Donnerstag, 28. März 2024

Bielefelder Gericht entscheidet gegen freiwillige Selbstsperren von Spielern

merkur spielhalle

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Merkur hat sich vor Gericht gegen die Klage zweier Spielsüchtiger durchsetzen können. (Bildquelle)

Der Rechtsstreit zwischen der Gauselmann-Gruppe und zwei Spielern aus Nordrhein-Westfalen wurde jetzt vom Landgericht Bielefeld endgültig zu einem Ende gebracht. Konkret bezieht sich das Urteil auf zwei spielsüchtige Männer aus Paderborn und Bielefeld, die gegenüber der Casino Merkur-Spielothek GmbH eine gerichtliche Verpflichtung zur Annahme und Umsetzung einer freiwilligen Zugangssperre erwirken wollten. Der Fachverband Glücksspielsucht war an Stelle der Spieler vor Gericht als Kläger aufgetreten. Mit dem Verweis, dass die Forderung einer gesetzlichen Grundlage entbehre, wies das Gericht die Klage jedoch ab. Außerdem richte sich der Fachverband mit Merkur lediglich an die Dachorganisation der Spielhallen, entscheidungsbefugt seien aber lediglich die einzelnen Betreiber und Tochtergesellschaften. Suchtpräventionsstellen fordern Ausweiskontrollen an den Eingängen zu Spielstätten, Unternehmen wie Gauselmann setzen mit dem Verweis auf datenschutzrechtliche Bedenken lieber biometrische Überprüfungssysteme ein. An der Frage, wie Spielerschutz schlussendlich am effektivsten zu verwirklichen sei, scheiden sich nach wie vor die Geister.

Paragraf 6 ist das Zünglein an der Waage

Ausschlaggebend für die Entscheidung des Gerichts war die Auslegung des Wortlauts des Gesetzes. Das deutsche Recht schreibt Unternehmen in der Glücksspielbranche vor, wie sie mit den Themen Spielerschutz und Prävention umzugehen haben. Dieses sogenannte Sozialkonzept zur Vermeidung von Glücksspielabhängigkeit ist in Paragraf 6 des deutschen Glücksspielstaatsvertrages festgeschrieben und lautet wie folgt:

„Die Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen sind verpflichtet, die Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten und der Entstehung von Glücksspielsucht vorzubeugen. Zu diesem Zweck haben sie Sozialkonzepte zu entwickeln, ihr Personal zu schulen und die Vorgaben des Anhangs „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ zu erfüllen. In den Sozialkonzepten ist darzulegen, mit welchen Maßnahmen den sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels vorgebeugt werden soll und wie diese behoben werden sollen.“

Der Fachverband sah in diesem Wortlaut den Anspruch auf freiwillige Zugangssperren begründet. Die Gauselmann-Gruppe hingegen arbeitet zwar mit einem Sozialkonzept und präsentierte dieses auch überzeugend dem Gericht, kann jedoch keine Verpflichtung zu selbsteingeforderten Spielersperren aus dem Gesetz ableiten. Ilona Füchtenschnieder vom Fachverband Glücksspielsucht zeigte sich in diesem Zusammenhang frustriert über die mangelnde Berücksichtigung des Gerichts von Suchtmechanismen und den Profit, den Gauselmann offenbar weiterhin aus Spielsüchtigen schlagen will:

„Wir lesen den Paragraf 6 anders. Es ist unlogisch zu sagen, man soll Prävention leisten, aber wenn jemand schon spielsüchtig ist, muss man nichts machen.“

Fachverband Glücksspielsucht prüft Anfechtungsmöglichkeiten

Die Klägerseite ist schwer enttäuscht von der Entscheidung in Bielefeld und prüft nun die Aussichten auf einen Anfechtungserfolg. Anwalt und Wirtschaftsrechtler Dr. Manfred Hecker aus Köln, der auf Seiten des Fachverbands Glücksspielsucht vor Gericht auftrat, nannte das Urteil einen „massiven Rückschlag für den Spielerschutz“ und bemängelte vor allem den starken Einfluss lediglich formaler Aspekte auf die Urteilsfindung. Obwohl eine Niederlage angesichts der Prozesshistorie absehbar war, kann Vorstandsvorsitzende Ilona Füchtenschnieder der Entscheidung des Gerichts dennoch etwas Positives abgewinnen und sieht nach der Sensibilisierung für die Problematik nun den Gesetzgeber in der Pflicht, das Thema Spielersperren und Spielerschutz aufzuarbeiten.

„Wir haben Spielsucht und Spielersperren in der Debatte nach vorn gebracht. Wenn das Gericht sagt, die gesetzliche Grundlage für Sperren ist nicht da, ist der Gesetzgeber gefragt.“

Die nächsthöhere Instanz für einen Berufungs- oder Revisionsantrag ist das Oberlandesgericht Hamm.