Samstag, 12. Oktober 2024

Verminderte Schuldfähigkeit wegen Spielsucht? Ebay-Betrüger erhält Bewährungs­strafe

Spielautomat Slot Machine in Kneipe Bar Der Angeklagte soll bereits als Kind mit Spielautomaten in Kneipen in Berührung gekommen sein (Bild: CasinoOnline.de)

Ein 34-jähriger Familienvater aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis ist in 29 Fällen des Internet-Betrugs schuldig gesprochen worden. Wie der Kölner Stadt-Anzeiger am Donnerstag berichtete, erhalte der Ebay-Betrüger jedoch „nur“ eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. So habe das Bensberger Schöffengericht ihm aufgrund seiner Spielsucht eine verminderte Schuldfähigkeit zugesprochen.

Der dreifache Familienvater soll systematischen Internet-Betrug begangen haben. Er habe dabei zahlreiche Elektrogeräte wie Fernseher, Handys und Playstations über Ebay verkauft, die Ware jedoch nie geliefert. Insgesamt hätten gegen ihn 78 Anklagevorwürfe vorgelegen. 49 davon habe das Gericht letztendlich eingestellt.

Lebensgefährtin soll nichts bemerkt haben

Der dreifache Vater solle das Konto seiner Partnerin genutzt haben, um die Online-Überweisungen der arglosen Käufer zu empfangen. Die Frau sei zunächst als Mittäterin angeklagt gewesen, später aber freigesprochen worden. Sie habe dem Gericht glaubhaft machen können, nichts von den kriminellen Aktivitäten ihres Partners gewusst zu haben.

Die Gelder der Betrogenen habe der 34-Jährige dazu genutzt, um sein Glücksspiel an Spielautomaten oder im Internet zu finanzieren. Er habe dabei auf den großen Gewinn gehofft, um alte Schulden zurückzahlen zu können. Auch habe er seinen Betrugsopfern die Gelder irgendwann zurückzahlen wollen, beteuerte er. Er habe die Zahlungen als eine Art „Kredit“ angesehen. Irgendwann habe er jedoch „den Überblick verloren“.

Erst vor zwölf Monaten stand ein 37-jähriger Mann aus Halle (Westfalen) in ähnlicher Sache vor Gericht. Über Jahre soll er auf Ebay Smartphones für je 450 bis 500 Euro verkauft haben, ohne die Ware je geliefert zu haben. Insgesamt 784 Anklagepunkte lagen gegen ihn vor. Doch auch er erhielt lediglich eine Bewährungsstrafe. Grund dafür war ebenfalls die Diagnose Spielsucht, die ihm 150.000 Euro Schulden eingebracht habe.

Der Betrug mit den Ebay-Verkäufen sei jedoch nicht seine einzige Masche gewesen, um an Geld zu kommen. So habe er zum Beispiel auch Konzertkarten unter dem Namen und der Adresse fremder Personen gekauft. Während diese die Rechnung erhalten hätten, habe er selbst die Post abgepasst und die Karten entgegengenommen.

Auch soll der Betrüger sich online als Prostituierte ausgegeben haben und auf Vorkasse sexuelle Dienstleistungen versprochen haben. Diese habe er jedoch nicht ausgeführt.

Urteil als letzte Chance

Obwohl der Angeklagte bereits einschlägig vorbestraft sei, komme er nun mit dem gnädigen Bewährungsurteil davon. Die Bedingung dafür sei jedoch, dass er sich erneut in eine Spielsucht-Therapie begebe. Für das milde Urteil eingesetzt habe sich sein Strafverteidiger Udo Klemt.

Wie dieser gegenüber dem Gericht erklärt habe, habe sein Mandant es in seinem Leben nie leicht gehabt. Aufgrund „erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen“ habe er kaum eine Chance auf einen Arbeitsplatz. Er lebe daher von Hartz IV. Das Geld vom Staat sei jedoch gänzlich in die Finanzierung seiner Spielsucht geflossen.

Die Spielsucht habe der Gutachter Dr. Kurt Herold attestiert. Dieser begründete das problematische Glücksspiel des Mandanten mit Erfahrungen in früher Kindheit. So hätten seine Eltern ihn als Kind bis nachts mit in Kneipen genommen. Dort sei sein Vater selbst dem Glücksspiel zum Opfer gefallen. Schon als Kind habe er selbst Knöpfe an den Spielautomaten betätigt.

Die Bewährungsstrafe solle daher nun eine letzte Chance für den 34-Jährigen sein. Aktuell versuche er, mithilfe „lustiger Videos“, die er gemeinsam mit seiner Tochter auf TikTok poste, an zu Geld zu kommen. Allerdings habe sich der neue „Job“ noch nicht ausgezahlt.