Dienstag, 12. November 2024

Suchthilfe-Organisation kritisiert Bastian Schweinsteigers Werbedeal mit der Automaten­wirtschaft

Bastian Schweinsteiger|Bastian Schweinsteiger

Die Suchthilfe-Organisation Blaues Kreuz kritisiert die Werbung, die der Fußballer Bastian Schweinsteiger (34) für die deutsche Automatenwirtschaft macht. Dabei verweist die Organisation auf Plakate, auf denen der Fußballer für das legale und geregelte Glücksspiel wirbt.

In seiner gestern veröffentlichten Pressemitteilung kritisiert das Blaue Kreuz den Slogan, der auf den Plakaten mit Bastian Schweinsteiger zu sehen ist, die unter anderem an Bushaltestellen und U-Bahnhöfen hängen:

„Das Allerwichtigste ist, dass du fair und sauber spielst, egal wo, und was du spielst.“

Damit werbe Schweinsteiger für das legale Glücksspiel, das schon viele Menschen in die Sucht getrieben habe. Dabei verweist das Blaue Kreuz auf das im April erschienene Jahrbuch Sucht 2019, demzufolge das Suchtpotenzial beim legalen Glücksspiel an Geldautomaten gestiegen sei.

Die Werbung der Deutschen Automatenwirtschaft mit Bastian Schweinsteiger

Im Oktober vergangenen Jahres startete die Deutsche Automatenwirtschaft ihre Kampagne mit dem WM-Star, die in diesem Frühjahr in die zweite Runde ging. Ziel war es, für faire Regeln beim Glücksspiel zu werben und deutlich zu machen, dass sich die Mitglieder des Verbandes an die fünf Regeln für Spielhallen halten:

  • Zutritt ab 18 Jahren
  • kein Alkohol
  • geschultes Personal
  • Spielerschutz
  • geprüfte Qualität.

Derartige Kampagnen führt die Deutsche Automatenwirtschaft bereits seit 2013 durch.

Kritikpunkt des Blauen Kreuzes in Deutschland sei, dass Schweinsteiger seine Vorbildfunktion als bekannter Fußballer für die Glücksspielwerbung statt für die Suchtprävention nutze. Der Bundessekretär der Organisation, Jürgen Naundorff, forderte Schweinsteiger weiterhin auf, seine Zusammenarbeit mit der Deutschen Automatenwirtschaft zu beenden:

„Wir fordern Sie auf, sich nicht weiter in den Dienst einer Industrie zu stellen, die den finanziellen und damit nicht selten einhergehenden seelischen Ruin ihrer Nutzer einkalkuliert. Noch schlimmer: sie wehrt sich entschieden, süchtigen Spielern, die sich sperren lassen wollen, diesen Schutz zu gewähren. Herr Schweinsteiger, zeigen Sie Größe wie auf dem Rasen und arbeiten Sie nicht länger mit der Deutschen Automatenwirtschaft zusammen. Werben Sie stattdessen für suchtpräventive Maßnahmen!“

Die Kritik an der Kampagne ist nicht neu. Bereits im vergangenen Jahr, als sie an den Start ging, war der Automatenwirtschaft vorgeworfen worden, das Image der Branche damit aupolieren zu wollen. So hatte der Diplom-Psychologe Kai Müller beispielsweise gegenüber der Tageszeitung Berliner Morgenpost kritisiert, die Aktion als Aufklärungskampagne zu präsentieren, obwohl sie nur eine Werbemaßnahme für Geldspielautomaten sei.

Bestrebungen nach einem geeigneten Rahmen für das legale Glücksspiel

Die Deutsche Automatenwirtschaft dagegen betonte, dass ihre Aufklärungskampagne sich ausdrücklich gegen das illegale Glücksspiel richte und sie fehlenden Regulierungen entgegensteuern wolle. Georg Stecker, Vorstandssprecher der Deutschen Automatenwirtschaft, sagte zum Kampagnenstart:

„…nur legale, verbraucherschützende und kontrollierte Spielhallen bieten einen geeigneten Rahmen für die Faszination des Automatenspiels. Aber nur, wenn der Verbraucher die Regeln kennt, kann er die legalen von den illegalen Angeboten unterscheiden und wissen, wo sauber und fair gespielt wird.“

Im Bereich des Spielerschutzes fordere die Deutsche Automatenwirtschaft daher in Deutschland optimalerweise biometrische Zutrittskontrollsysteme für Spielhallen und eine bundesweite Sperrdatei.

Bastian Schweinsteiger, Deutsche Automatenwirtschaft

Bastian Schweinsteiger wirbt auf Plakaten für das legale Glücksspiel. (Bild: Die Deutsche Automatenwirtschaft)

Zudem gab die Automatenwirtschaft an, illegale Angebote wachsen zu sehen. Diese Gefahr betonte nun auch der Deutsche Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) in seiner Pressemitteilung vom 6. Mai 2019 mit Hinblick auf die bevorstehende Reform des dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrages.

Dieser wurde im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am 21. März gezeichnet und gilt nun als Übergangslösung bis zum Jahr 2021. Angesichts dessen sieht der Vorstandsvorsitzende des DVTM, Renatus Zilles, dringend Gesprächsbedarf zwischen Politik, Verbänden und Industrie.

Nach dem derzeitigen Reformansatz, so Zilles, könnten Anbieter, deren Glücksspiele auch im Internet verfügbar seien, ab Ende 2019 kein Online Casino mehr anbieten. Dies hätte nicht nur wirtschaftliche Folgen, sondern würde auch ausländischen Anbietern die Möglichkeit geben, das Vakuum für ihre „nicht immer seriösen“ Geschäftsmodelle zu nutzen.

Ziel solle es stattdessen sein, den deutschen Bettertainment-Markt, der Sportwetten, Poker, Casinos und Online-Lotterien einschließe, in eine „positive Zukunft“ zu führen…

„[…] und dies vor dem Hintergrund, dass es in der immer stärker voranschreitenden Digitalisierung keine Landes- und Ländergrenzen mehr gibt.“

Nach der vorläufigen Einigung, die derzeit besteht, darf zumindest Schleswig-Holstein seine an Online Casinos vergebenen Lizenzen bis Mitte 2021 weiterführen. Abzuwarten bleibt, ob es danach bundesweite Lizensierungen geben wird.