Samstag, 27. April 2024

Kanadischer Abgeordneter verliert Millionen beim Glücksspiel

Blackjack|Parlament Kanadas|Ottawa|Flagge

Der kanadische Parlamentsabgeordnete Raj Grewal (33) ist in einen handfesten Skandal verwickelt. Wie kanadische Medien berichten, soll der liberale Politiker zwischen 2015 und 2018 mehrere Millionen Dollar in Casinos verspielt haben.

Nun stellt sich die Frage, woher die Millionenbeträge stammten.

Glücksspielsucht in Kanada

Der Canadian Gambling Digest 2013-2014, welcher vom Responsible Gambling Council erstellt wurde, stellte fest, dass zwischen 67 % und 87 % der Kanadier regelmäßig spielen. Dem gleichen Bericht zufolge beträgt der durchschnittliche Prozentsatz der pathologischen Spieler 0,9 %.

Obwohl diese Zahl gering erscheinen mag, kämpft Kanada schon seit Jahren gegen die wachsende Zahl von Fällen problematischen Spielverhaltens. Allein im Bundesstaat Ontario ließen sich bisher mehr als 20.000 Personen von der Teilnahme am Glücksspiel in Casinos sperren.

Der Lauf der Dinge

Grewal wurde im Oktober 2015 als Abgeordneter für den Distrikt Brampton East in das kanadische Parlament gewählt.

Ottawa

Ottawa von oben. Hier war der Politiker aktiv. (Quelle. Pixabay)

Der junge Anwalt galt als große Hoffnung der Liberalen. Immerhin war Grewals Laufbahn eine echte Erfolgsgeschichte.

Der Sohn eines indischen Taxifahrers wuchs in Calgary und Brampton auf, studierte Wirtschaft und schloss zudem noch ein Jurastudium erfolgreich ab.

Nach der Ausbildung wurde Grewal Anwalt und spezialisierte sich auf Wirtschaftsrecht. Diese Arbeit brachte ihn in Kontakt mit lokalen Firmen und Politikern.

2015 fasste Grewal schließlich den Entschluss, bei der kanadischen Bundeswahl in Brampton zu kandidieren. Mit 23.652 Stimmen bekam Grewal 52.3 % der Gesamtstimmen und zog ins kanadische Parlament ein.

 Frühe Konflikte

Grewal, der sich gerne beim Basketball mit Teenagern ablichten ließ, um seine Verbundenheit zur Jugend zu zeigen, präsentierte sich als volksnaher Typ mit sauberem Image.

Erste Risse bekam dieses Bild allerdings im Jahre 2015. Grewals Wahl zum Nominierten der der Liberalen, so berichteten Medien, wäre von Rangeleien wartender Wähler begleitet gewesen, denen die Abgabe ihrer Stimme verwehrt worden sei.

Im Rahmen einer Untersuchung der Vorfälle leugnete die Liberale Partei allerdings, dass es zu tätlichen Auseinandersetzungen gekommen sei, sodass der Vorfall für Grewal keine weiteren Folgen hatte.

Neue Untersuchungen

Neue Untersuchungen zur Person Raj Grewals wurden erstmals im Frühjahr 2018 angestellt. Die Ethik Kommission des kanadischen Parlaments wollte wissen, wieso ein Geschäftspartner Grewals, Yusuf Yenilmez, den Politiker auf einer Reise mit Premierminister Trudeau nach Indien begleitete.

Flagge

Die Flagge Kanadas. Symbol ist das Ahornblatt. (Quelle: Wikipedia)

Yenimez ist CEO von ZGemi.Inc, einem Unternehmen, das im Baugewerbe tätig ist und Grewals während seiner Zeit als MP Lohn für Beratertätigkeiten zahlte.

Im Zuge der Untersuchung musste Grewals gegenüber der Ethikkommission unter anderem alle Nebenverdienste und Kredite offenlegen. Dabei kam heraus, dass der MP, der ein Jahresgehalt von 172.700 Kanadische Dollar (ca. 112.000 Euro) verdient, Kredite bei drei kanadischen Banken hat.

Zudem kauften Grewal und seine Freundin zwei Wohnungen in Toronto im Wert von mehr als einer Millionen Dollar, die mit einer Hypothek in Höhe von 1.5 Millionen Dollar belastet wurden.

Hohe Überweisungssummen

Besonders auffällig waren aber hohe Überweisungen über 10.000 Dollar, die regelmäßig zugunsten von Casinos getätigt wurden.

Die hohen Beträge, die von den Casinos bereits rechtmäßig an das Financial Transactions and Reports Analysis Centre of Canada (FINTRAC) gemeldet worden waren, regten eine Untersuchung der Royal Canadian Mounted Police an, die bei auffälligen Transaktionen über 10.000 Dollar bezüglich des Verdachts von Geldwäsche und Terrorfinanzierung Überprüfungen einleiten kann.

Diese Untersuchung brachte Grewal in Erklärungsnot. Denn einerseits war unklar, wieso der MP so häufig in den Casinos verkehrte und andererseits, woher das Geld stammte, das er verspielte.

Grewal äußert sich

In der Folge der Ermittlungen von Polizei und Ethikkomitee äußerte sich auch Raj Grewal zu den Untersuchungen. Der Politiker, der seine aktive Parteiarbeit zwar mittlerweile aufgab, seinen Sitz im Parlament aber vorerst behalten will, sagte in einem Statement:

„Ich habe seit meiner Zeit in der Uni freizeitmäßig gespielt, aber nie gedacht, an einer psychischen Krankheit oder Suchtproblemen zu leiden. Aber es wurde ein großes persönliches Problem, das ich jetzt erkannt habe.“

Grewal führte weiter aus, dass er hohe persönliche Schulden habe. Die Privatkredite stammten aber allesamt von Freunden und Familie und hätten nichts mit dunklen Geschäften zu tun.

Das Geld habe er genutzt, um Highstakes-Blackjack in lokalen Casinos zu spielen. Nach Verlusten habe Grewal einfach nicht aufhören können zu spielen.

Nun will der geläuterte MP einen Neuanfang machen und sich gegen die Suchtkrankheit therapieren lassen.

Noch nicht das Ende der Geschichte

Auch wenn die Liberale Partei den Beteuerungen ihres Jungstars Glauben schenkt und den Skandal gerne abhaken würde, bleiben Fragen offen.

So wollen kanadische Oppositionspolitiker nicht einfach glauben, dass die verspielten Gelder aus Privatkrediten stammten.

Konservative Kritiker werfen den liberalen Vertretern im Ethikkomitee vor, den Skandal ohne ausreichende Aufklärung unter den Teppich kehren zu wollen. Es müsse vollumfänglich aufgeklärt werden, ob die verspielten Gelder nicht doch von Geldgebern mit politischen Interessen stammten.

Eine weitere Frage betrifft die Kontrollmechanismen parlamentarischer Arbeit. Raj Grewald war nämlich nicht nur MP, sondern für drei Jahre im Finanzkomitee des Parlaments tätig.

Wie konnte es sein, dass jemand mit derartig ungeordneten finanziellen Verhältnissen ein solches Amt bekleidet?

Woher letztlich die verlorenen Millionen kamen, wird wahrscheinlich erst dann geklärt werden, wenn sich die Parteien auf gemeinsame nächste Schritte einigen können.