Samstag, 20. April 2024

Symposium Glücksspiel: Kontroll­behörde ein “zahnloser Tiger“?

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Glücksspielstaatsvertrag und -behörde standen auch beim 18. Symposium Glücksspiel der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim am Dienstag und Mittwoch im Mittelpunkt der Diskussion. Einige Referenten äußerten dabei Zweifel an der Effektivität der staatlichen Aufsicht.

Ein Grund für die skeptische Haltung ist die verspätete Umsetzung der Kontrollinstanz, die erst zum 1. Januar 2023 umfassend einsatzbereit sein soll. Das bedeute, dass die Aufsicht über die Regulierung für 15 Monate nur provisorisch vom Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt übernommen werden könne, so Kritiker.

Zweifel an der Personalausstattung

Zwar betonte Dr. René Seidel als Leiter der Projektgruppe für die länderübergreifende Glücksspielbehörde, dass er davon ausgehe, dass das Amt zum 1. Juli 2021 in angemessenem Umfang einsatzbereit sei, doch wurde diese Ansicht von einer Reihe der Referenten nicht geteilt.

So erklärte der Geschäftsführer der Staatlichen Toto‐Lotto GmbH Baden‐Württemberg Georg Wacker, dass äußerst fraglich sei, ob die Behörde zu diesem Zeitpunkt die nötige Anzahl qualifizierter Mitarbeiter einstellen könne. Die Folge sei ein Kontrollvakuum, sodass nicht-lizenzierte Online-Glücksspielanbieter rechtlich weiterhin „freie Bahn“ hätten.

In einem Vortrag äußerte Wacker seine Besorgnis:

Gelingt es, die Fachkompetenz in der gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder zu bündeln? Wie wirkt sich die lange Übergangszeit bis zum Arbeitsbeginn der neuen Behörde in Sachsen-Anhalt aus, gerade im Hinblick auf die im Staatsvertrag verankerte Überprüfung der Regulierung?

Die möglicherweise fehlende Fachkompetenz hob auch Michael Findeisen, Ministerialrat im Bundesministerium a.D., hervor. Ihm zufolge sei die Ausgangslage für die Schaffung der Glücksspielbehörde schlecht. So seien die benötigten Fachleute für Compliance-Fragen zu den von einer Behörde gebotenen Konditionen auf dem Personalmarkt kaum zu finden.

Führt Kompetenzmangel zu Geldwäsche?

Findeisen betonte zudem die Gefahr, dass bei der Glücksspielaufsicht die Kontrolle illegaler Finanzströme zu kurz kommen könnte. Als Grund hierfür nannte er fehlende Kompetenzen der staatlichen Aufseher gegenüber den Anbietern.

Es stelle sich die Frage, inwieweit die im Staatsvertrag festgelegten Instrumentarien der Behörde als regulatorische Tools ausreichten, um Finanztransaktionen zwischen Spielern und Anbietern sowie mögliche Geldwäsche zu untersuchen.

Kritik wurde vonseiten einiger Teilnehmer auch an der schleppenden Klärung von Softwarefragen laut. Zum einen wurde die unzureichende Kommunikation zwischen Aufsicht, Anbietern und Zulieferern beklagt. Zum anderen wurde moniert, dass kaum Informationen zur Anbindung von Programmen zur Organisation von Einsatzgrenzen und zur Verhinderung des parallelen Spiels verfügbar seien. Es stelle sich die Frage, ob das System so bis 1. Juli betriebsbereit sei. Dr. Seidel sagte zu, dass Testsysteme den Anbietern möglichst vom kommenden Monat an zur Verfügung gestellt werden sollen.

Die Vergangenheit habe laut Findeisen gezeigt, dass die staatlichen Kontrolleure nicht ausreichend ausgestattet seien, um die Überwachung effektiv durchzuführen. So fehlten den Behörden die entsprechenden Instrumente, um gegen illegale Aktivitäten vorzugehen. Dies weise dem Amt die Rolle einer nur „symbolischen Aufsicht“ zu.

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Geldwäschegefahr durch Online-Glücksspiel? (Bild: Pixabay/Tumisu)

Um dies zu verhindern, legte der Anti-Geldwäsche-Experte der Behörde nahe, intensiv mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu kooperieren. Diese verfüge über die Ausstattung, um Finanzströme von Anbietern intensiv zu kontrollieren.

Diese Tools müsse die Behörde nutzen, um effektiv arbeiten zu können. Für den Fall, dass die Glücksspielbehörde nicht mit der BaFin kooperiere, könne das Online-Glücksspiel als wichtiges Einfallstor für Geldwäsche dienen.

Auch Prof. Dr. Gerhard Bühringer von der TU Dresden übte Kritik. Zusammenfassend erklärte er in seinem Vortrag:

Die Aufsichtsbehörde bleibt über lange Zeit ein „zahnloser Tiger“: zu spät, zu schwach, zu wenig Kompetenz

Auf den Faktor Zeit ging auch Georg Wacker ein. Der Gesetzgeber hätte der Behörde vielleicht drei bis fünf Jahre Zeit geben sollen, bis diese umfassend arbeitsfähig sei. Durch verspätete Lizenzierung und unzureichende Kontrolle entstünden Marktnachteile für legale Anbieter.

Ein Grund für die verspätete Umsetzung der Behörde könne die geringe Akzeptanz der Politik für das komplexe und arbeitsintensive Thema Glücksspiel sein. Doch je weniger sich die Abgeordneten für den Bereich interessierten, desto größer sei die Gefahr von Verzögerungen und externen Einflüssen.