Mittwoch, 01. Mai 2024

Gaming-Tragödie: 15-jähriger Spanier erschießt Eltern und Bruder

Rathaus von Elche, Stadtrat Der Stadtrat der spanischen Stadt Elche hat eine offizielle Trauer von drei Tagen angeordnet. (Bild: Ayuntamiento de Elche)

Ein 15-jähriger Spanier aus Elche (Provinz Alicante) hat am vergangenen Freitag gestanden, seine Eltern und seinen 10-jährigen Bruder getötet zu haben. Der Tat soll ein Streit mit den Eltern vorausgegangen sein, die ihm aufgrund schlechter Noten ein Gaming-Verbot erteilt hätten.

Der Tathergang sei spanischen Medien zufolge noch nicht abschließend geklärt. Fest stehe jedoch, dass die Tragödie von einer Tante des Teenagers entdeckt worden sei. Sie habe sich am Freitag zum Haus der Familie begeben, weil sie von ihren Verwandten bereits einige Tage nichts gehört habe. Geöffnet habe ihr der Jugendliche mit den Worten:

„Ich habe Papa, Mama und meinen Bruder mit einem Gewehr getötet.“

Nach seiner Aussage habe er sich nach der Tat zu Hause mit den Leichen drei Tage lang unentdeckt eingeschlossen und Videospiele gespielt. Der Schule habe er seine Abwesenheit mit einer COVID-19-Infektion begründet. Der Tod der Eltern und des Bruders soll auch deshalb nicht aufgefallen sein, weil der Teenager in dieser Zeit selbst auf WhatsApp-Nachrichten auf dem Handy seiner Mutter geantwortet habe.

Fortnite, ein Buch oder psychische Probleme?

Der Polizei gegenüber habe er angegeben, der Grund für den Mord sei ein Streit um seine Noten gewesen. Nachdem er in fünf Fächern durchgefallen sei, habe seine Mutter ihm das WLAN gesperrt – und mit ihm die Möglichkeit, am Computer Online-Games wie Fortnite zu spielen.

Ob Videospiele jedoch tatsächlich die Ursache für eine derartige Tat sein können, wird in spanischen Medien derzeit kontrovers diskutiert. Untersucht werde dabei auch, ob das Buch „La edad de la ira“ (dt.: Das Alter der Wut) eine Rolle gespielt haben könnte.

Der Roman „La edad de la ira” wurde von dem Romanautor und Dramatiker Nando López geschrieben und im Jahr 2010 mit dem Literaturpreis Premio Nadal ausgezeichnet. In dem Buch thematisiert der Autor die Problematik des Schulsystems. Im Zentrum steht dabei der Fall des 16-jährigen Schülers Marcos, der seinen Vater brutal mit einer Schreibmaschine ermordet und seine Brüder mit einer Schere verletzt.

Das Buch werde von der Schule des 15-Jährigen als Literatur empfohlen. Ob es dem Jugendlichen Anlass zur Tat gegeben haben könnte, werde derzeit von den Ermittlungsbehörden untersucht.

Bislang habe der Jugendliche weder problematische Verhaltensweisen in der Schule gezeigt noch sei die Familie als ungewöhnlich aufgefallen. Zwar habe der Junge unter seinen Schulkameraden als schüchtern gegolten, jedoch sei er in sozialen Medien sehr aktiv gewesen. Seine Zeit habe er gern mit Videospielen verbracht, was von zahlreichen Medien als Tatursache herangezogen wird.

Fortnite auf PC-Bildschirm

Ob Games wie Fortnite tatsächlich zur Tat geführt haben, gilt bislang als nicht geklärt. (Bild: Pixabay)

Auf der Polizeiwache seien die Ermittler schockiert darüber gewesen sein, dass der Teenager bei der Befragung nicht das geringste Maß an Reue gezeigt habe. Das Fehlen von jedem Anzeichen von Bedauern führte die von der Zeitung „Información“ zu möglichen Tatursachen befragte Ärztin und forensische Psychiaterin María Angustias Olivera zu folgender Einschätzung:

„Er zeigt ein zwanghaftes Verhaltensmuster mit Schwierigkeiten hinsichtlich sozialer Beziehungen und insbesondere hinsichtlich der Empathie. Aufgrund der Zeit, die er anscheinend mit Videospielen verbracht hat, hat er vielleicht den Bezug dazu verloren, was real ist und was nicht. Wenn er außerdem eine niedrige oder gar keine Frustrationstoleranz hatte, kann die Tatsache, dass ihm das Internet gekappt wurde, fatal für ihn gewesen sein. Natürlich kann das Fehlen von Reue mit einem gewissen Grad an Soziopathie zusammenhängen.“

Ob letztlich das Abdriften in Gaming-Welten, Probleme in Schule oder Familie oder psychologische Pathologien Ursache für die Tötung der Familie gewesen sein könnten, versuchen nun die Ermittlungsbehörden zu klären. Der Jugendliche wird nach Anordnung des diensthabenden Richters vorerst in einer geschlossenen Einrichtung für Minderjährige untergebracht.