Donnerstag, 25. April 2024

Bundesregierung beschränkt eSports auf Spiele mit Sportbezug

eSports-Match|Innenministerium|Thomas Bach

Die Bundesregierung hat entschieden, nur Spiele mit Sportbezug als eSports zu akzeptieren. Gleichzeitig werde der Bereich dem Innenministerium von Horst Seehofer unterstellt. Das gab die Regierung in einer am Montag veröffentlichten Erklärung bekannt.

Ausgangspunkt war eine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen, die sich darüber erkundigten, welches Bundesministerium für den eSports-Bereich zuständig sei.

eSports unter Innenminister Seehofer angesiedelt

Nach Ansicht der Bundesregierung gehört das Thema eSports in den Bereich des Innenministerium von Horst Seehofer. Wörtlich heißt es in der Antwort der Regierung:

Innerhalb der Bundesregierung ist das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) für das Thema eSport zuständig, soweit es dabei um Spiele mit Sportbezug geht.

Diese Aussage dürfte diejenigen verwirren, die damit gerechnet haben, dass eSports dem thematisch näherliegenden Digitalministerium von Ministerin Dorothee Bär zugeordnet wird. Als Begründung wird angeführt, dass das Ministerium für Inneres generell für den Breiten- und Spitzensport zuständig sei. Deshalb auch die Einschränkung auf eGames mit tatsächlichem Sportbezug.

Die Fragesteller von den Grünen hatten darüber hinaus wissen wollen, ob und welche strategischen Überlegungen es für die künftige Behandlung des eSports gäbe. Auch hier kam eine eindeutige Antwort, die für viele Interessierte sicher ernüchternd ausfällt:

Innerhalb der Bundesregierung haben konkrete Arbeiten an einer Strategie für den eSport noch nicht begonnen.

Ministerium nur zuständig für Spiele mit Sportbezug

Innenministerium

Innenministerium (Bild: Wikipedia)

Für Verwirrung sorgt bei den Beteiligten, dass die Definition des „Sportbezugs“ nicht sehr präzise formuliert ist. Sicher ist, dass ein Spiel wie das Fußball-Game FIFA unter die Definition fällt. Allerdings gibt es eine Vielzahl an Games, bei denen die Inhalte nicht so eindeutig zuzuordnen sind.

Hinzu kommt, dass ein Großteil der Spiele, die allgemein unter dem Oberbegriff eSports zusammengefasst werden, keinerlei Sportbezug aufweist. Bei Spielen wie Counter-Strike, Fortnite, Dota 2 oder League of Legends geht es vorrangig darum Gegner zu bekämpfen und zu eliminieren, was nicht in den Bereich Sport gehört.

Da diese Games jedoch hierzulande die überwältigende Mehrheit an Zuschauern und Umsätzen generieren, bleibt ein Großteil der eSports-Gemeinde vorerst von der Betreuung durch das Innenministerium ausgeschlossen.

eSports-Verband kritisiert die Einschätzung der Regierung

Der eSport-Bund Deutschland (ESBD) übte deshalb postwendend Kritik an der Beurteilung der Regierung, lediglich Games mit eindeutigem Sportbezug als eSports zu akzeptieren.

ESBD-Präsident Hans Jagnow warnt, dass dies zu einer „unklaren Situation mit weiterem Abstimmungsbedarf“ führe. Zudem trage die Aussage nicht der Tatsache Rechnung, dass ein Großteil der eSports-Games keinen Sportbezug aufweise und deshalb von einer Betreuung ausgeklammert bliebe. Deshalb mahnt Jagnow an:

Die Einschränkung auf sportbezogene Videospiele ist ein deutlicher Rückschritt gegenüber den Ankündigungen des Koalitionsvertrages, eSport vollständig als Sportart anzuerkennen.

Auch Sportverbände sehen nicht alle Games als eSports

Es stellt sich bei der ganzen Diskussion jedoch die Frage, inwieweit es die Gamer und deren zumeist jugendliche Fans überhaupt interessiert, ob sie offiziell als eSports anerkannt werden. Längst finden laufend hochkarätig besetzte Turniere bei Fortnite und Co. statt, bei denen vor einem Millionenpublikum um siebenstellige Preisgeldsummen gekämpft wird. Einer offiziellen eSports-Einstufung dürften die Stars der Szene deshalb relativ gleichgültig gegenüberstehen.

Thomas Bach

IOC-Boss Thomas Bach (Bild: Wikipedia)

Gleiches gilt für die Zulassung von eSports zu den Olympischen Spielen. Es gab bereits mehrere Vorstöße, eSports bei den Olympischen Spielen zuzulassen. Der IOC-Boss und damit auch Vorsitzende der Olympia-Kommission, Thomas Bach, hat jedoch vielfach bekräftigt, dass „Killerspiele“ bei den Olympischen Spielen nichts verloren hätten.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat sich jüngst ähnlich geäußert. Auf einer Mitgliederversammlung Anfang Dezember erkannten die Delegierten virtuelle Sportarten zwar grundsätzlich an, lehnten jedoch gleichzeitig sogenanntes „eGaming“ ohne Sportbezug ab.

Der ESBD wirft den Sportverbänden deshalb vor, keine klare Linie zu vertreten und diese zudem „andauernd zu ändern“. Auf diese Weise würde den eSportlern jegliche Orientierung fehlen.

Fragliche Relevanz einer eSports-Einstufung für die Akteure

Die meisten der Fans dürfte die Einschätzung von Sportfunktionären oder eines Politikers vom Schlage Horst Seehofers allerdings kaum interessieren, weshalb die aktuelle Diskussion an einem Großteil der aktiven Szene vorbeigehen könnte. In diese Richtung zielt eine Warnung des ESBD-Präsidenten Hans Jagnow:

Wenn man hier das Vertrauen der großen und jungen eSport-Bewegung in politische Prozesse nicht verlieren möchte, sollte man zum Arbeitsauftrag der Koalitionsvereinbarung stehen.

Da Regierung und Innenministerium derzeit nach eigener Aussage jedoch keine Schritte zur strategischen Behandlung des eSports planen, wird erst die Zukunft zeigen, ob Jagnow mit seiner leicht pessimistischen Aussage Recht behält.

Aufgrund der unklaren Lage geht deshalb nicht nur der ESBD davon aus, dass die politische Debatte um die künftige Behandlung des eSports im kommenden Jahr 2019 fortgeführt werden dürfte. So wird sich 2019 der Sportausschuss des Deutschen Bundestags mit dem heiklen Thema auseinandersetzen. Dazu steht eSports auch in Ausschüssen der Landesparlamente von Nordrhein-Westfalen Schleswig-Holstein ganz oben auf der To-do-Liste.