Freitag, 19. April 2024

Neue Studie bestätigt Hirnschäden durch American Football

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Football Spieler erleiden im Laufe ihrer Karriere zahlreiche Gehirnerschütterungen. (Bildquelle)

Eine wissenschaftliche Untersuchung der Neuropathologin Dr. Ann McKee von der Boston University in Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern von VA Boston Healthcare System hat ergeben, dass ein Zusammenhang zwischen American Football und der Gehirnerkrankung CTE besteht. Insgesamt wurden die Gehirne von 202 verstorbenen Footballspielern zwischen 23 und 89 Jahren untersucht, da sich die Krankheit nur nach dem Tod nachweisen lässt. Bei insgesamt 177 Probanden (87 %) konnten die Wissenschaftler Anzeichen von CTE feststellen. Bei den 111 untersuchten NFL Profispielern ließen sich die Veränderungen sogar bei 110 Personen diagnostizieren. Die Positionen Lineman und Runningback fielen dabei als besonders gefährdet auf. Die Symptome von CTE ähneln im Endstadium dem Parkinson-Syndrom. Sie wurden auch bereits vermehrt mit anderen Sportarten assoziiert, darunter vor allem Boxen.

NFL Spieler zu 99 % betroffen

Alarmierendes Ergebnis der Studie ist nicht nur die Gesamtdurchdringung von 87 % aller Probanden, sondern auch der Befall von 99 % aller untersuchten NFL Spieler. 110 von 111 ehemaligen und mittlerweile verstorbenen Profis aus der National Football League wiesen Symptome von CTE auf. Die übrigen 67 Spieler verteilen sich auf untere Spielklassen, was die Annahme bestätigt, dass auch schon Gelegenheits- und Hobbyspieler von der Krankheit befallen werden können. Bei CTE (Chronisch Traumatische Enzephalopathie) handelt es sich um eine dysfunktionale Veränderung des Gehirns, bei der durch Schädel-Hirn-Traumata und Gehirnerschütterungen Gehirnzellen absterben können. CTE gliedert sich in vier Stadien, die die folgenden Symptome beinhalten können:

  • 1: Kopfschmerzen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen
  • 2: Depressionen, Überemotionalität, Agressivität, Erinnerungslücken
  • 3: konkrete Beeinträchtigungen des Alltags durch Planungs- Organisations- und Ausführungsprobleme sowie mangelndes Urteilungsvermögen, Sprechschwierigkeiten und unkoordinierter Gang
  • 4: fortschreitender Gedächtnisverlust in Form von Demenz sowie Koordinationsverlust in Form von Parkinson

Betroffene können im Zuge der Krankheit schwere Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen durchlaufen und erinnern im Endstadium an einen Demenz- und Parkinsonpatienten. Die Symptome dieser beiden Krankheiten treten bei CTE oft in Verbindung miteinander auf.

Vorsicht bei vorschnellem Urteil

Bei der Studie ist zu beachten, dass die zur Verfügung gestellten Gehirne hauptsächlich von Footballspielern stammen, bei denen bereits zu Lebzeiten einzelne Symptome zu beobachten waren. Nicht alle Familienangehörigen gaben die Gehirne ihrer verstorbenen Verwandten für eine Untersuchung frei, sodass der repräsentative Charakter der Ergebnisse erst noch untermauert werden muss. Ebenfalls zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass die aktive Spielzeit vieler Probanden schon länger zurückliegt. Mittlerweile sind Trainingsmethoden, medizinische Betreuung und Schutzausrüstung verbessert worden. Obwohl die NFL bis vor kurzem noch den negativen Einfluss von Erschütterungen und Schlägen auf den Kopf auf das Gehirn vehement abstritt, ist der Zusammenhang von Kopfverletzungen und CTE und American Football nicht von der Hand zu weisen. Infolgedessen fürchtet die beliebteste Sportart der Amerikaner um ihre Zukunft, da Spieler bereits ein vorzeitiges Karriereende anstreben und auch der Nachwuchs wackelt. Dr. McKee bringt es in ihrer Studie auf den Punkt und erklärt:

„Es ist nicht länger strittig, ob es ein Problem beim Football gibt – es gibt eins.”

Das aggressive Spielverhalten und das publikumswirksame Zusammenprallen zweier oder mehrere Spieler können einen einzelnen Spieler bis zu 60 Mal pro Match ereilen. Dann ist sein Kopf einer Krafteinwirkung ausgesetzt, die mit einer Fahrzeugkollision bei Tempo 50 vergleichbar ist. Das gilt auch für Stürze auf den Boden, die ebenfalls leichte Gehirnerschütterungen hervorrufen können.

Sog. Boxer-Syndrom auch bei anderen Sportarten beobachtet

Auch wenn die NFL die verheerenden Auswirkungen von wiederholten Zusammenstößen, Erschütterungen und Kopfverletzungen nur widerwillig einsieht, so ist die Studie von Ann McKee nicht die erste wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema, die ein solches Ergebnis zu Tage gefördert hat. Sowohl zu Football als auch zu anderen Sportarten gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass Spieler an CTE gelitten haben, bevor sie starben. Beim dem in Deutschland populären Fußball gehören besonders Kopfbälle zu den Gefahrensituationen. Zu den weiteren Sportarten, bei denen bereits Fälle von CTE beobachtet wurden, zählen:

  • Baseball
  • Boxen
  • Eishockey
  • Rugby
  • Wrestling
  • MMA

CTE war früher auch unter der Bezeichnung Boxer-Syndrom, Boxerenzephalopathie und faustkämpferisches Parkinson-Syndrom bekannt. Mittlerweile wurden diese Benennungen jedoch aufgrund ihres subjektiven Charakters durch das neutrale CTE ersetzt. Dennoch lässt sich an den alten Namen erkennen, dass CTE immer schon in Verbindung mit bestimmten Sportarten aufgetreten ist.