Donnerstag, 25. April 2024

Behörden-Spiegel-Webinar: Experten zum „Konflikt­feld Glücks­spiel­werbung“

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Der zur ProPress Verlagsgesellschaft gehörende Behörden Spiegel hat am Dienstag ein Webinar zum Thema „Konfliktfeld Glücksspielwerbung“ veranstaltet. Dabei diskutierte eine Runde von Experten aus Wirtschaft, Rechtswissenschaft und Glücksspielaufsicht über die Situation der Glücksspielwerbung nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) am 1. Juli 2021.

Werbung zur Abgrenzung von illegalen Angeboten

Einleitend hob Betways VP of Operations Maik Brodowski die Bedeutung der Werbung für die Kommunikation von lizenzierten Sportwetten-Anbietern hervor. Diese sei unabdingbar, um das legale Angebot vom Schwarzmarkt abzugrenzen.

Allerdings bestünden gerade aufseiten von TV-Sendeanstalten noch große Unklarheiten über die rechtliche Situation und darüber, was erlaubt bzw. nicht erlaubt sei. Aus diesem Grund wünsche er sich mehr Hilfestellung von Seiten der Behörden, um die existierenden Unsicherheiten zu beseitigen.

Bedeutung der Glücksspielwerbung wächst rasant

Im Anschluss schilderte Dr. Andreas Blaue, Mitglied im Vorstand des DVTM – Deutscher Verband für Telekommunikation und Medien e.V., die rasante Entwicklung, die die Glücksspielwerbung in den vergangenen Jahren erlebt habe. Der Anstieg der Ausgaben sei dabei noch immer zu beobachten. So hätten diese sich von 2019 auf 2020 um über 30 % auf 571 Mio. Euro erhöht.

Dr. Blaue zufolge stelle das Glücksspiel mittlerweile die fünftgrößte Produktgruppe bei den TV-Bruttowerbeinvestitionen. Damit sei die Branche größer als Versicherungen, Brauereien oder Mobilfunkanbieter und erreiche beachtliche 75 % des Anteils der Automobilhersteller. Diese Stellung könnte künftig noch ausgebaut werden: Im Vergleich zu anderen Branchen entwickelten sich die Ausgaben der Glücksspielanbieter weit über dem Durchschnitt.

Der Rechtsexperte schilderte anschließend die Konfliktfelder zwischen Regulierern und Anbietern anhand des §5 GlüStV, der die Glücksspielwerbung regele.

Konfliktfeld Embargozeit

Ein besonders kritischer Punkt sei die Embargozeit für die Rundfunk- und Internetwerbung für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und -Casinospiele. Das Werbeverbot zwischen 6.00 und 21.00 Uhr gelte jedoch nicht für andere Spielformen. So könnten Dachmarken mit breitgefächertem Online-Angebot für Sportwetten werben, wenn diese auf den Wettcharakter eindeutig hinwiesen.

Schweinsteiger Werbung

Werbung mit Testimonials wird kritisch gesehen (Bild: Die Deutsche Automatenwirtschaft)

Eine weitere Problematik sei die Differenzierung zwischen Werbung und Sponsoring. Letzteres unterliege nicht dem Werbebegriff des GlüStV, weshalb die strengen Regeln in diesem Bereich keine Anwendung fänden. Dies gelte neben dem Werbeverbot in der Embargozeit auch für den nicht erlaubten Einsatz von aktiven Sportlern und Funktionären als Testimonials. Voraussetzung bei gesponserten Sendungen sei lediglich, dass vor oder nach der Sendung deutlich auf die externe Finanzierung hingewiesen werden müsse.

Im Anschluss schilderte Dr. Matthias Kirschenhofer, Vorstand der Sport1 Medien AG, die Situation aus Sicht eines Medienunternehmens und Werbezeitenvermarkters. Er bestätigte dabei die von Dr. Andreas Blaue zuvor geschilderten Problemfelder.

Grundsätzlich begrüße er den GlüStV, habe jedoch kritische Anmerkungen. Neben der umstrittenen Besteuerung zählten dazu insbesondere Werbevorschriften wie die Beschränkung der Rundfunkwerbung für virtuelle Automatenspiele oder das Werbeverbot direkt vor und nach Spielen. Dies seien direkte Eingriffe in die Finanzierungsgrundlagen des Rundfunks.

Gefährdete Kanalisierung

Darüber hinaus verhielten sich die Beschränkungen kontraproduktiv zur gewünschten Kanalisierung der Spieler. Als Beispiel nannte Dr. Kirschenhofer die bisher ausbleibende Lizenzerteilung für Antragsteller.

Solange diese nicht erteilt sei, gelte für die Betroffenen ein Werbeverbot. So würden Anbieter getroffen, die sich rechtstreu verhielten und den Jugend- und Spielerschutz befolgten. Die Lücke werde durch illegale Anbieter gefüllt. Jede Verzögerung stärke das illegale Angebot und wirke der Kanalisierung entgegen.

Dr. Kirschenhofer zufolge

lachen sich die Anbieter auf Curaçao, Aruba oder wo sie sonst so sitzen, tot über die deutsche Regulierung.

Die restriktive Politik schädige neben Kanalisierung und legalen Anbietern auch die Rundfunkanstalten. Diese seien auf die mittlerweile erheblichen Ausgaben der Branche in einem stagnierenden Markt angewiesen.

Nadja Wierzejewski, Referentin bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD) und dort zuständig für die Glücksspielaufsicht, erkannte die gleiche Problematik wie ihre Vorredner. Allerdings wolle sie im Gegensatz zu ihnen weniger Werbung und längere Embargozeiten.

Werbung sei für sie ein „zweischneidiges Schwert“, weil diese stets die Gefahr beinhalte, Problemspieler anzulocken. Zugleich erklärte auch Wierzejewski, dass sie sich klare Regelungen wünsche. Dies zu verwirklichen, liege nun an der zentralen Glücksspielaufsicht in Sachsen-Anhalt.

Verbesserungen durch GlüStV?

Hammer Waage Justiz

Gewünscht werden kooperative Lösungen statt Urteile (Bild: Pixabay)

Wie überaus komplex das Themengebiet rechtlich sei, erläuterte Dr. Wulf Hambach, Gründungspartner der Kanzlei Hambach & Hambach und seit rund 20 Jahren im Glücksspielrecht tätig. Er vertrat die Auffassung, dass sich die Situation seit dem 1. Juli verbessert habe.

Der GlüStV entspreche einer Zäsur zum „weißen Werbemarkt“, wo jeder wisse, was erlaubt, und was verboten sei. Allerdings befinde man sich derzeit noch auf einem Weg mit vielen Herausforderungen, um alle Interessengruppen im Dialog zusammenzubringen.

Doch Dr. Hambach sieht erste Schritte zu einer gemeinsamen Lösung für Regulierer, Anbieter und Sendeanstalten getan. Um den Weg effektiv fortzusetzen, wünsche er sich Lösungen, die nicht vor Gericht, sondern am Verhandlungstisch erzielt würden.

Bei der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass auch die übrigen Experten sich neben klaren Reglungen für einen konstruktiven Dialog zwischen Anbietern und Behörden aussprechen. Dies sei laut Dr. Hambach an der Aktionsgemeinschaft Werbung zu beobachten, in der sich alle Beteiligten bemühten, zu praxistauglichen Lösungen zu gelangen.