Dienstag, 16. April 2024

Gutachten: Verstoßen Österreichs Glücksspiel­gesetze gegen Europarecht?

EU Flagge mit Sternen als Paragraphenzeichen

Zwei Juraprofessoren der Universität Osnabrück haben ein Gutachten über die Rechtskonformität der österreichischen Glücksspielgesetze erstellt. In diesem kamen sie zu dem Schluss, dass die geltenden Glücksspielregelungen inkohärent und unionsrechtswidrig seien.

Das Gutachten wurde von der Österreichischen Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG) in Auftrag gegeben. Die Österreichische Presseagentur (APA) hat gestern in einer Pressemitteilung die Ergebnisse der Untersuchung publiziert.

Kritik am Glücksspielmonopol für Casino und Online-Glücksspiel

Die Juristen hätten zunächst den Fortbestand des österreichischen Glücksspielmonopols kritisiert. Dieses habe der Europäische Gerichtshof bereits 2010 gekippt.

Anschließend habe Österreich zwar drei weitere Glücksspiellizenzen ausgeschrieben. Nach deren Ablauf im Jahr 2016 seien diese jedoch nicht erneuert worden, weshalb seither wieder eine Monopolstellung für die Casinos Austria AG bestehe.

Auch in Bezug auf das Online-Glücksspiel bestehe eine ungerechtfertigte Monopolsituation. So sei es allein der zu den Österreichischen Lotterien gehörigen Plattform win2day gestattet, Online-Glücksspiele anzubieten. Dies widerspreche der Dienstleistungsfreiheit der EU.

Claus Retschitzegger, der Präsident der OVWG, kommentiert:

Das Gutachten belegt klar und deutlich die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und bestätigt damit eine Tatsache, auf die wir seit vielen Jahren hinweisen: Online-Anbieter, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU lizenziert sind, dürfen auch in Österreich anbieten. Wir begrüßen das ausdrücklich, denn die Anbieter bringen viel Wertschöpfung und unzählige IT-Arbeitsplätze nach Österreich.

Ähnlich wie in Deutschland befinden sich Glücksspiel-Anbieter, die in einem EU-Land lizenziert sind (z.B. Malta) damit seit Jahren in einer rechtlichen Grauzone.

Mangelnde Kohärenz in Sachen Sportwetten und Poker

Auch was die Legalität von Pokerspielen anbelangt, sei die österreichische Gesetzgebung inkohärent und somit EU-rechtswidrig. So sehe das Gesetz derzeit vor, dass allein die 12 Spielbanken der Casinos Austria AG Poker organisieren dürfen.

Laut dem österreichischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) jedoch sei Poker ein „gemischtes Spiel“ und zähle somit nicht direkt zu den Glücksspielen. Vielmehr sei Poker auf dieselbe Ebene zu stellen wie Sportwetten.

Für diese wiederum gebe es in Österreich keine Begrenzung in Bezug auf die zu vergebenen Lizenzen. Warum Sportwetten hingegen nicht zu den Glücksspielen zählten, habe der österreichische Gesetzgeber zu keiner Zeit hinreichend begründet.

(Kein) Unterschied zwischen Spielautomaten und VLTs?

Eine weitere Ungereimtheit hätten die Gutachter in puncto Spielautomaten versus Video Lottery Terminals (VLT) gefunden. So stelle die Casinos Austria AG beispielsweise in Bundesländern VLTs auf, in denen Spielautomaten nach Landesrecht verboten seien. Die Juristen erklären:

Bei Glücksspielautomaten und VLTs handelt es sich mit Blick auf Spielangebot, Spielverlauf, Spielerschutz, Abgaben und technische Abwicklung um nahezu identische Spielformen. VLTs laden damit zu einem Ausweichen der Spieler und einer Umgehung des Automatenverbots geradezu ein.

Darüber hinaus stimmten die Spielerschutzregelungen für einzeln aufgestellte Glücksspielautomaten mit denen für von Novomatic betriebenen Automatensalons nicht überein.

Österreich müsse daher dringend eine EU-rechtskonforme und kohärente Glücksspielgesetzgebung schaffen. Andernfalls könnten der Republik staatshaftungsrechtliche Ansprüche drohen, heiße es im Gutachten.