Freitag, 29. März 2024

1,9 Mrd. Euro verschwunden: Glücksspiel-Finanz­dienstleister Wirecard insolvent

Straßenschild

Der Münchner Finanzdienstleister Wirecard, dessen Service auch in der Online-Glücksspielbranche als Zahlungsmethode verwendet wird, soll Insolvenz angemeldet haben. Dies hat der deutsche Nachrichtensender ZDF am Donnerstagnachmittag berichtet. Nach Angaben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY soll ein Betrag in Höhe von 1,9 Mrd. Euro verschwunden sein.

Eine Stellungnahme von Wirecard liege derzeit noch nicht vor. Das Unternehmen hat am Donnerstag nur die Einleitung des Insolvenzverfahrens in einer kurzen Mitteilung an der Börse bekanntgegeben:

Der Vorstand der Wirecard AG hat heute entschieden, für die Wirecard AG beim zuständigen Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zu stellen.

Kontrollen nur unzureichend?

Laut Medienberichten gehe die EY mittlerweile von schwerer Wirtschaftskriminalität enormen Ausmaßes aus. Experten fragen sich nun, warum seitens des Aufsichtsrats nichts unternommen worden sei, zumal es seit längerer Zeit Zweifel an den Geschäftspraktiken von Wirecard gegeben haben soll.

So berichtet die britische Zeitung Financial Times [Seite auf Englisch] bereits seit 2019 regelmäßig über Scheingeschäfte im Ausland, unter anderem in Asien, Dubai und Irland, sowie über gefälschte Bilanzen und veruntreute Gelder.

Erst vor einigen Wochen sollen Prüfer Zweifel an der Existenz der Beträge auf einigen Geschäftskonten geäußert haben. Im Rahmen der Abschlussprüfung des Geschäftsjahres 2019 habe die EY schließlich entdeckt, dass gefälschte Dokumente für besagte Konten vorgelegt worden seien. Dies sei den Behörden und dem Aufsichtsrat mitgeteilt worden.

Wirecard ist ein im Jahre 1999 gegründetes Finanzdienstleistungsunternehmen mit Sitz in München. Mit Wirecard können die Kunden finanzielle Transaktionen im Internet abwickeln.

Neben MasterCard, Apple, Lidl und der Commerzbank zählten Online-Glücksspielunternehmen und Anbieter für Erwachsenenunterhaltung insbesondere in der Anfangszeit um die Jahrtausendwende zu den wichtigsten Kunden von Wirecard.

Die größte Finanzpleite der deutschen Geschichte

Kurz nach Bekanntgabe der Nachricht sind die Wirecard-Aktien an der Börse eingebrochen und wurden zuletzt mit nur 2,50 Euro gehandelt. In der vergangenen Woche hatte ihr Wert noch bei 100 Euro gelegen.

Dies entspricht einem Verlust von knapp 98 %. Der Absturz der Wirecard-Aktie könnte als größter Finanzskandal in die Geschichte des Deutschen Aktienindexes (DAX) eingehen.

Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, kommentiert:

Das ist in dieser Form einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, dass ein Dax-Unternehmen sich in dieser Weise in kürzester Zeit selbst demontiert.

Wirecard-Aktien waren besonders bei Kleinanlegern beliebt. Das anstehende Insolvenzverfahren könnte nichts Gutes für die Investoren bedeuten.

So erklärt Robert Halver von der Baader Bank, dass sich durch den Aktieneinbruch schätzungsweise 13 Mrd. Euro quasi in Luft aufgelöst hätten.