern: Die Behörden des Bundesstaates oder des Bundes können von Tribal Casinos keine Steuern erheben. Selbst Einzelpersonen (Stammesmitglieder), die in den Casinos arbeiten, müssen keine Einkommenssteuer abführen, wenn sie gleichzeitig auch auf dem Reservat wohnen.

Steuerfrei, aber dennoch Abgaben an die „Außenwelt“?

Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Glücksspiel betreibenden Stämme keine Abgaben an den Bundesstaat leisten. Meistens gibt es gewisse „Lizenzgebühren“ und ähnliches, die die Tribal Casinos an den Bundesstaat zahlen. Wenn es sich um ein Casino auf off-reservation trust land handelt, geht der Stamm oftmals auch Vereinbarungen mit der Stadt oder dem Bundesstaat ein, gewisse Zahlungen zu entrichten.

Gerade im Vorfeld der Planung eines Tribal Casinos gilt es, nicht-stammesangehörige Anwohner von dessen Vorzügen zu überzeugen. Wenn es neben Arbeitsplätzen auch finanzielle Zuwendungen bedeutet, die der Stadt und den Bewohnern zugutekommen, dann kann dies bei der politischen Abstimmung das Zünglein an der Waage sein.

Zuletzt ist dies 2020 in Virginia geschehen, als die Städte Bristol, Danville, Norfolk, Portsmouth und Richmond über Tribal Casinos entschieden. In Richmond, der Hauptstadt des Bundesstaates, entschied sich die Bevölkerung dagegen – trotz finanzieller Vorteile, gesteigertem Tourismus und anderer Argumente.

Erst das Casino, dann der Stamm

Über Zahlungen an den Bundesstaat hinaus werden von den Gewinnen des Casinos dessen Betriebskosten bezahlt. Das schließt Generelles wie Strom und Wasser ein, aber auch Gehälter, Instandhaltung und alles, was noch zum Betrieb eines Casinos dazugehört.

Ist nach all diesen Abzügen noch Geld vorhanden, fließen Erträge aus den Tribal Casinos soweit es geht zurück in die jeweiligen Stammesgemeinschaften. Das heißt für Stammesregierung und Verwaltung, Infrastruktur, Schulen, Krankenhäuser, Spenden und Erhalt der Stammeskultur. Vielfach beteiligen sich die Stämme auch an staatlichen Projekten außerhalb der Reservate.

Bedingungsloses Grundeinkommen?

Einige Stämme geben Casinoeinnahmen an ihre Mitglieder weiter. (Bild: Alexsander-777/Pixabay)

In einigen wenigen Fällen erhalten Stammesmitglieder direkte Zahlungen aus den Casinoerträgen. Dabei rangieren die Pro-Kopf-Beträge lediglich im Bereich von ein paar Hundert bis ein paar Tausend Dollar pro Jahr. Allerdings zeigt eine Langzeitstudie der Duke Universität[8] unter den Cherokee in North Carolina, dass selbst bei geringen, aber regelmäßigen und bedingungslosen jährlichen Zahlungen 40 % weniger soziale Probleme in ärmeren Stammesfamilien auftraten als in Stammesgemeinschaften, die keine Geldzahlungen vornehmen.

Kritik an Tribal Casinos

Bei allen Vorteilen, die ein Tribal Casino für die umliegende Gegend und den jeweiligen Bundesstaat mit sich bringt, werden immer wieder kritische Stimmen laut – ob hinsichtlich eines bestehenden Casinos auf Reservatsland oder geplanter Bauten auf Off-reservation trust land. Selbst innerhalb der Stammesgemeinschaften sehen viele Glücksspiel nicht nur in positivem Licht.

Zu den häufigsten Kritikpunkten gehören wachsende Spielsucht und damit einhergehender Alkoholismus in der Bevölkerung, sowie steigende Kriminalitätsraten in den umliegenden Gegenden. Und dies stimmt zumindest teilweise: Besonders in den Stammesgemeinschaften liegt die Rate an Spielsüchtigen oder Spielsuchgefährdeten fast doppelt so hoch wie in der weißen, asiatischen und schwarzen Bevölkerung[9].

Allerdings wurde auch festgestellt, dass Stammesmitglieder, die stärker nach den alten Traditionen leben, weniger anfällig für diese „modernen“ Krankheiten sind als eher progressive Native Americans.

Berechtigte Kritik?

Obwohl diese Argumente also einen gewissen Wahrheitsgehalt haben, handelt es sich dabei nicht um Probleme, die spezifisch nur für „Indianercasinos“ gelten. Auch andere kommerzielle Spielbanken müssen sich dieser Problematik stellen. Es gilt also bei dieser Diskussion, die allgemeinen Raten an Spielsucht, Alkoholismus und Kriminalität innerhalb der Stämme und innerhalb der restlichen Bevölkerung der USA zu berücksichtigen.

Ein Beispiel hierfür sind die legalen Lotterien mit teilweise extrem hohen Jackpots (zum Beispiel Mega Millions) im Rest des Landes. Aber auch Scratchers (Rubbellose) sind allgegenwärtig und praktisch überall erhältlich, zum Beispiel an Tankstellen, in Supermärkten und in Drogerien. Im Vergleich zu Tribal Casinos sind diese Arten von Glücksspiel also wesentlich einfacher zugänglich und somit auch eher im Blickfeld von Minderjährigen.

„Indianercasinos“ in Zahlen

Der wirtschaftliche Einfluss von Tribal Casinos ist in den letzten 20 Jahren stark gestiegen, ebenso wie die Anzahl an Casinos und Stämmen. Es gibt insgesamt 250 Stämme, die die aktuellen 515 American Indian Casinos[10] betreiben. Der Bundesstaat Oklahoma ist dabei führend, denn es gibt dort sage und schreibe 136 Spielstätten von über 30 Stämmen. Danach folgt Kalifornien mit 82 Casinos von knapp 70 Stämmen.

Tribal Casinos haben einen großen wirtschaftlichen Wert für die Stämme, aber auch für die amerikanische Regierung. (Bild: Nick Hillier/Unsplash)

Aktuelle Zahlen zu Umsätzen der einzelnen Casinos sind schwierig zu bekommen. Im Jahr 2016 haben Tribal Casinos allein in Kalifornien laut der American Gaming Association (AGA) einen Bruttoumsatz von 8,41 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet[11]. 2020 lag der gesamte Bruttoumsatz aller „Indianercasinos“ in den USA bei 27,8 Milliarden US-Dollar. Vor der Pandemie sorgten sie für 45 % aller jährlichen Glücksspieleinnahmen in den USA[12].

Die Anzahl der in Tribal Casinos Beschäftigten lag 2020 bei 676.428, was über ein Drittel aller Casinojobs im Land ausmacht. Der gesamte wirtschaftliche Einfluss daraus, das heißt Jobs, Tourismus und weitere Synergieeffekte auf die Regionen um American Indian Casinos, betrug 2021 rund 105 Milliarden US-Dollar.

Besuch eines Tribal Casinos

Wenn Sie bei einem Besuch der USA ein paar Spiele in einem Native American Casino wagen möchten, dann sind die meisten der genannten Informationen für Sie wahrscheinlich nebensächlich. Und unterm Strich stehen Ihnen in Tribal Casinos dieselben Spiele zur Auswahl wie in jedem anderen Casino in und außerhalb von Las Vegas oder Atlantic City auch.

Dennoch versprüht das Spiel in Tribal Casinos einen besonderen Reiz. Obwohl vieles ähnlich ist wie in „normalen“ Glücksspielstätten, so schwingt doch etwas Exotisches mit. Außerdem ist jedes einzelne „Indianercasino“ das Ergebnis eines langen, schwierigen Weges der verschiedenen Stämme zu Selbstbestimmung und Autonomie.

Falls Sie also die Möglichkeit haben, ein Tribal Casino zu besuchen, sollten Sie die Chance nutzen und dabei bedenken, dass es nicht nur ein Gebäude mit Casinospielen ist, sondern auch ein Zeichen von Erfolg und Emanzipierung der amerikanischen Urbevölkerung.

Quellen:
[1] https://www.federalregister.gov/agencies/indian-affairs-bureau
[2] https://seminoletribune.org/seminole-classic-casino-turns-40/
[3] https://www.500nations.com/casinos/nv-mohegan-sun-las-vegas.asp
[4] https://www.500nations.com/casinos/nv-hard-rock-las-vegas.asp
[5] https://www.gamblingnews.com/news/las-vegas-close-to-introducing-its-first-tribal-owned-casino-in-history/
[6] https://www.cram.com/essay/Gambling-In-Native-American-Culture/PC3Z5CKV9NG
[7] https://www.firstpeople.us/FP-Html-Legends/WhyBlackfeetNeverKillMice-Blackfoot.html
[8] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7250001/
[9] https://www.stlpublicradio.org/projects/fixed-odds/for-native-americans-tribal-casinos-help-and-hurt/
[10] [11] https://www.americangaming.org/state-of-play/
[12] https://www.americangaming.org/wp-content/uploads/2018/11/Economic-Impact-of-Tribal-Gaming-Two-Pager-11.5.18.pdf

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Christina Canniff
Christina Canniff

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