Freitag, 29. März 2024

Nach Böhmermann-Kritik: Indizierungs-Verfahren für mobile App Coin Master eingeleitet

Jan Böhmermann

In seiner Sendung „NEO Magazin Royale“ am 10. Oktober hat der Moderator Jan Böhmermann auf mögliche Gefahren des beliebten mobilen Spiels „Coin Master“ hingewiesen. Das 2015 veröffentlichte Spiel des in Tel Aviv ansässigen Softwareentwicklers Moon Active wird häufig kritisiert, da es Kinder und Jugendliche gezielt an das Glücksspiel heranführe.

Böhmermann rief am Ende seiner Sendung Mitarbeiter pädagogischer Einrichtungen dazu auf, bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) einen Antrag auf Indizierung der mobilen App Coin Master zu stellen:

Bereits am nächsten Tag seien laut der BPjM zahlreiche Anträge bei der Behörde eingegangen. Coin Master werde nun geprüft. Außerdem soll eine Anhörung der Repräsentanten von Moon Active erfolgen.

Wie funktioniert ein Indizierungsverfahren bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien?

Gehen Anträge oder Anregungen bei der BPjM ein, werden diese von einem 12er Gremium geprüft. Sollte eine offensichtliche Jugendgefährdung vorliegen, entscheidet ein 3er Gremium darüber, ob eine Indizierung geboten ist.

Beschließt das Gremium eine Indizierung, erfolgt der Eintrag in die Liste, die auf dem Mitteilungsblatt der Bundesprüfstelle publiziert wird. Das bestreffende Medium unterliegt dann Beschränkungen hinsichtlich der Verbreitung, der Präsentation und der Werbung.

Coin Master: Neuland für die BPjM

Der Stein scheint nun ins Rollen zu kommen. Allerdings sei dies laut der BPjM ein gänzlich neuer Fall, denn die Jugendgefährdung gehe nicht vom Inhalt des Spiels aus. Vielmehr seien die Gefahren in der Spielmechanik und im Geschäftsmodell mit zahlreichen Kaufapellen und omnipräsenter Werbung verborgen.

Dazu sagte die Behörde:

„Ein Antrag, bzw. eine Anregung auf Indizierung eines entsprechenden Spiels ist bei der Bundesbehörde bislang noch nicht gestellt worden. […] Mangels bisheriger Verfahren […] konnte eine jugendschutzrechtliche Bewertung seitens der Bundesprüfstelle noch nicht erfolgen.“

In Deutschland gelten Spiele mit Glücksspielcharakter, bei denen kein Echtgeld gewonnen werden kann, nicht als Glücksspiel. Auch die viel diskutierten Lootboxen sind nicht reguliert. Eine offizielle Vorgehensweise in Bezug auf diese Spiele gibt es ebenfalls nicht.

Coin Master könnte ein interessanter Fall werden, denn das Spiel ist im Google App Store ab 16 Jahren freigegeben. In seiner Gestaltung könnte es jedoch auch Kinder ansprechen. Es gibt außerdem keine adäquate Altersprüfung.

Zocker-Nachwuchs durch Spiele-Apps?

Bei Coin Master handelt es sich um ein Spiel, in dem der Spieler Dörfer errichtet und die Dörfer von Freunden zerstört. Dafür werden allerdings Münzen, Waffen und Werkzeuge benötigt. Das virtuelle Geld für die benötigten Items erhalten die Spieler entweder durch das Spiel am Spielautomaten, durch den Überfall auf ein benachbartes Dorf oder durch Ingame-Käufe.

Norbert Teufelberger, Mann mit Brille

bwin-Gründer Norbert Teufelberger gehört zu den Investoren der Coin Master App. (Bild: flickr.com)

Hier stellt sich nun die Frage, wie die wahre Intention hinter diesem Spiel aussehen könnte. Diesbezüglich greift Böhmermann in seiner Sendung ein Zitat des Glücksspielsuchtforschers Tobias Hayer auf.

Der Wissenschaftler sagte, dass die klassischen Automatenspiele bei der jüngeren Generation an Popularität eingebüßt hätten. Innovative Geschäftsideen hätten den Zweck, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Die Entwicklung von Coin Master sei daher möglicherweise kein Zufall, erläuterte Böhmermann, denn hinter der App stünden drei Investoren aus der Glücksspielbranche:

Gigi Levy-Weiss, der ehemalige CEO der 888 Holdings, Norbert Teufelberger, der Gründer der Sportwetten-Seite bwin und Evan Hoff, der mit seinem Investment-Unternehmen in die Glücksspielbranche investiert. Interessant sei weiterhin die Tatsache, dass Coin Master das einzige Spiel sei, dass sich im Portfolio des Entwicklers befinde.

Kinder- und Jugendschutz in Spiele-Apps nicht akzeptabel

Erst letzten Monat testete Stiftung Warentest in Kooperation mit Jugendschutz.net 14 mobile Spiele, unter anderem beliebte Games wie Fortnite, Clash of Clans, Pokémon Go und Temple Run 2.

Dabei kam man zu dem Ergebnis, dass keine der Apps empfehlenswert sei. So seien teilweise pornografische Inhalte zu sehen oder Mitspieler seien mit rechtsextremen Parolen aufgefallen.

Pokémon Go, Figuren

Stiftung Warentest hat Pokémon Go App geprüft. (Bild: flickr.com)

Auffällig sei auch die Tatsache, dass Kinder zu kostenintensiven App-Käufen angehalten würden. Unzulässige Klauseln, intransparente Kosten sowie mangelhafte Datenschutzvorgaben seien weitere Kritikpunkte, die die Testern festgestellt hätten.

Bei einigen Spielen könnten Items erworben werden, indem Werbebanner angeklickt würden, die für Spiele ab 18 oder pornografische Inhalte würben.

Sollte die BPjM das Spiel Coin Master indizieren, könnte dies weitreichende Folgen für weitere mobile Free2Play Spiele mit Lootboxen, Glücksrädern und ähnlichen Spielmechaniken nach sich ziehen.