Mittwoch, 24. April 2024

Sind Mobiltelefone für den Sportwetten-Boom in afrikanischen Staaten verantwortlich?

Ein Mann mit einem Handy in der Hand|Ein Mann mit Mobiltelefon in der Hand|Ein Mobilfunkturm

Die Sportwetten-Branche verzeichnet in Staaten südlich der Sahelzone einen Kundenansturm. Wie das Wirtschaftsmagazin Quartz Africa am Sonntag berichtete, seien vor allem die Verbreitung von Mobiltelefonen für die zunehmende Beliebtheit verantwortlich.

Jugendliche und Heranwachsende im Alter zwischen 17 und 35 Jahren nutzten die Technologien immer intensiver, um sich bei Online-Buchmachern zu registrieren und Wetten auf Sportevents abzuschließen.

Laut einer Erhebung des Umfrageinstituts GeoPoll (Link auf Englisch) hätten bereits 54 % der Jugendlichen aus einem Land südlich der Sahara an Sportwetten teilgenommen. 75 % aller Kunden hätten dabei das Mobiltelefon zum Abschluss einer Wette genutzt.

Afrikas Zukunftsmärkte für Sportwetten

Der afrikanische Sportwetten-Markt wächst unter anderem in Staaten wie Ghana, Nigeria, Kenia und Südafrika. Obgleich einige der Länder der Sub-Sahel-Zone intensiv daran arbeiten, die Sportwetten staatlich zu reglementieren, steigen die Einnahmen der Anbieter in vielen der insgesamt 49 Staaten.

Allein Kenias Buchmacher sollen in den vergangenen 5 Jahren mehr als 1,77 Milliarden Euro eingenommen und dem Staat dadurch Steuereinnahmen in Höhe von über 230 Millionen Euro beschert haben. Nach einer GeoPoll-Studie aus dem Jahre 2017 hätten 96 % der Spieler in Kenia ein Mobiltelefon zum Wetten genutzt.

Technischer Fortschritt treibt Wettabschlüsse

Subsahara-Afrika ist eine geografische Zone, die insgesamt 49 Staaten umfasst. Während der Mobilnetzausbau in den vergangenen Jahren vor allem die Installation von langsamer 2G-Technologie umfasste, rechnen Branchenexperten damit, dass noch bis zum Ende dieses Jahres 45 % aller Verbindungen auf schnellerer 3G-Technologie basieren werden.

Ein Mobilfunkturm

Bessere Netzabdeckung könnte einen Anteil am Boom der Wettindustrie in Sub-Sahara-Staaten haben. (Quelle Pixabay)

Insgesamt seien bereits im letzten Jahr 456 Millionen der ca. 920 Millionen Einwohner der Region Mobilfunkkunden gewesen. Eine Zahl, die sich bis zum Jahre 2025 auf 623 Millionen erhöhen soll.

Ein Ausbau des Mobilfunknetzes und der Netzgeschwindigkeit bietet nicht nur große Möglichkeiten für die Mobilfunkanbieter und Telefonhersteller, sondern die Entwickler von digitalen Applikationen. Zu diesen gehören auch die großen Sportwetten-Firmen, die durch die Innovation neue Kunden abseits der großen Ballungszentren erreichen können.

Sie böten ihren Kunden in den Sub-Sahara-Staaten sowohl Möglichkeiten zum Wetten als auch eine konstante Werbepräsenz durch Sportsponsorings im TV und auf Social-Media-Kanälen, so Wissenschaftler Victor Odundo Owuor von der University of Colorado. Der Experte befürchtet, dass das Fan-Engagement durch die Werbung auf Mobilgeräten zunimmt. Spieler würden hierdurch zu immer neuen Wetten motiviert.

Einige internationale Sportclubs werden bereits von Sportwetten-Anbietern mit afrikanischer Herkunft gesponsert. Ein Beispiel dafür ist SportPesa. Der Buchmacher ist in Kenia schnell zum Marktführer avanciert und arbeitet in England medienwirksam mit Fußball-Clubs wie Hull City, Arsenal London und dem FC Everton zusammen.

Die Jugend sucht nach einer Perspektive

Neben der wachsenden Verfügbarkeit von Sportwetten via Apps und dem Einfluss von Glücksspiel-Werbung auf die Jugend seien besonders die mangelnden Zukunftsaussichten auf den Arbeitsmärkten der Sub-Sahara-Staaten ein Grund für das Wetten am Mobiltelefon.

Laut Wirtschaftswissenschaftler Owuor versprächen sich Jugendliche und Heranwachsende von den Sportwetten eine Verbesserung ihrer Lebenssituation. In einem aktuellen Beitrag für das akademische Portal The Conversation schreibt der Wirtschaftsforscher, dass besonders die demographische Entwicklung eine Herausforderung für die Staaten der Subsahara sei:

„Der Kontinent [Afrika. Anm. d. Red.] hat die jüngste Bevölkerung der Welt mit geschätzten 60 % der Menschen unter 25 Jahren. Von den 420 Millionen Jugendlichen in Afrika sind die meisten arbeitslos, haben unsichere Jobs oder sind in Gelegenheitsarbeit. Für viele auf dem Kontinent ist die polierte Werbung der Sportwettenanbieter ein unwiderstehliches Angebot.“

Die möglichen Folgen der Sportwetten

Die möglichen Folgen der vergrößerten Reichweite von Sportwetten in den Staaten südlich der Sahara könnten nicht nur ökonomischer Natur sein. Eine Studie der Wissenschaftler Derrick Ssewanyana and Byron Bitanihirwe prognostiziert signifikante gesellschaftliche Folgen für das Glücksspiel in diesen Staaten.

In Ländern wie Äthiopien hätten bereits mehr als 73 % der Jugendlichen an irgendeiner Form des Glücksspiels teilgenommen. Eine beängstigende Zahl: Schließlich wird die Zahl der erwachsenen Risikospieler in dem Land schon jetzt auf 37 % beziffert. Sie könnte mit der Expansion von Mobil-Wetten in den nächsten Jahren deutlich steigen.