Samstag, 27. April 2024

Schweizer Safer Sex-Kampagne „Love-Life“ ist gleichzeitig Lotterie

Love-Life-Kampagne|Kondomverpackungen

Love-Life-Kampagne

Bei der Love-Life-Kampagne werden erstmals Sachpreise verlost (Bild: lovelife.ch)

In der Schweiz wird im Rahmen einer „Love-Life“-Kampagne für Safe-Sex und gegen HIV sowie andere sexuell übertragbare Krankheiten die Vergabe von Kondomen mit einer Lotterie verbunden, bei der es über 3.500 Sachpreise zu gewinnen gibt. Nach Angaben der Initiatoren vom Bundesamts für Gesundheit (BAG) werden im Verlauf der Kampagne über 400.000 Kondome kostenlos verteilt.

Die Kondome werden von Freiwilligen in Klubs, Bars, Schwimmbädern oder auf Musikfestivals verschenkt. Für die Teilnahme an der Verlosung ist ein Mindestalter von 16 Jahren erforderlich. Das Motto „Machs mit und gewinne“ basiert einem Sprecher der BAG zufolge auf der Idee, dass jeder, der sich mit einem Kondom schützt, bereits ein Gewinner ist.

„Love-Life“-Kampagne erstmals mit Gewinnspiel verknüpft

In der neuesten Auflage der Kampagne wird die Ausgabe von Hunderttausenden von Kondomen mit einem Gewinnspiel verknüpft. Ab Anfang Juli werden diese „Love-Life“-Kondome in Umlauf gebracht. Jedes ist mit einem Gewinncode versehen. Insgesamt werden auf diese Weise 3.500 Preise unter die Empfänger gebracht. Bei 400.000 verteilten Kondomen entspricht die Gewinnchance somit knapp 1 %.

Zu den Sachpreisen gehören Kameras, Kleidung, Fahrräder, Unterhaltungselektronik oder Möbel, aber auch Rasenmäher oder eine Freifahrt mit einem Monster-Truck. Geldpreise werden dabei auch aus rechtlichen Gründen nicht verlost.

Die „Love-Life“-Kampagne wird vom Bundesamt mit jährlich ungefähr zwei Millionen Franken unterstützt, wobei die Sachpreise in diesem Jahr von Schweizer Firmen aus unterschiedlichsten Branchen gestiftet wurden. Diese werden in Verbindung mit den zur Verfügung gestellten Preisen auf Wunsch auf einer Webseite mit den ausgelobten Gewinnen namentlich erwähnt.   Eine solche Kooperation sei bisher einmalig in der Geschichte der „Love-Life“-Aktion. Darüber hinaus wird die Kampagne mithilfe verschiedener Werbespots medial promotet.

Aufklärung und Verringerung von Neuinfektionen Hauptgründe der Kampagne

Das Bundesamt bewirbt seit über 30 Jahren die Benutzung von Kondomen, um die Gefahr von Ansteckungen mit sexuell übertragbaren Infektionen zu verringern. Ein Sprecher des BAG sagte zu der bis in den Herbst laufenden Aktion:

„Damit sich die Menschen auch nach 30 Jahren „Love-Life“-Kampagnen von den Botschaften angesprochen fühlen, werden immer wieder neue, überraschende Kampagnen umgesetzt. Damit stellen wir sicher, dass wir mit der Aktion einen Großteil der anvisierten Zielgruppe erreichen.“

Kondomverpackungen

In den Verpackungen liegen die Gewinncodes (Bild: Pixabay)

Nach wie vor tut Aufklärung Not, denn in der Schweiz kommt es jährlich zu etwa 100 neuen Aids-Diagnosen. Etwa 20.000 Menschen in der Schweiz sind mit dem HIV-Virus infiziert.

Mit „Love-Life“ soll aber auch über andere sexuell übertragbare Krankheiten aufgeklärt werden.  So sind schätzungsweise zwischen vier bis zehn Prozent der sexuell aktiven Bevölkerung von Chlamydien betroffen. Und allein im Jahr 2016 registrierte das Bundesamt für Gesundheit 2.270 neue Fälle von Tripper.

Auf der Kampagnen-Seite der Initiatoren können die Mitspieler nachprüfen, ob ihr Gewinncode tatsächlich zu einem Preis führt. Neben der Teilnahme an der Lotterie können Interessierte auf der Homepage der Aktion zugleich einen freiwilligen Safer-Sex-Check machen. Basierend auf den gemachten Angaben vergibt der Online-Check daraufhin individuell abgestimmte Empfehlungen für Safer-Sex.

Öffentliche Stimmung in der Schweiz tendiert gegen das Glücksspiel

Die Aktion fällt in eine Zeit, in der die Stimmung der Schweizer gegen das Glücksspiel tendiert. So konnten die Eidgenossen jüngst über eine Einführung von Netzsperren zur Beschränkung des Marktzutritts von ausländischen Online Casinos abstimmen.

Mit 72,9 % stimmte eine überwältigende Mehrheit der Wähler für die Beschränkung. Allerdings nahmen lediglich etwa ein Drittel der Wahlberechtigten Schweizer an der Abstimmung teil. Dies zeigt, dass das Thema lediglich bei einem bestimmten Teil der Bevölkerung heiß diskutiert wird oder überhaupt Interesse weckt.

Unabhängig von dem Wahlverhalten sind die Folgen schwerwiegend für Anbieter, die über keinen Sitz in der Schweiz verfügen. Für sie werden Netzsperren eingerichtet, weshalb sie ihre Online Glücksspiel-Angebote nicht mehr in dem Land vermarkten können.

Kritiker bemängeln, dass diese Regelung das Glücksspiel nicht bekämpfen, sondern lediglich die Position der Schweizer Online Casinos stärken würde. Zudem fürchten sie, dass die Casino-Branche nur der Anfang sei. Denn künftig könnten auf dieselbe Art und Weise weitere missliebige Webseiten in der Schweiz abgeschaltet werden. Dies entspräche im Endeffekt der Einführung einer Internet-Zensur.

Für die „Love-Life“-Aktivisten scheint die unter Teilen der Bevölkerung verbreitete negative Stimmungslage jedoch keine Auswirkungen zu haben. Bisher gab es gegen die Kampagne des Bundesamtes – so provokant sie manchen Schweizern erscheinen mag – jedenfalls keine größeren Proteste. Der Verlauf der Aktion wird zeigen, ob sie von Erfolg gekrönt ist und gegebenenfalls im nächsten Jahr wiederholt wird.