Freitag, 26. April 2024

Britische FOBT-Betreiber fordern milliardenschwere Steuerrückzahlung

FOBT|Würfel

FOBT

Die FOBTs sind in Großbritannien äußerst populär (Bild: Rex)

In Großbritannien haben Buchmacher Aussicht auf Steuerrückzahlungen in Milliardenhöhe. Ein Gericht urteilte nun, dass für Spiele mit den im Lande äußerst populären FOBTs (fixed-odds betting terminals) zu Unrecht Umsatzsteuern eingezogen wurden. Insgesamt geht es um mögliche Rückzahlungen in Höhe von bis zu 1,9 Milliarden Pfund.

Das Unternehmen Betfred hatte vor einem Gericht gegen die lokalen Steuerbehörden geklagt, da es durch die Steuerbelastung eine Benachteiligung gegenüber anderen Glücksspielarten sah. Die Kläger führten ins Feld, dass durch die Umsatzsteuer auf die FOBT-Umsätze die fiskalische Neutralität verletzt würde, da andere Bereiche wie Spielcasinos und ihre Onlinependants von der Steuer ausgenommen seien.

Betfred erstreitet erstinstanzlich 100 Millionen Pfund

In erster Instanz folgten die Richter der Argumentation von Betfred, da es sich bei einem FOBT-Terminal im Grunde um ein mit Roulette, Online- oder Kartenspielen vergleichbares Angebot handelt, da es allesamt Glücksspiel-Formate seien. Die Steuerbehörde HM Revenue & Customs (HMRC) hatte ab 2005 von Betfreds Einnahmen 20 % Umsatzsteuer eingezogen. Das Gericht verurteilte die Behörde nun zur Rückzahlung der unrechtmäßig erhobenen Steuern in Höhe von etwa 100 Millionen Pfund.

Das gerade gefällte Urteil bezieht sich auf Umsätze mit den FOBTs, die in den Jahren zwischen 2005 und 2013 erzielt wurden. Hochgerechnet auf die gesamte Branche summieren sich diese auf über 8 Milliarden Pfund; mit bis zu diesem Jahr wachsender Tendenz.

Betreiber von FOBTs unter verstärktem Druck

Doch die Zeiten stetig steigender Einnahmen könnten sehr bald vorbei sein. Grund dafür ist die Begrenzung der Maximaleinsätze bei den umstrittenen Geräten. So sollen diese ab dem Jahr 2020 von 100 Pfund auf nur noch zwei Pfund pro Spiel beschränkt werden.

Die Betreiber von Wettbüros beziffern die Einnahmeausfälle auf mehrere Millionen Pfund – pro Tag. Auf das Jahr gerechnet, wären das weit über eine Milliarde Pfund und damit ein Großteil der bisher erzielten Einnahmen. Von daher wäre die im Raum stehende Steuerrückzahlung für die Buchmacher ein höchst willkommener Ersatz.

Bekämpfung der Spielsucht im Fokus der Behörden

Der Hauptgrund für die von der Regierung verabschiedete Reduzierung ist die Bekämpfung der Spielsucht und der daraus resultierenden sozialen und finanziellen Probleme für die Betroffenen. Die mit den FOBTs gemachten Verluste der britischen Spieler summierten sich allein 2016 auf über 1,8 Milliarden Pfund.

Insbesondere die Wettautomaten erfreuen sich in weiten Teilen der Bevölkerung großer Beliebtheit. Die Terminals sind nach dem Online-Glücksspiel bei Casino- und Bingo-Anbietern sowie der staatlichen Lotterie der drittgrößte Verursacher von verspielten Einsätzen im Lande. Insgesamt sind sie für etwa 13,5 % der gesamten Ausgaben für Glücksspiel in Großbritannien verantwortlich.

Mit einem Umsatz von 14 Milliarden Pfund ist Großbritannien der größte Wettmarkt in Europa. Nach Angaben der Gambling Commission wetten 48 Prozent aller Männer und 41 Prozent der Frauen auf der Insel einmal im Monat. Ein Drittel von ihnen geht sogar mindestens einmal in der Woche an den Wettschalter. Im Zuge der Fußballweltmeisterschaft zog die Wettleidenschaft noch einmal an, was den Buchmachern Einnahmen im Milliardenhöhe bescherte.

Im Zusammenspiel mit Wohltätigkeitsorganisationen wie GambleAware drängen Politiker und die zuständige Aufsichtsbehörde Gambling Commission auf eine Verschärfung der Auflagen, denn bereits jetzt gelten 430.000 Briten als Problemspieler. Weitere zwei Millionen sind nach Aussage von Marc Etches, dem Vorsitzenden von GambleAware, suchtgefährdet.

Mögliche negative Auswirkungen auf gesamte Glücksspiel-Branche

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Das Urteil könnte die gesamte Branche betreffen sein (Bild: news1130.com)

So positiv die Nachrichten für die britischen Buchmacher sind, viele Glücksspiel-Anbieter verfolgen die Entwicklung mit großer Sorge. Zum einen ist abzusehen, dass die Steuerbehörde vor einem Gericht der nächsthöheren Instanz Einspruch gegen das Urteil einlegen wird. Zum anderen könnte eine rechtskräftig beglaubigte Steuerentlastung für die Betreiber der FOBTs ungeahnte Auswirkungen auf die gesamte Gambling-Branche haben.

Sollten dem Staat tatsächlich Einnahmen in Milliardenhöhe entgehen, wird dieser versucht sein, in anderen Bereichen des Glücksspiels Steuern zu erheben oder zu erhöhen. So wurden bereits die generellen Abgaben für Online Casinos von 15 auf 20 % erhöht, um die erwarteten Verluste bei den sinkenden Steuereinnahmen durch die 2020 auf zwei Pfund limitierten FOBTs auszugleichen.

Im Falle einer weiteren Reduzierung der Umsatzsteuereinnahmen, dürften die Steuerbeamten intensiv nach neuen möglichen Geldquellen in der Glücksspiel-Industrie suchen. Neben der Furcht vor höheren Steuern beschäftigt die Betreiber vor allem die Sorge, dass die geplante 2-Pfund-Beschränkung der FOBTs auf andere Spiele ausgedehnt werden könnte.

Wenn die Richter, wie in dem vorliegenden Fall, keine Unterscheidung zwischen der Art des Glücksspiels machen, könnten derartige Einsatzlimits ebenso gut auf Online Video Slots oder klassische Casinospiele ausgedehnt werden. Die Einnahmeausfälle wären massiv. Bei Initiatoren von Kampagnen gegen das Glücksspiel dürfte diese Idee deshalb auf breite Zustimmung treffen, während sie für die Branche einem wahr gewordenen Albtraum gleichkäme.