Mittwoch, 24. April 2024

Kompetenzvakuum Online-Glücksspiel: Niemand zuständig für Kampf gegen Geldwäsche

Geldwäsche Euronoten an Leine

In einem ausführlichen Bericht wirft das Recherchenetzwerk Correktiv ein Schlaglicht auf die Frage, wie in Deutschland Geldwäsche über Online-Glücksspiel-Plattformen verhindert werden könnte. Unter Berufung auf Interna berichten die Journalisten, dass unter anderem die deutsche Finanzaufsicht BaFin die Kontrolle der Finanzflüsse von Online-Glücksspiel-Betreibern explizit ablehne.

Geldwäsche-Paradies Deutschland

Mit dem am 1. Juli in Kraft tretenden Glücksspielstaatsvertrag sollen unter anderem das illegale Online-Glücksspiel geschwächt und hiermit zusammenhängende Straftaten wie Geldwäsche erschwert werden.

Der in dieser Woche veröffentlichte Bericht des Recherchenetzwerks Correktiv lässt jedoch Zweifel daran aufkommen, dass deutsche Behörden diesem Anspruch gewachsen sind. So scheint es aktuell keine Stelle zu geben, die den Kampf gegen Geldwäsche im Online-Glücksspiel-Sektor bei sich verortet.

Unter anderem hatte der Bundesrechnungshof in einem im vergangenen Dezember vorgelegten Bericht ein mangelndes Vorgehen gegen Geldwäsche im Nicht-Finanz-Sektor (NFS) beklagt. Hierbei werden Gelder aus kriminellen Aktivitäten abseits von Banken in den legalen Wirtschaftskreislauf geschleust. Beliebte Felder stellen hierbei beispielsweise der Kunst- oder Immobilienmarkt dar, und eben das Glücksspiel. Seit Februar ermittelt zudem die europäische Kommission wegen mangelnder Bekämpfung von Geldwäsche gegen Deutschland.

Gerade das Online-Glücksspiel werde von Tätern intensiv zur Geldwäsche genutzt. Zwar seien Betreiber verpflichtet, verdächtige Finanzbewegungen zu melden, große Erfolge habe dies jedoch bislang nicht gebracht.

Hinzu komme, dass der illegale Offshore-Markt auch nach der anstehenden Legalisierung bestimmter Angebote weiterbestehe. Für ebendiesen fühlten sich jedoch offenbar weder BaFin noch Länder zuständig.

Keine Zuständigkeit – Keine Maßnahmen

Unter anderem zeige sich die für den Kampf gegen Geldwäsche zuständige Financial Intelligence Unit (FIU) mit Blick auf das Online-Glücksspiel eher hilflos:

So habe die Behörde in einer Telefonkonferenz vom September 2020, von der Correktiv ein Gedächtnisprotokoll vorliege, mitgeteilt, dass es ihr schwerfalle, „die Entscheidung darüber zu treffen, welche Fälle unerlaubt und welche noch rechtlich zulässig sind“.

Die niedersächsische Landesregierung, in deren Innenministerium bislang die zuständige Glückspielaufsichtsbehörde beheimatet ist, habe bereits im August 2020 erklärt:

Bei Glücksspielanbietern, die per se unerlaubte Angebote betreiben, entfallen – neben dem Erlass von Untersagungsverfügungen – gesonderte geldwäscheaufsichtliche Maßnahmen.

Dies bedeutet: Steht fest, dass es sich um illegales Online-Glücksspiel handelt, wird der Verdacht der Geldwäsche nicht weiterverfolgt. Auch die Bafin habe mitgeteilt, „dass die Unterbindung von Zahlungen in Bezug auf unerlaubtes Glücksspiel nicht in [ihrer] Zuständigkeit“ liege.

Zugleich habe sie Banken in Schutz genommen, die entgegen der Vorgaben Zahlungsströme an Anbieter von illegalem Online-Glücksspiel ermöglichten. Aufgrund von oft zwischengeschalteten, meist ausländischen Zahlungsabwicklern sei es den Finanzinstituten nur schwer möglich nachzuvollziehen, wenn über ihre Konten Glücksspiel-Geschäfte abgewickelt würden.

Inwieweit das Problem der fehlenden Zuständigkeit im Kampf gegen Geldwäsche beim Online-Glücksspiel zeitnah ein Ende finden könnte, scheint eher fraglich. Möglich ist, dass das Thema künftig bei der zentralen Glücksspiel-Aufsicht in Sachsen-Anhalt angesiedelt sein könnte. Diese wird jedoch voraussichtlich erst ab 2023 vollständig einsatzfähig sein.