Freitag, 06. Dezember 2024

Der Glücksspiel­staatsvertrag 2021 tritt in Kraft: Online-Glücksspiel jetzt legal

Paragraphen

Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV) tritt am 1. Juli in Kraft. Für Online-Casino-Anbieter und Spieler gilt demnach ab morgen eine bundeseinheitliche Regelung rund um das virtuelle Glücksspiel. Seit Beginn der Übergangsphase am 15. Oktober haben Betreiber und Verbraucher erste Eindrücke darüber erhalten, worauf sie sich einstellen müssen.

Beim GlüStV soll vor allem der Spielerschutz im Fokus stehen. Aus diesem Grunde haben die Gesetzgeber mehrere Maßnahmen implementiert, die diesen gewährleisten sollen.

Maßnahmen zum Jugend- und Spielerschutz im Glücksspielstaatsvertrag 2021:

  • Obligatorischer Anschluss an das Spielersperrsystem OASIS
  • Maximale monatliche anbieterübergreifende Einzahlung von 1.000 Euro
  • Einrichtung eines Panik-Buttons für eine 24-Stunden-Sperre
  • Paralleles Spiel bei mehreren Anbietern nicht möglich
  • Kein synchrones Spiel mit mehreren Spielautomaten
  • Höchsteinsatz von 1 Euro pro Spielrunde
  • 5 Sekunden Pause zwischen den Spielrunden
  • 5 Minuten Pause nach einer Stunde Spielzeit
  • Auto-Play-Funktion ist verboten
  • Obligatorische Erstellung eines Spieler-Accounts bei Nutzung des Spielangebots
  • Angaben von Gewinnen und Verlusten beim Login ins Online-Casino
  • Reduziertes Spielangebot

Weniger Spiele, höhere Kosten

Bereits zu Beginn der Übergangsphase stellten die Spieler zahlreicher Online-Casinos erhebliche Änderungen fest, die unter anderem die Spieleauswahl betreffen. Beispielsweise werden einige Spiele bei Anbietern, die sich um eine deutsche Lizenz bewerben wollen, nicht mehr angeboten.

So sieht der GlüStV vor, dass progressive Automatenspiele wie beispielsweise der Mega Moolah-Slot von Microgaming nicht mehr in lizenzierten Online-Casinos angeboten werden dürfen. Klassische Casinospiele wie Roulette, Blackjack und Baccarat dürfen zudem nicht mehr auf derselben Plattform angeboten werden wie Slots. Dies betrifft auch das Live-Casino. Zurzeit ist lediglich das Angebot von Spielautomaten, Online-Poker und Sportwetten in den zu lizenzierenden Online-Casinos gestattet.

Kehren die klassischen Casinospiele in die Online-Casinos zurück?

Der GlüStV orientiert sich bei der Regulierung des Glücksspiels an den terrestrischen Glücksspielstätten. Spielbanken unterteilen ihre Spielbereiche in das Automatenspiel und das klassische „Große“ Casinospiel mit Roulette und Blackjack.

Künftig soll das Bankhalterspiel dem Landesrecht unterliegen. Das bedeutet, dass die Länder Lizenzen für Online-Roulette, -Blackjack und -Baccarat ausstellen dürfen. Die Anzahl der Konzessionen soll sich hier an der Anzahl der Lizenzen für Spielbanken orientieren.

Branchenkenner gehen davon aus, dass besagte Glücksspielangebote in Zukunft entweder von privaten Unternehmen oder von staatlichen Gesellschaften angeboten würden. Derzeit sind noch keine Bemühungen diesbezüglich bekanntgemacht worden.

Ein überaus kontrovers diskutiertes Thema ist die Besteuerung des Online-Glücksspiels. Der Deutsche Bundestag hat diesen Monat die Glücksspielsteuer beschlossen, die eine Besteuerung der Spielereinsätze von 5,3 % vorsieht.

Heftige Kritik kam vom Deutschen Sportwettenverband (DSWV), der das Gesetz zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes als „Steuer-Irrsinn“ und „gefährlichen Sonderweg“ bezeichnete. Der DSWV schloss sich damit der Meinung des Deutschen Verbands für Telekommunikation und Medien (DVTM) an.

Geld, Hände, Laptop

Online-Glücksspiel wird teurer für Spieler. (Bild: pixabay.com)

Inzwischen sind der DSWV und die European Gaming and Betting Association (EGBA) mit einer Beschwerde bei der Europäischen Kommission vorgetreten.

Die EU-Kommission solle prüfen, ob die vorgesehene Einsatzsteuer gegen das europäische Beihilferecht verstoße.

Die Kommission soll die Bundesregierung nun aufgefordert haben, zu dem Besteuerungsmodell Stellung zu beziehen. Das letzte Wort scheint in dieser Angelegenheit  noch nicht gesprochen worden zu sein.

Millionenmarkt trotz strenger Regulierung

Trotz der teilweise überaus restriktiven Vorgaben laufe das Geschäft bereits seit längerer Zeit auf Hochtouren, berichtete das Manager-Magazin in seiner heutigen Ausgabe. Nach Angaben der European Gaming & Betting Association (EGBA) würden über 11 % der Umsätze mit Online-Glücksspiel in Deutschland generiert.

Im Jahre 2019 seien 2,7 Mrd. Euro umgesetzt worden, mit steigender Tendenz. Nach Großbritannien mit 30 % Marktanteil sei Deutschland der zweitwichtigste Markt für Online-Glücksspiel-Betreiber.

Nach dem Inkrafttreten hätten bereits mehrere bekannte deutsche Unternehmen wie Löwen Entertainment und die Gauselmann Gruppe angekündigt, auf dem Online-Markt aktiv werden zu wollen. Für ihr bereits verfügbares Angebot auf dem terrestrischen Glücksspielmarkt sei die virtuelle Welt ein zusätzlicher Vertriebsweg.

Viele gingen in die Spielhalle, weil sie dort die Atmosphäre und den sozialen Kontakt schätzten. Andere seien lieber allein beim Spielen und nutzten daher die Online-Angebote.

Der Glücksspielstaatsvertrag und die terrestrischen Spielhallen

Spielhalle

Zahlreiche Spielhallen von Schließung bedroht. (Bild: krueger-automaten.de)

Mit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrag wird auch das stationäre Glücksspiel in Spielhallen neu geregelt, mit erheblichen Folgen für zahlreiche Betreiber, Unternehmen und Angestellte.

Betroffen sind nicht nur die Big Player im Glücksspielgeschäft wie Gauselmann und Löwen Entertainment, sondern vor allem zahlreiche mittelständische Familienunternehmen.

Allerdings soll die Umsetzung der neuen Vorgaben beim terrestrischen Glücksspiel in der Zuständigkeit der Länder liegen. Das hat zur Folge, dass die Gefahr einer Spielhallen-Schließung in einigen Ländern höher ist als in anderen.

So sollen die Regeln, die einen Mindestabstand von 500 Metern Luftlinie zueinander und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen vorsehen, in Baden-Württemberg beispielsweise sehr streng umgesetzt werden.

Laut DAW werde die Branche mit einem Umsatzrückgang von etwa 50 % zu rechnen haben. Bis zu 80 % der rund 8.000 Standorte müssten möglicherweise schließen. Dies könne den Verlust von rund 10.000 Arbeitsplätzen zur Folge haben, so der Verband.

Die Meinungen zum Glücksspielstaatsvertrag sind geteilt. Während einigen Kritikern die Auflagen nicht weit genug gehen und noch härtere Restriktionen fordern, sehen andere, wie beispielsweise Dr. Henzgen, die Rechte der Verbraucher zu stark eingeschränkt und befürchten, dass die Marginalisierung legaler und qualitativer Angebote den Schwarzmarkt und das illegale, unkontrollierte Spiel stärken könnten.