Donnerstag, 25. April 2024

Spielhallen schließen während Online-Casinos boomen

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Es scheint, als habe das klassische Konzept der Spielhallen ausgedient. Immer mehr Spielhallen schließen. Online-Casino Anbieter sprießen im Netz wie Pilze aus dem Boden. Steht den Spielhallen das Ende bevor?

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Entwicklung der Umsätze von Casinos und Online-Casinos. (Bild: DSBV)

Glücksspiel boomt. Weltweit und auch in Deutschland. Die Branche verzeichnet jedes Jahr Rekordumsätze. Die Umsätze bei den Sportwetten in Deutschland betrugen im Jahr 2012 noch 3,46 Milliarden Euro, im Jahr 2017 waren es schon 5,12 Milliarden Euro. Der Gesamtumsatz der Glücksspielbranche in Deutschland wuchs von 13,14 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf 13,35 Milliarden Euro im Jahr 2014 und die Prognose für den Jahresumsatz 2018 liegt bei 14,13 Milliarden Euro. Doch eines ist interessant, wenn man sich die Zahlen in Deutschland anschaut: Während die Umsätze der Online-Glücksspielanbieter exponentiell in die Höhe schnellen, schrumpfen die Umsätze der klassischen Spielhallen. So durchbrach die Umsatz-Kurve der wachsenden Online-Branche bereits 2010 die der Spielhallenanbieter.

Die Folgen? Politiker lassen die Köpfe rauchen, wie sie die noch halb legale Online-Glücksspiel-Industrie in Deutschland legalisieren und regulieren, was aufgrund der Technik und Anonymität des Internets kein einfaches Unterfangen ist. Des Weiteren beobachtet man, wie reihenweise Spielhallen in Deutschland schließen müssen. Eine Auswirkung der Online-Konkurrenz?

These ist nicht haltbar

Ganz so einfach ist es nicht. Die These der schließenden Spielhallen und der armen Mitarbeiter, die ihre Jobs verlieren wegen des bösen Internets, ist so nicht zu halten. Mit Sicherheit verlieren die Spielhallen einige ihrer Kunden ans Internet. Dies hat aber auch damit zu tun, dass ihnen das Leben durch das Gesetz nicht gerade einfach gemacht wird.

Viele Spielhallen müssen in Deutschland aufgrund des Glücksspielstaatsvertrages geschlossen werden. Der 2012 in Kraft getretene Vertrag dient als Gesetzesgrundlage für die Bundesländer und hat eine Regulierung der Anbieter zum Schutz der Spieler als Ziel. Die Glücksspielgesetzgebung ist aber Ländersache und die Interpretation dieses Rahmenvertrages sowie die jeweilige Implementierung in geltendes Recht liegt bei den Landesregierungen. Durch den Vertrag und die damit verbundene Regulierung sollen vor allem die Spieler geschützt werden, sprich, weniger leicht in eine mögliche Spielsucht geraten.

Laut Vertragstext darf ein Casino zum Beispiel nicht mehr als 12 Spielautomaten anbieten. Da viele Casinos allerdings bereits mehr Automaten besaßen, wurde eine Übergangsfrist von 5 Jahren gewährt. In dieser Zeit wurden die Richtlinien von den Behörden kaum durchgesetzt. Auch umgingen die Betreiber die Richtlinie schlichtweg, indem sie mehrere Konzessionen für ein Gebäude beantragten um so mehrere Automaten aufstellen zu können.

Der Vorstandssprecher des Dachverbands Deutsche Automatenwirtschaft, Georg Stecker, kritisierte gegenüber der Frankfurter Rundschau– dass dies nicht zu einem besseren Schutz der Menschen vor der Spielsucht führe. Stecker plädiert vielmehr für eine Zertifizierung für ordnungsgemäß geführte Casinos, wie sie etwa der TÜV Rheinland anbiete.

Auch müssen Spielhallen nun einen Mindestabstand von Schulen, Jugendhäuser und anderen öffentlichen Einrichtungen haben, die von Kindern und Jugendlichen besucht werden. Die jeweiligen Mindestabstände definieren die Bundesländer dabei selbst.

„Darunter fallen auch Kindergärten, dabei dürfen Kinder und Jugendliche sowieso nicht in Spielhallen. Es ist deshalb kaum nachvollziehbar, warum ein Mindestabstand von 300 Metern zu Grundschulen und Kindergärten einzuhalten ist. Mindestabstände in Zeiten des Onlinespiels haben sowieso wenig Sinn.“

Michael Wollenhaupt

Michael Wollenhaupt, Erster Vorsitzender des Hessischen Münzautomatenverbands. (Bild: HMV)

So kommentierte Michael Wollenhaupt, Erster Vorsitzender des Hessischen Münzautomatenverbands.

Vergangenes Jahr ist die Schonfrist nun allerdings ausgelaufen und die Behörden zwingen immer mehr Betriebe ihre Tore zu schließen. In Frankfurt zum Beispiel mussten 2018 bereits 14 Spielhallen schließen. Bis die Vorgaben erfüllt sind, müssen noch weitere 80 folgen. Damit würden mehr als die Hälfte aller existenten Betriebe in der Stadt wegfallen.

Eine Neufassung des Glücksspielstaatsvertrages ist also dringend notwendig und soll bis 2021 ausgearbeitet und umgesetzt sein. Denn die Lage, in der sich der deutsche Staat momentan befindet, ist auch für seine Steuerkassen wenig vorteilhaft.

Das Problem mit der EU

Andere EU-Länder, wie beispielsweise Großbritannien, vergeben fleißig Konzessionen für Online-Casinos, während Deutschland Spielhallen schließt, aber keine Online Casinos genehmigt. Wenn ein Anbieter eines anderen EU-Mitgliedsstaats allerdings zum Betreiben eines Casinos berechtigt ist, kann er seine Dienstleistungen prinzipiell in der gesamten EU anbieten. EU-Dienstleistungsfreiheit heißt das Zauberwort.

So können die Online-Casino-Anbieter aus Europa ungehindert Geschäfte machen und zum Beispiel das Online-Glücksspiel in der Steuer- und Glücksspiel-Oase Malta konnte zu einer mittlerweile milliardenschweren Industrie heranwachsen. Anbieter die Ihre Lizenzen in Malta erhalten haben, und teilweise ihren Hauptsitz nach Malta verlegt haben, haben unzählige Angebote speziell für den deutschen Markt designt und scheffeln kräftig Geld, während der deutsche Staat beim boomenden Glücksspiel fast leer ausgeht.

Im Vergleich mit anderen Ländern rückt Deutschland immer weiter nach hinten, was die Steuereinnahmen durch Glücksspiel angeht. Und das obwohl sich auch das Glücksspiel in Deutschland großer Popularität erfreut.