Freitag, 29. März 2024

Ex-Boss von Paddy Power kritisiert Glücksspiel-Politik und „skrupellose“ Anbieter in Irland

Paddy Power Wettbüro

Irland ist das einzige Land in Westeuropa, dessen Glücksspielsektor überwiegend unreguliert ist. Der Mitbegründer und Ex-CEO des irischen Glücksspielkonzerns Paddy Power, Stewart Kenny, hat in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem irischen TV-Sender RTÉ [Seite auf Englisch] in diesem Zusammenhang harsche Kritik an der Politik des Landes geübt. Auch bemängelte er die Praktiken einiger seiner Branchenkollegen.

Kenny sei dabei gewiss kein Glücksspielgegner, ganz im Gegenteil: er habe sein gesamtes Leben eine Leidenschaft für Sportwetten und andere Glücksspiele gehabt. Diese müssten jedoch unbedingt gut reguliert werden und das sei in Irland nicht der Fall.

Im internationalen Vergleich liege die grüne Insel weit zurück. Für mindestens die letzten 20 Jahre habe die irische Regierung den Bereich Glücksspiel vollkommen vernachlässigt und dabei verschlafen, dass das Glücksspiel mittlerweile zu großen Teilen online stattfinde und jeder es „in der Hosentasche“ mit sich herumtragen könne.

In Irland ist noch immer der im Jahr 1956 verabschiedete Gaming and Lotteries Act in Kraft, der zuletzt 1986 ein Update erhielt. Da das Online-Glücksspiel im Gesetz natürlich unerwähnt bleibt, formulierte die Regierung im Jahr 2013 ein neues Glücksspielgesetz unter dem Titel Gambling Control Bill. Obwohl die irischen Parteien die Neuregulierung des Glücksspiels vor jeder Wahl in ihr Parteiprogramm aufnehmen, wurde ein neues Gesetz noch immer nicht verabschiedet.

Da das Online-Glücksspiel weder offiziell legal noch illegal sei, könnten die Einwohner des Landes ohne jedwede Limits bei Online-Casinos und Online-Buchmachern spielen und wetten. Von Spielerschutz könne daher keine Rede sein, insbesondere dann nicht, wenn Spieler an die schwarzen Schafe der Branche gerieten.

Sorge um besonders suchterzeugende Spiele

Kenny selbst habe aus genau diesem Grund 2016 seinen Posten und damit die Branche verlassen. Er habe nicht mehr Teil einer Industrie sein wollen, die „sich weigert, etwas Bedeutsames für den Spielerschutz zu tun“. Vor allem kritisiere er, dass viele Buchmacher heutzutage ihr Angebot auch auf besonders süchtig machende Casino-Spiele wie Online-Slots ausweiteten.

Diese stellten insbesondere für junge Spieler eine große Gefahr dar, da sich die Impulskontrolle bei jungen Erwachsenen Studien zufolge erst ab zirka 25 Jahren gänzlich manifestiere. Doch auch er selbst wolle sich nicht gänzlich von der Schuld freisprechen, Spieler gefährdet zu haben:

Das Internet war wie eine Explosion. Zur Verteidigung der Industrie muss ich sagen, wir haben nicht sofort verstanden, wie sehr es in die Leben der Menschen eindringen würde. Ich muss für einige der Entwicklungen die Verantwortung übernehmen. Ich war Teil davon und ich bereue zutiefst, dass ich nicht proaktiver war.

Auch unter seiner aktuellen Geschäftsführung gestand Paddy Power kürzlich ein, in Bezug auf den Spielerschutz „nicht immer alles richtig gemacht“ zu haben. Allerdings setze der Konzern nun alles daran, seine Kunden bestmöglich zu schützen. Aus diesem Grund seien beispielsweise Kreditkartenzahlungen abgeschafft und die Ausstrahlung von Werbung drastisch reduziert worden.

Auch habe sich Paddy Power verpflichtet, 1 % seiner Nettoumsätze für Spielsucht-Forschung, -Prävention und -Behandlung abzugeben.