Freitag, 26. April 2024

Trainer boykottieren Pferderennen: Sind die Preisgelder unfair niedrig?

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Am Samstag verweigerten 20 Trainer, ihre Pferde in diverse Rennen auf die englische Rennstrecke Lingfield Park zu schicken. Grund dafür ist ein andauernder Streit um die Preisgelder, die viele Trainer als unfair und unverhältnismäßig niedrig empfinden.

Trainer im Streik – Rennen gestrichen

Die diesjährige Pferderenn-Saison in Großbritannien hat längst begonnen und jede Woche finden zahlreiche Rennen auf den vielen Rennstrecken des Landes statt. Doch die Freude auf das erste bevorstehenden Großevent, das Cheltenham Festival, wird derzeit getrübt von großem Unmut und Streitigkeiten zwischen Trainern und Veranstaltern.

Das Thema ist altbekannt, denn wieder einmal geht es um die Höhe der ausgeschriebenen Preisgelder. Um die Veranstalter nun zum Umdenken zu bewegen, beschlossen 20 Trainer, die gestrigen Rennen in Lingfield Park [Infos zum Rennen auf Englisch] zu boykottieren.

Kurz vor dem Rennen zogen sie ihre Pferde aus den Rennen zurück, was zur Folge hatte, dass nur vier anstelle der sechs Rennen planmäßig stattfinden konnten. So gab es für das Ladbrokes Novice Stakes Rennen um 16:05 Uhr keinerlei Teilnehmer, weshalb dieses gänzlich ausfiel.

Lingfield Rennstrecke

Für Lingfield sind die Rennen von großer Bedeutung (Bild: Wikimedia)

Das zweite betroffene Rennen war das Ladbrokes Home of the Odds Boost Rennen um 14:25 Uhr. Lediglich Trainer Nick Littmoden beschloss, seine Pferde doch antreten zu lassen. Das Preisgeld für dieses Rennen (4.500 GBP / 5.165 EURO) war dem Trainer damit sicher.

Er betonte jedoch, nicht direkt wegen des Geldes am Rennen teilgenommen zu haben, da er den Gewinn ohnehin an den Injured Jockey Fund spenden würde. Im Jahr 2003 hatte Littmoden selbst ein Rennen boykottiert und andere ebenfalls dazu ermutigt. Damals erhielt er dafür eine Geldstrafe im vierstelligen Bereich.

Auch bei dem gecancelten Rennen lag die Gewinnsumme in diesem Jahr bei 4.500 GBP, was seit 1993 erstmals ein neues Tief darstellte. Viele Trainer bezeichneten den Betrag als „lachhaft“ und „unverschämt“ und erklärten, bei anderen Veranstaltungen bessere finanzielle Anreize zu haben.

Der Boykott sollte speziell am gestrigen Samstag stattfinden, da man die Veranstalter von Lingfield Park damit an einem empfindlichen Punkt treffen konnte. Lingfield feierte genau dann nämlich mit dem Betway Winter Derby einen seiner diesjährigen Höhepunkte.

Sieben Trainer schickten gestern beim Betway Winter Derby in Lingfield ihre Pferde ins Rennen. Klarer Favorit war im Vorfeld Wissahickon mit dem Jockey Frankie Dettori und dem Trainer John Gosden. Bei den Buchmachern lagen hier durchschnittliche Quoten von 1/3 vor.

Wer auf eines der anderen Pferde gesetzt hatte, konnte sich über deutlich bessere Quoten freuen: Master of the World (7/1), Hathal (8/1), Big Country (12/1), Court House (12/1), Chiefofchiefs (14/1) und Pactolus (33/1). Den ersten Platz belegte schließlich der Ire Big Country mit seinem Jockey Luke Morris und Trainer Michael Appleby.

Einsparungen wegen FOBT-Regelungen nötig

Zuständig für die Rennen in Lingfield Park und an fünfzehn weiteren Standorten des Landes ist die Arena Racing Company (ARC). Diese hatte bereits im Dezember angekündigt, dass es in diesem Jahr Kürzungen von gut 3 Mio. GBP bei den jeweiligen Preisgeldern geben würde.

Ein Sprecher der ARC erklärte die Kürzungen damit, dass man aufgrund der neuen Regelungen über FOBT Wettautomaten in Zukunft an anderen Stellen sparen müsse. Bis dato hatten die den Wettbüros und Rennstrecken jährlich Millionenbeträge durch die Automaten einnehmen können.

Fixed-Odds-Betting-Machine

Sind die FOBT Automaten an allem Schule? (Bild: CasinoOnline)

Wegen der neuen Höchsteinsatzgrenze von 2 Pfund befürchteten die Aufsteller der Geräte daher immense Geldeinbußen. Vorausgesagt wurden in dem Zusammenhang auch Schließungen von Wettbüros. Damit wiederum wurden verringerte Einkünfte über die Medienrechte zwischen Rennstrecke und Wettbüros verknüpft.

Ein weiteres finanzielles Problem für den ARC sei auch, dass die Veranstalter anders als 2018 nicht mehr von den durch Rennen eingenommenen Steuern profitieren können. Grund dafür war die Entscheidung, selbst nicht mehr steuerlich in den Fond einzahlen zu wollen.

Vor der Änderung standen der ARC so 4,5 Mio. GBP mehr für die Gesamtheit aller Preisgelder zur Verfügung. Aufgrund der großen Kritik wird derzeit mit der British Horseracing Authority (BHA, oder auch Racecourse Association) über eine erneute Änderung verhandelt.

Zum jetzigen Zeitpunkt jedoch konnte die BHA keine endgültigen Garantien geben. Indes bedauere sie aber, dass es trotz der laufenden Verhandlungen zu einem derartigen Streik seitens der Trainer gekommen sei.

Gigantische Unterschiede im Rennsport

Die aktuellen Beschwerden über zu niedrige Preisgelder betreffen aber längst nicht alle Rennen. Bei den größeren Jahresevents wie dem Cheltenham Festival, dem Coral Scottish Grand National oder dem Royal Ascot können sich die Gewinner nämlich über Preisgelder im sechsstelligen oder gar siebenstelligen Bereich freuen.

Die Veranstalter des Royal Ascot Rennen, welches in diesem Jahr vom 18. bis 22. Juni stattfinden wird, rühmten sich im letzten Jahr sogar damit, dass die Preisgelder seit 2012 um insgesamt 62 % gestiegen seien.

Die Frage ist natürlich, wie gerechtfertigt diese riesigen Unterschiede sind. In anderen Sportarten ist es üblich und allgemein akzeptiert, dass die Sportler der größten Ligen ein Vielfaches dessen erhalten, was Sportler in den unteren Amateurvereinen verdienen können.

Viele Trainer im Pferderennsport argumentieren aber, dass dies in dieser Sportart nicht gerecht sei, da auch in den weniger groß aufgezogenen Rennveranstaltung Pferde der „besten“ und „edelsten“ Rassen teilnehmen würden, die ebenso gute Leistungen erbrächten.

So ist es nicht unwahrscheinlich, dass es zu weiteren Streiks kommen wird. Ob diese jedoch den gewünschten Erfolg bringen, wird sich zeigen.