Freitag, 19. April 2024

Cyberbullying gegen ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann bei WM 2018

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Claudia Neumann

Beschimpfungen im Internet gegen ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann bei WM (Bildquelle: hasepost.de)

Claudia Neumann kommentiert für den staatlichen Fernsehsender ZDF Spiele der Fußball WM in Russland. Nun hat die Kommentatorin mit Anfeindungen aus dem Internet zu kämpfen. Die Mainzer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei Internet-Nutzer.

Claudia Neumann kommentiert Fußballspiele. Allerdings ist sie die einzige Frau, die dieser Tätigkeit auch bei einem WM Spiel nachgeht. Trotz ihrer hohen Kompetenz im Sportbereich schlägt ihr Hass entgegen.

Aufgrund von feindseligen Kommentaren in den sozialen Medien hat das ZDF nun Strafantrag gestellt. Die Polizei hat bereits die Ermittlungen aufgenommen.

Die Reaktionen der Sportreporterin

Bereits bei der Fußball WM im Jahre 2016 hatte die Kommentatorin mit frauenfeindlichen Hetzen aus dem Netz zu kämpfen. Doch damals wie heute nimmt sie die Beschimpfungen mit Gelassenheit. Bereits nach den ersten Anfeindungen bei der EM sagte sie:

„Ich stehe weiterhin kerzengerade im Wind und bin keineswegs gefährdet, mich vom Eiffelturm zu stürzen. Hey, Leute, es geht nur um Fußball! Was für ein Witz! Die meisten, die da schreiben, waren noch gar nicht geboren, als ich schon irgendwelche Fallrückzieher versenkt habe. Von diesen Leuten lasse ich mir nicht meine Leidenschaft und meinen Beruf kaputtmachen. Außerdem werde ich von meinen Chefs beim ZDF super begleitet“.

Claudia Neumann zu den Gründen der Anfeindungen

Die Feindseligkeiten würden sich laut der Kommentatorin nicht nur gegen ihre eigene Person richten, auch homosexuelle Spieler oder Sportler mit Migrationshintergrund seien betroffen.

Speziell ihre Tätigkeit betreffend, äußert sie, dass Männer diesen Sport als kleine Oase des Rückzugs ansehen würden.

Weibliche Berichterstatter beim Fußball oder homosexuelle Fußballspieler seien für viele Menschen ein Zeichen, dass das Altbekannte abhandenkäme.

Daher sei es umso wichtiger, den Kampf für mehr Vielfalt aufzunehmen, denn auch heute sind Frauen im Fußball-Business nichts Selbstverständliches, auch wenn der Sportchef beim Fernsehsender ZDF bereits den Mut bewiesen hatte, eine Frau ins Team aufzunehmen.

Neumann sagte zu den Beschimpfungen:

„Manchmal glaube ich, diese Hetzer denken: Niemand hat mich gefragt, ob ich eine Frauenstimme 90 Minuten lang im Fußball hören will. Da kann ich nur erwidern: Die bessere Frage ist, wie du dich selbst im Leben siehst und wie du aufgestellt bist. Deshalb finde ich ja, je exponierter wir nun mit dem Thema umgehen, desto schneller wird es zur Normalität.“

Die Sportreporterin sagte weiterhin, dass sie sich über jede Frau freue, die ihrem Weg als Kommentatorin folge. Es gebe genügend Frauen, die etwas vom Fußball verstünden. Aber sie müssten auch Lust auf diesen Job haben.

Die Sportreporterin über ihre Leidenschaft für ihre Arbeit

Am vergangenen Montag hat Neumann das Spiel Belgien gegen Japan kommentiert. Für sie war es das interessanteste Spiel, das sie bisher bei der WM kommentieren durfte. Sie sagte, dass ihr Körper Adrenalin bis zum Anschlag ausgeschüttet habe.

Cyberbullying Claudia Neumann

Cyberbullying gegen Claudia Neumann bei der EM und der WM (Bildquelle: tagesspiegel.de)

Auf die Frage, wie sie denn an diese von Männern dominierte Tätigkeit gekommen sei, entgegnete sie, dass sie schon seit 1991 als Fußballreporterin tätig sei, allerdings damals noch nicht in einer so exponierten Position.

Ihre Liebe zum Fußball habe sie bereits in ihrer Kindheit entdeckt, da sie, wie sie sagt, auf dem Bolzplatz groß geworden sei.

Sie sei nach eigener Aussage kein Karrieremensch. Vielmehr sei sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Nachdem sie bereits Frauenfußball kommentiert hatte, sei ihr Chef auf sie zugekommen und habe ihr angeboten, auch einmal eine TV-Berichterstattung beim Männer-Fußball zu übernehmen.

Dort habe sie sich dann Schritt für Schritt entwickeln können. Aufsehen in der Öffentlichkeit habe ihre Tätigkeit erst dann erregt, als sie 2016 bei der EM kommentiert hat.

Das Image der Frauen im Sport

Sport, insbesondere Fußball, ist immer noch eine Männerdomäne. Was für Männer bereits in der Antike selbstverständlich war, mussten sich Frauen in den vergangenen Jahrzehnten hart erkämpfen.

Die ersten Sportarten, in denen Frauen eine Rolle spielten, waren Gymnastik, Schwimmen und Leichtathletik. Allerdings sind Boxen, Ringen und vor allem Fußball auch heute noch hauptsächlich männliche Sportarten, in denen wenige Frauen eine Rolle spielen.

Auch der Rennsport ist allein den Männern vorbehalten. Immer wieder wird das Argument angeführt, dass es schon biologisch bedingt sei, dass die Muskulatur der Frauen weniger trainierbar sei als die der Männer.

Frauenfußball 70er

Frauenfussball in den 70er Jahren (Bildquelle: welt.de)

Besonders in den 50er Jahren wurde u. a. vom niederländischen Psychologen Buytendijk propagiert, dass Frauen nur für bestimmte Sportarten wie Tanz oder Eislauf geeignet seien.

Sportarten, die Kraft erforderten, galten hingegen als gesundheitsgefährdend.

Dies hatte viele Konsequenzen, unter anderem bei der Gestaltung der Stundenpläne im Sportunterricht in den Schulen. Die konservativen Frauenideale bewirkten außerdem, dass nur wenige Frauen sich engagierten. In den 50er Jahren lag der Frauenanteil in Sportvereinen nur bei 10 %.

Erst in den 60er Jahren beim Kampf um Gleichberechtigung im Rahmen der studentischen Bewegungen verbesserte sich die Lage. In den letzten Jahrzehnten ist eine stetig ansteigende Zunahme des Engagements seitens der Frauen in allen Disziplinen zu beobachten. Dennoch besteht hinsichtlich des Einflusses sowie der Verdienstmöglichkeiten immer noch eine erhebliche Diskrepanz, die es noch zu überwinden gilt.